Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Shannara IV

Titel: Shannara IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
Vom Netzwerk:
unbewohnt gehalten, hätte er nicht die winzigen Rauchschwaden bemerkt, die aus dem verfallenen Schornstein stiegen. Er fragte sich, wie ein Mensch in einer solchen Umgebung hausen konnte, ob die Hütte wirklich bewohnt oder der Rauch lediglich das letzte Zeichen möglicher Bewohner war. Desweiteren fragte er sich, ob der Bewohner der Hütte möglicherweise Hilfe brauchte.
    Fast wollte er hingehen, aber die Hütte und ihre Umgebung waren so abschreckend, daß er es schließlich doch nicht über sich brachte. Statt dessen rief er seine Frage, ob jemand zu Hause sei, laut hinaus. Er wartete einen Augenblick, dann rief er nochmals. Als er keine Antwort erhielt, wandte er sich fast dankbar ab und setzte seinen Weg fort.
    Als er zurückkehrte, wartete Coll bereits mit dem Fisch, so daß sie eilig ein Feuer anzündeten und ihre Mahlzeit zubereiteten. Beide waren des Fisches schon überdrüssig, aber er war besser als nichts, und außerdem waren sie hungriger, als sie geahnt hatten. Nachdem sie ihre Mahlzeit beendet hatten, saßen sie nebeneinander und beobachteten, wie die Sonne unterging und der See sich wieder silbrig verfärbte. Am dunkler werdenden Himmel zogen Sterne auf, und die Geräusche der Nacht erwachten aus der Stille der Dunkelheit. Die Schatten der Bäume des Waldes vereinigten sich zu dunklen Flecken, die das Tageslicht vollends verdrängten.
    Par dachte gerade darüber nach, wie er Coll beibringen sollte, daß er es für besser hielt, nicht nach Hause zurückzukehren, als die Waldfrau vor ihnen auftauchte.
    Sie trat aus dem Dunkel der Bäume hervor, gebückt im fahlen Licht des Feuers. Sie war in Lumpen gekleidet, und es hatte den Anschein, als wären sie in grauer Vorzeit um sie geschlungen und dort vergessen worden. Ihr Kopf war kahl, und ihr Gesicht war bedeckt mit langen, dichten, farblosen Haarbüscheln. Ihr Alter war unbestimmbar, dachte Par; sie war so runzlig, daß man es beim besten Willen nicht erraten konnte.
    Sie kroch vorsichtig aus dem Wald hervor, blieb vor dem Feuer stehen und stützte sich schwer auf ihren Gehstock. Einer ihrer knochigen Arme zeigte in Richtung Par. »Hast du mich gerufen?« fragte sie mit einer Stimme, die wie morsches Holz knarrte.
    Unwillkürlich mußte Par sie anstarren. Sie sah aus wie etwas, das der Erde entsprungen war, wie etwas, das kein Recht hatte, zu leben und die Erde zu betreten. Sie war über und über mit Schmutz und Unkraut behangen, das sich scheinbar auf ihr niedergelassen und Wurzeln geschlagen hatte.
    »Warst du es?« wiederholte sie eindringlich.
    Ihm wurde langsam klar, worauf sie anspielte. »An der Hütte? Ja, das war ich.«
    Die Waldfrau lächelte, ihr Gesicht verzog sich zu einer Grimasse, ihr Mund war fast zahnlos. »Du hättest hereinkommen sollen, anstatt draußen stehenzubleiben«, sagte sie. »Die Tür war offen.«
    »Ich wollte nicht…«
    »Ich lasse sie immer offen, damit keiner ohne einen Willkommensgruß vorbeigeht. Auch das Feuer lasse ich immer brennen.«
    »Ich habe den Rauch gesehen, aber…«
    »Du hast doch Holz gesammelt, stimmt’s? Ihr kommt aus Callahorn?« Ihre Augen wanderten in die Richtung, in der das Boot festgemacht war. »Seid lang unterwegs gewesen, stimmt’s?« Ihr Blick richtete sich wieder auf die Brüder. »Seid vielleicht auf der Flucht?«
    Par wurde mit einemmal ganz starr. Er und Coll warfen sich einen kurzen Blick zu.
    Die Frau kam näher, und während sie einen Fuß vor den anderen setzte, tastete sie die Erde vor sich mit ihrem Gehstock ab. »Viele verschlägt es hierher. Kommen alle aus dem geächteten Land und sind auf der Suche nach diesem oder jenem.« Sie hielt inne. »Ihr vielleicht auch? O ja, viele möchten mit solchen wie euch nichts zu tun haben, aber ich gehöre nicht zu denen. Nein, ich bestimmt nicht!«
    »Wir sind nicht auf der Flucht«, erklärte Coll plötzlich.
    »Nein? Seid ihr deshalb so gut ausgerüstet?« Sie fuchtelte mit ihrem Stock in der Luft herum. »Wie heißt ihr?«
    »Was willst du?« fragte Par hastig. Er fühlte sich von Minute zu Minute unwohler.
    Die Waldfrau trat noch einen Schritt näher. Irgend etwas stimmte nicht mit ihr, etwas, das Par vorher nicht bemerkt hatte. Sie schien keinen festen Körper zu besitzen, sondern wie durch Rauch oder erhitzte Luft hindurch zu flimmern. Auch ihre Bewegungen waren unnatürlich, und das nicht nur aufgrund ihres Alters. Es schien, als baumelten ihre Gelenke an einem unsichtbaren Faden, wie Marionetten, die auf Jahrmärkten gezeigt

Weitere Kostenlose Bücher