Shannara III
die Leere. Zuckend wie windgepeitschte Blätter stürzten sie in den Abgrund und waren verschwunden.
Das alles geschah innerhalb eines Augenblicks. Brin verstummte, ihr dunkelhäutiges, ausgezehrtes Gesicht war gerötet und erregt. Wieder empfand sie dieses seltsame, plötzliche Gefühl gehässigen Triumphs - diesmal aber stärker, viel stärker. Es loderte wie Feuer durch sie hindurch. Sie konnte ihre Erregung kaum beherrschen. Sie hatte die schwarzen Wesen fast mühelos vernichtet.
Und sie hatte es genossen!
Nun begriff sie, daß die Barriere, die sich zwischen ihren Willen und seine Ausführung geschoben hatte, von ihr selbst stammte - eine Beschränkung, die sie sich auferlegt hatte, um genau das zu verhindern, was gerade geschehen war. Nun existierte diese Schranke nicht mehr, und sie glaubte nicht, daß sie neu aufgebaut werden konnte. Sie hatte gefühlt, daß ihr die Kontrolle über die Magie entglitt. Sie hatte nicht verstanden, warum, nur daß es geschah. Jede Anwendung schien sie ein Stück mehr von sich entfernt zu haben. Sie hatte versucht, dem zu widerstehen, was da mit ihr geschah, doch ihre Bemühungen, auf die Anwendung des Zaubers zu verzichten, waren jedesmal vereitelt worden - fast als ob irgendein launisches Schicksal erzwungen hätte, daß sie die Magie einsetzen mußte. Als sie sie diesmal anwandte, hatte sie sie voll ausgekostet, und sie hatte nicht mehr das Gefühl, sich noch dagegen wehren zu können. Sie würde zu dem werden, was die Vorsehung bestimmt hatte.
Langsam und vorsichtig trottete Wisper zu der Stelle, wo sie auf den Knien lag, und stieß mit seiner dunklen Schnauze nach ihrem Gesicht. Sie schlang liebevoll die Arme um die große Katze, und Tränen liefen ihr die Wangen hinab.
Jair Ohmsfords Stimme verstummte mit abgehacktem Keuchen und mit ihr erstarb das Licht der Kristallkugel. Das Gesicht seiner Schwester war fort. Tiefe Stille erfüllte die plötzliche Düsternis, und die Gesichter der versammelten Männer waren bleich und angespannt.
»Das waren Mutens«, flüsterte Spinkser schließlich.
»Was?« Edain Elessedil, der neben ihm saß, schaute erschrocken drein.
»Diese schwarzen Wesen - so heißen sie - Mutens. Sie sind Geschöpfe der schwarzen Magie. Sie bewachen die Abflußkanäle unter Graumark…« Der Gnom verstummte und schaute rasch zu Jair hinüber.
»Demnach ist sie da«, hauchte der Talbewohner mit trockenem Mund und fest um die Kristallkugel geschlossenen Händen.
Spinkser nickte. »Ja, Junge, sie ist da. Und näher an der Grube als wir.«
Garet Jax erhob sich schnell als schmaler, schwarzer Schatten. Die anderen rappelten sich ebenfalls hoch. »Es sieht aus, als hätten wir keine Zeit und keine andere Wahl, als jetzt hineinzugehen.« Selbst im Halbdunkel leuchteten seine Augen wie Feuer. Er streckte ihnen die Hände mit nach oben gewandten Innenflächen entgegen. »Reicht mir eure Hände.«
Einer nach dem anderen taten sie, wie ihnen geheißen. »So legen wir unser Gelübde ab«, erklärte er ihnen mit hartem, sprödem Unterton in der Stimme. »Der Talbewohner soll das Becken des Himmelsbrunnen erreichen, wie er es geschworen hat. Wir stehen in dieser Sache wie ein Mann zusammen, was immer auch geschieht. Wie ein Mann bis zum Schluß. Schwört es.«
Es trat betretene Stille ein. »Wie ein Mann«, wiederholte Helt mit seiner tiefen, freundlichen Stimme. »Wie ein Mann«, kam das Echo von den übrigen.
Die Hände sanken herab, und Garet Jax wandte sich an Spinkser. »Führe uns hinein!«
Kapitel 40
Sie schlichen wie die Geister, denen sie aus dem Weg zu gehen suchten, die Gebirgszugänge zu den Kellern unterhalb Graumark hinauf. Mit Hilfe von Fackeln, die sie in einer Nische am Tunneleingang aufgestapelt fanden, krochen sie durch die Finsternis und die Stille zum Kern der Bergfeste. Spinkser führte sie an; er hielt das derbe, gelbe Gesicht dicht an die Fackel gebeugt, und in seinen schwarzen Augen funkelte Angst. Er marschierte sicher und zielstrebig, und nur sein Blick verriet, was er sich selbst am liebsten nicht eingestanden hatte. Aber Jair sah es, erkannte es und empfand es als Spiegel dessen, was in ihm selbst verborgen ablief.
Er empfand ebenfalls Furcht. Die Vorahnung, die ihm zuvor solche Willensstärke verliehen hatte, war dahin. An ihre Stelle war Angst getreten, hemmungslose, schwer zügelbare Angst, die durch ihn hindurchströmte und ihm eisige Schauer über die Haut jagte. Eigentümliche, bruchstückartige Bilder beherrschten sein
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