Shannara III
gutturales Lied, das von Gnomen sang, in den Wind. Einen Augenblick lang schienen die Wachposten zu zögern, und ein paar hoben vorsichtig ihre Waffen. Jair drängte voran und mühte sich mit dem Wunschlied, sie alle wie Spinkser erscheinen zu lassen. Der Fährtensucher wird jetzt sicher denken, ich hätte den Verstand verloren, dachte er flüchtig. Aber er sang weiter.
Dann wurden die Waffen gesenkt, und die Gnomen traten beiseite. Eine Wachablösung? Eine Ablösung für die auf der anderen Seite der Schlucht? Jair und seine Begleiter ließen sie verwundert zurück und gingen mit gesenkten Häuptern und dicht um sich geschlungenen Umhängen an ihnen vorüber. Sie marschierten auf die Brücke, und ihre Füße in den weichen Stiefeln dröhnten gedämpft auf den schweren Holzplanken. Jair sang weiter und hüllte sie alle in ihre Gnomen- Tarnung.
Dann plötzlich schlug seine Stimme über, entkräftet von der Anstrengung, der er sie ausgesetzt hatte. Doch sie hatten die Reihe der Wachposten schon hinter sich gelassen und waren vor aller Augen, die ihnen folgen mochten, in ein Leichentuch aus Nebel und Regen gehüllt. Sie erreichten die Mitte der Brücke, und der Wind peitschte heulend an ihnen vorüber. Garet Jax gab Helt und Edain Elessedil hastig Zeichen zurückzubleiben. Jair bekam gerade flüchtig mit, wie Spinkser ihn mit verwunderter Miene musterte. Dann winkte Garet Jax sie beide hinter sich und setzte sich mit Elb Foraker an seiner Seite vor ihnen wieder in Bewegung.
Sie tauchten auf der anderen Seite der Brücke aus Regen und Nacht auf, und waren für die Wache haltenden Gnomen kaum als mehr denn vermummte Schatten zu erkennen. Jair schnürte sich die Kehle zusammen. Diesmal gab es kein Wunschlied, um sie unbeschadet vorbeizuführen; es waren zu viele. Eine Reihe Gesichter drehten sich herum, als sie näherkamen. Ein paar wenige, Ungewisse Augenblicke starrten die Wachen die Gestalten, die auf sie zukamen, nur an, waren überrascht über ihr Erscheinen und doch überzeugt, daß vom Lager, das sich auf der Klippe jenseits der Brücke befand, nur Gnomen kommen konnten. Dann stürzten sich auch schon Garet Jax und Elb Foraker auf sie, ehe Überraschung in Alarm umschlagen konnte und ihre Größe und Gestalt besser wahrzunehmen waren. Kurzschwert und Langmesser blitzten in der Nacht. Ein halbes Dutzend Gnomen lag tot am Boden, ehe die anderen auch nur begriffen, was geschah. Ihre Angreifer warfen sich mitten in sie hinein, und nun entrissen sich wilde Alarmschreie ihren Kehlen und gellten zu jenen auf der anderen Seite hinüber.
Einen Augenblick später erklangen die Antwortrufe. Jair und Spinkser duckten sich tief am Ende der Brücke und beobachteten den Kampf vor ihren Augen, ehe der sich in die Dunkelheit zog und rings um sie her körperlose Schreie ertönten. Das scharfe Zischen von Elfen-Eschenholzbögen tönte über dem Rauschen von Wind und Regen, und weitere Gnomen-Jäger ließen ihr Leben.
Dann brach ein einzelner Gnom aus der Dunkelheit vor ihnen; er war blutverschmiert und zerzaust, und sein Gesicht wirkte im düsteren Licht wie von Sinnen. Er stürmte auf die Brücke, in den Händen eine Doppelaxt. Er erblickte Spinkser und blieb verwirrt stehen. Dann sah er Jair und sprang hinzu. Der Talbewohner wankte zurück und versuchte vergeblich, sich zu schützen, denn das Auftauchen des anderen hatte ihn so erschreckt, daß er im Augenblick völlig das Langmesser vergaß, das er an seinem Gürtel trug. Der Gnom heulte auf, hob die Waffe, und Jair riß abwehrend die Hände empor.
»Nicht den Jungen, du…«, schrie Spinkser.
Der Gnom kreischte vor Zorn, und wieder holte seine Axt aus. Spinksers Schwert sauste hernieder, und der Angreifer sank sterbend in die Knie. Spinkser wich mit erschrecktem Gesichtsausdruck zurück. Dann hatte er Jair auch schon beim Arm, zerrte ihn auf die Beine und weiter, bis sie vor der Brücke waren.
Unvermittelt tauchte Elb Foraker auf. Ohne ein Wort sprang er unter die Bockbrücke zu der versteckten Stelle, wo die Pflöcke die Brücke hielten. Mit hektischen Bewegungen machte er sich daran, sie herauszuzerren.
Erneute Schreie erklangen von der Mitte der Brücke. Stiefel polterten auf Holzbohlen, und aus Nebel und Finsternis kamen Helt und Edain Elessedil gestürmt. Während sie sich noch auf der Brücke befanden, drehten sie sich noch einmal um, und die Eschenholzbögen vibrierten. In der Finsternis hinter ihnen heulten Gnomen vor Schmerzen auf. Wieder summten die Bögen, neue
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