Shannara III
Druiden und ihren Schwur denken. Niemals! Sie schaute schnell wieder zu Rone. »Glaubst du, ich könnte das Wunschlied anwenden, um zu töten?« fragte sie leise.
Einen kleinen Augenblick lang zögerte er. »Nein.«
Nicht einmal, um dein Leben zu retten? dachte sie. Und wenn es nicht von einem Baum, sondern von einem Lebewesen bedroht würde? Würde ich es umbringen, um dich zu retten? Oh, Rone, wenn es nun ein Mensch wäre?
»Wirst du mich trotzdem auf dieser Reise begleiten?« fragte sie ihn.
Er schenkte ihr sein verwegenstes Grinsen. »Bis zu dem Augenblick, da du das verdammte Buch packst und in Stücke reißt.«
Dann beugte er sich hinab, küßte sie zart auf den Mund und sie schlang die Arme um ihn und drückte ihn fest an sich. »Es wird uns nichts geschehen«, hörte sie ihn sagen.
Und sie antwortete: »Ich weiß.«
Aber sie war sich nicht mehr so sicher.
Kapitel 6
Als Jair Ohmsford wieder zu Bewußtsein kam, stellte er fest, daß er an Händen und Füßen gefesselt und fest an einen Baumstamm gebunden war. Er befand sich nicht mehr in der Jagdhütte, sondern auf einer Lichtung im Schutz dicht stehender Fichten, die ihn wie aufgestellte Wachposten überragten. Drei Meter von ihm entfernt brannte ein kleines Feuerchen und warf seinen schwachen Schein ins schattige Dunkel der schweigenden Bäume. Nacht war über das Land hereingebrochen.
»Na, wieder wach, Junge?«
Die vertraute, spöttische Stimme erklang aus der Dunkelheit zu seiner Linken, und er drehte langsam den Kopf, um sich umzusehen. Eine gedrungene, reglose Gestalt hockte am Rand des Feuerscheins. Jair wollte gerade antworten, bemerkte dann aber, daß er nicht nur gefesselt war; er hatte auch einen Knebel im Mund.
»Oh ja, das tut mir leid«, bedauerte der andere. »Ich mußte dich natürlich knebeln. Ich konnte ja nicht zulassen, daß du zum zweiten Mal deine Zauberkraft gegen mich einsetzt, wie? Kannst du dir vorstellen, wie lange ich gebraucht habe, um mich aus dieser Holzkiste zu befreien?«
Jair ließ sich gegen den Baumstamm sinken, als ihm alles wieder einfiel. Der Gnom beim Gasthaus - der war ihm gefolgt, hatte ihn bei Rones Jagdhütte eingeholt und von hinten niedergeschlagen…
Er zuckte bei der Erinnerung zusammen und stellte fest, daß sein Kopf an der Seite immer noch schmerzte.
»Ein hübscher Trick, die Nummer mit den Schlangen.« Der Gnom kicherte leise. Er stand auf, trat in den Feuerschein und setzte sich mit übereinandergeschlagenen Beinen dicht vor seinen Gefangenen. Schmale grüne Augen musterten Jair abwägend. »Ich hielt dich für harmlos, Junge - nicht für irgendeine Druidenbrut. Pech für mich, was? Da hab ich doch tatsächlich geglaubt, du hättest solche Angst, daß du mir auf der Stelle verraten würdest, was ich wissen wollte - daß du mir alles sagen würdest, nur um mich loszuwerden. Nicht so du. Schlangen um die Arme und einen Anderthalb-Meter-Stock über den Schädel, das hast du mir verabreicht. Ein Wunder, daß ich noch am Leben bin.«
Der Gnom neigte das massige, gelbe Gesicht zur Seite. »Das war natürlich dein Fehler.« Ein derber Finger fuhr deutlich empor. »Du hättest mich umbringen sollen. Aber das hast du nicht, und das verschaffte mir eine zweite Gelegenheit, dich zu überwältigen. Aber so bist du wahrscheinlich als einer vom Tal. Als ich mich jedenfalls aus dem Holzkasten befreit hatte, bin ich hinter dir hergejagt wie der Fuchs hinter dem Kaninchen. Ein Jammer für dich, denn nach dem, was du mit mir angestellt hattest, wollte ich dich auf keinen Fall entkommen lassen. Nein, nicht um alles in der Welt! Diese anderen Narren hätten sich von dir abhängen lassen. Aber nicht ich. Habe drei Tage lang deine Spur verfolgt. Am Fluß hätte ich dich beinahe erwischt, aber du warst schon am anderen Ufer, und bei Nacht konnte ich deine Spur nicht erkennen. Mußte abwarten. Aber bei deinem Nickerchen in der Hütte habe ich dich dann geschnappt, wie?«
Er lachte fröhlich, und Jair lief vor Wut rot an. »Ach, ärgere dich nicht meinetwegen - ich habe nur meine Arbeit verrichtet. Außerdem war es dann eine Frage meines Stolzes. Zwanzig Jahre, und noch nie hat mich einer aufs Kreuz gelegt. Und dann kommt so ein grünes Jüngelchen. Das konnte ich nicht durchgehen lassen. Na, und dich bewußtlos schlagen - da blieb mir nichts anderes übrig. Wie gesagt, ich konnte mit der Zauberei ja kein Risiko mehr eingehen.«
Er stand auf und kam ein paar Schritte näher, sein Gesicht war von deutlicher Neugier
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