Shannara III
betrieben, um die Farben von Blättern zu verändern. Bedenke, was geschähe, wenn du die jahreszeitliche Veränderung, die du bewirkt hast, bis zu ihrem logischen Schluß geführt hättest. Der Baum wäre von Herbst zu Winter, von Winter zu Frühling, von einer Jahreszeit zur nächsten übergegangen. Schließlich hätte der Baum seinen Lebenszyklus durchlaufen und wäre gestorben.«
»Druide…«, warnte Rone und wollte auf ihn zugehen, doch ein einziger finsterer Blick des anderen ließ ihn auf der Stelle innehalten.
»Bleib stehen, Prinz von Leah. Laß sie die Wahrheit hören.« Die schwarzen Augen suchten wieder Brins. »Du hast mit dem Wunschlied gespielt wie mit einem interessanten Spielzeug, weil du seine andere Anwendungsmöglichkeit nicht erfaßt hast. Du weißt jetzt, daß mehr dahinter steckte, Talmädchen - es war immer, tief im Innern vorhanden, und du wußtest es. Elfenzauber war immer mehr als das. Du besitzt die Zauberkraft der Elfensteine, die durch das Blut deines Vaters auf dich übertragen wurde. Dir wohnt eine Macht inne, die alle bisherige überschreitet - latent vielleicht, doch das Potential ist unübersehbar. Bedenke einen Augenblick das Wesen der Zauberei, die du ausübst. Das Wunschlied vermag das Verhalten jedes Lebewesens zu verändern! Begreifst du denn nicht, was das bedeutet? Biegsames Gesträuch wird durch dich veranlaßt, sich zu teilen und dir Zugang zu verschaffen, wo es vorher keinen gab. Starre Bäume können gleichfalls dazu gebracht werden, sich zu teilen, obgleich sie unter der Anstrengung bersten. Wenn du Farbe in Laub bringen kannst, bist du auch fähig, sie zu entziehen. Kannst du Blumen zum Erblühen bringen, so vermagst du sie auch welken zu lassen. Wenn du leben zu geben in der Lage bist, Brin, kannst du es auch nehmen.«
Sie starrte ihn entsetzt an. »Was sagt Ihr da?« flüsterte sie heiser. »Daß das Wunschlied töten kann? Daß ich es zum Töten benutzen würde? Glaubt Ihr…«
»Du wolltest etwas von seinen Anwendungsmöglichkeiten sehen«, schnitt Allanon ihre Proteste ab. »Ich habe nur getan, was du wolltest. Aber vermutlich wirst du nun nicht länger bezweifeln, daß hinter dem Zauber weit mehr steckt, als du annahmst.«
Brins dunkelhäutiges Gesicht glühte vor Zorn. »Ich bezweifle es nicht mehr, Allanon. Aber du sollst auch keine Zweifel an folgendem haben: Nämlich daß ich das Wunschlied niemals zum Töten einsetzen würde! Niemals!«
Der Druide hielt ihrem Blick stand, doch seine Züge entspannten sich ein klein wenig. »Nicht einmal, um dein eigenes Leben zu retten? Oder vielleicht das des Hochländers? Nicht einmal dazu?«
Sie wandte den Blick nicht ab. »Niemals.«
Der Druide betrachtete das Talmädchen noch einen Augenblick länger - so als wollte er die Unerschütterlichkeit ihres Entschlusses prüfen. Dann machte er abrupt kehrt und schritt den Hang der Mulde wieder empor.
»Du hast genug gesehen, Brin. Wir müssen unsere Reise fortsetzen. Denk nach über das, was du erfahren hast.«
Seine schwarze Gestalt verschwand im Gestrüpp. Brin stand dort, wo er sie hatte stehen lassen, und bemerkte plötzlich, daß ihre Hände zitterten. Dieser Baum! Wie er einfach gesplittert war, sich gespalten hatte…
»Brin.« Rone trat vor sie hin und hob die Hände, um sie bei den Schultern zu fassen. Sie zuckte unter seiner Berührung zusammen. »Wir können ihn nicht weiter begleiten. Nicht mehr. Er spielt mit uns, wie er mit allen anderen gespielt hat. Gib ihn und diese törichte Suche auf und kehr jetzt mit mir ins Tal zurück.«
Sie schaute ihn einen Augenblick lang an und schüttelte dann den Kopf. »Nein. Es war nötig, daß ich das erlebt habe.«
»Nichts von alledem ist es, um der Katze willen!« Er nahm seine Hände fort und schloß sie um den Knauf des Schwertes. »Wenn er noch einmal so etwas macht, überlege ich nicht zweimal…«
»Nein, Rone.« Sie legte die Hände auf die seinen. Nun war sie wieder ganz ruhig und begriff plötzlich, daß sie etwas übersehen hatte. »Was er getan hat, war nicht nur, um mich zu erschrecken oder einzuschüchtern. Es sollte mir eine Lehre sein, und es geschah, weil Eile vonnöten ist. Ich habe es seinem Blick entnommen. Hast du es nicht gesehen?«
Er schüttelte den Kopf. »Ich habe nichts bemerkt. Warum Eile?«
Sie schaute in die Richtung, wo der Druide verschwunden war. »Irgend etwas ist nicht in Ordnung. Irgend etwas.«
Dann mußte sie wieder an die Zerstörung des Baumes, die mahnenden Worte des
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