Shannara III
mündete dann auf einen weiteren Gang. Sie gingen diesen Tunnel mehrere Meter entlang bis zu der Stelle, wo er sich in zwei Richtungen gabelte. Spinkser führte sie nach rechts. Kurz darauf endete der Gang vor einer geschlossenen Eisentür. Der Gnom rüttelte am Riegel, zog vergeblich daran und schüttelte den Kopf. Besorgnis stand in seinem Gesicht, als er sich zu den anderen umdrehte. Er hatte ganz eindeutig gehofft, sie offen vorzufinden.
Garet Jax deutete mit einer unausgesprochenen Frage im Blick den Korridor hinab. Konnten sie umkehren und den anderen Weg einschlagen? Spinkser schüttelte langsam den Kopf, die Antwort war in seinen Augen zu lesen. Der Gnom wußte es nicht.
Sie verharrten zögernd und schauten sich an. Dann schob Spinkser sich vorbei und winkte den anderen, ihm zu folgen. Er brachte sie den Gang zurück zu der Abzweigung. Diesmal führte er sie nach links. Der zweite Korridor war länger und lief an Treppenaufgängen, in Finsternis gehüllten Nischen und zahlreichen Türen vorbei, die alle verschlossen und verriegelt waren. Der Gnom blieb einige Male unentschlossen stehen und setzte dann seinen Weg fort. Die Minuten vergingen, und Jair empfand wachsendes Unbehagen.
Dann endlich endete der Gang, diesmal vor zwei massiven Eisentoren, die so riesenhaft waren, daß Spinkser sich strecken mußte, um die Griffe zu fassen zu bekommen. Sie ließen sich mit überraschender Leichtigkeit betätigen, und der rechte Türflügel schwenkte lautlos auf. Die Mitglieder der kleinen Gruppe spähten vorsichtig hindurch. Hinter der Tür dehnte sich ein weiteres, mit Vorräten angefülltes Gewölbe. Doch hier lichtete sich das Dunkel ein wenig, wo es durch schwaches, graues Licht vertrieben wurde, das durch schmale Spalten in den Wänden kurz unterhalb der hohen Decke sickerte.
Spinkser wies auf die Schlitze und dann auf die gegenüberliegende Wand des Gewölbes, wo sich eine zweite verschlossene eiserne Flügeltür befand. Die anderen verstanden. Sie befanden sich in den Außenmauern von Graumark.
Unter der Führung Spinksers schlichen sie sich vorsichtig in den Raum. Hier lag kein Staub am Boden; keine Spinnennetze überzogen Kisten und Fässer. Der Gestank hing immer noch erstickend und beißend in der Luft, doch nun schien er ebenso von draußen hereingetragen wie von den Mauern umschlossen zu werden. Jair zog angeekelt die Nase kraus. Der Gestank könnte sie umbringen, bevor die finsteren Wesen sie aufspürten. Es stank so scheußlich wie…
Etwas scharrte leise in der Dunkelheit auf der einen Seite; Garet Jax fuhr mit Dolchen in beiden Händen herum und stieß einen Schrei aus, um die anderen zu warnen.
Zu spät. Etwas Riesenhaftes, Schwarzes, Geflügeltes schien aus dem Schatten hervorzubrechen. Es erhob sich im Schummerlicht und spreizte den lederhäutigen Körper wie eine riesenhafte Fledermaus. Zähne und Klauen blitzten elfenbeinhell, und ein grelles Kreischen brach aus seiner Kehle. Es fiel so schnell über sie her, daß keine Zeit blieb, sich zu verteidigen. Es kam im Sturzflug heran, flog an den Anführern vorüber und schoß auf Helt zu. Es prallte mit wildem Geflatter gegen den Grenzländer, und sein Kreischen wurde zu einem furchterregenden Fauchen. Helt taumelte schreiend zurück, bekam das schwarze Ding dann mit beiden Händen zu fassen und schleuderte es so heftig von sich, daß es quer durch den Raum in einen Stapel Vorräte flog.
Garet Jax sprang hinzu, die Dolche flogen aus seinen Händen und nagelten das Ding an die Holzkisten. Spinkser war am anderen Ende des Raumes angelangt und hatte einen der eisernen Türflügel aufgezerrt. »Raus hier!« brüllte er.
Sie stürzten einer nach dem anderen aus der Kammer, bis schließlich alle draußen waren. Spinkser drückte die offene Tür mit einem Knurren zu und warf die Eisenriegel in ihre Verankerung. Zitternd sank er mit dem Rücken gegen die Tür.
»Was war das nur?« keuchte Foraker mit grimmig zusammengezogenen buschigen Brauen und mit von einem Schweißfilm glänzendem Gesicht.
Der Gnom schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Etwas, das sich die Wandler mit schwarzer Magie geschaffen haben - vielleicht eine Art Wächter.«
Helt war auf ein Knie niedergesunken und hielt die Hände vors Gesicht. Blut sickerte in dünnen, scharlachroten Rinnsalen zwischen seinen Fingern hervor. »Helt!« flüsterte Jair und ging auf ihn zu. »Helt, du bist verletzt…«
Der Grenzländer hob langsam den Kopf. Böse Kratzer zerschnitten sein Gesicht.
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