Shannara III
schwebten graziös durch das schwächer werdende Licht, und ihre Schreie gellten durch die tiefe Stille.
Brins Gedanken wanderten. Vier Tage war es her, daß sie ihr Zuhause verlassen hatte und zu der Reise nach Osten aufgebrochen war, die sie tiefer in den Anar führen würde, als sie jemals zuvor gezogen war. Es erschien ihr seltsam, daß sie auch jetzt noch so wenig über diese Reise wußte. Vier Tage waren vergangen, und sie spielte noch immer weitgehend das Kind, das sich mit blindem Vertrauen an die Hand seiner Mutter klammerte. Von Shady Vale waren sie nach Norden durch den Duln, ostwärts am Rappahalladran entlang, dann wieder nach Norden und nach Osten der Uferlinie des Regenbogensees folgend gezogen, bis zu der Stelle, wo der Mermidon mündete. Nicht einmal hatte Allanon ein Wort der Erklärung von sich gegeben.
Natürlich hatten sowohl Rone wie sie den Druiden um eine solche gebeten. Immer wieder hatten sie ihre Fragen gestellt, doch der Druide hatte sie beiseite gewischt. Später würde er es ihnen sagen. Ihr bekommt später Antwort auf eure Fragen. Vorerst folgt mir einfach. Also waren sie ihm gefolgt, wie er sie gebeten hatte, waren argwöhnisch und in wachsendem Maß mißtrauisch und gelobten einander, daß sie ihre Erklärungen bekommen würden, ehe das Ostland erreicht wäre.
Doch der Druide gab ihnen wenig Anlaß zu glauben, daß ihr Versprechen sich erfüllen sollte. In seiner rätselhaften, distanzierten Art hielt er sie sich vom Leib. Tagsüber unterwegs übernahm er vor ihnen die Führung, und es war offensichtlich, daß er lieber allein ritt. Wenn sie abends lagerten, verließ er sie und verzog sich in die Dunkelheit. Er aß nicht und schlief nicht, und dieses Verhalten schien die Unterschiede zwischen ihnen zu betonen und die Kluft zu vertiefen. Er wachte über sie wie ein Falke über seiner Beute, ohne sie jemals alleine umherstreifen zu lassen.
Bislang, verbesserte sie sich. An diesem Abend des vierten Tages hatte Allanon sie unerwarteterweise allein gelassen. Sie hatten hier, wo der Mermidon in den Regenbogensee mündete, ihr Lager aufgeschlagen, und der Druide war in die Wälder an den Flußufern gestapft und ohne ein Wort der Erklärung verschwunden. Das Mädchen aus dem Tal und der Hochländer hatten ihn beobachtet und ihm ungläubig hinterhergestarrt. Als schließlich offenkundig wurde, daß er sie tatsächlich allein ließ - für wie lange, darüber konnten sie nur Vermutungen anstellen -, beschlossen sie, keine weitere Zeit damit zu vergeuden, sich um ihn Gedanken zu machen und wandten ihre Aufmerksamkeit der Zubereitung des Essens zu. Drei Tage Fischmahlzeiten - erst aus den Wassern des Rappahalladran und dann aus dem Regenbogensee - dämpfte zeitweilig ihre Begeisterung für Fisch. Also war Rone mit dem Eschenholzbogen, der von Menion Leah einst bevorzugten Waffe, losgezogen, um etwas anderes zu suchen. Brin hatte ein paar Minuten gebraucht, um Holz für das Feuer der Kochstelle zu sammeln und sich dann auf dieser Anhöhe niedergelassen, um die Einsamkeit des Augenblicks auszukosten.
Allanon! Er war ein Rätsel, das sich jeder Lösung entzog. Da er sich hingebungsvoll der Erhaltung des Lebens widmete, war er ein Freund ihres Volkes, ein Wohltäter der Rassen und ein Beschützer vor dem Bösen, gegen das sie allein nicht standhalten konnten. Aber welcher Freund benutzte Menschen, wie Allanon das tat? Warum hielt er die Beweggründe für alle seine Unternehmungen so streng geheim? Manchmal erschien er ebenso sehr als Feind, Übeltäter und Zerstörer wie das, wogegen vorzugehen er behauptete.
Der Druide selbst hatte ihrem Vater die Geschichte der alten Märchenwelt erzählt, von der alle Zauberei mit den Wesen, die sie beherrschten, noch stammte. Ob gut oder böse, schwarz oder weiß, alle Magie glich sich in dem Punkt, daß sie in der Kraft, Klugheit und Absicht dessen verankert war, der sie anwandte. Welcher Unterschied hatte letztlich zwischen Allanon und dem Dämonen-Lord bestanden, als sie um die Herrschaft über das Schwert von Shannara kämpften? Beide waren Druiden gewesen und hatten die Kunst der Zauberei aus den Büchern der alten Welt erworben. Der Unterschied bestand im Charakter des Benutzers, denn war der eine durch die Macht korrumpiert worden, war der andere rein geblieben.
Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Ihr Vater würde dies bestreiten, das wußte sie, und behaupten, der Druide wäre von der Macht ebenso korrumpiert wie der Herr der Finsternis, wenn auch
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