Shannara V
Stimme wurde schwächer. »Sorgt für ihren Schutz. Helft ihr, damit ihr gelingt, was sie aufgetragen bekam. Eowen, gebrauche deine Gabe, um sie vor den Dämonen zu schützen. Garth…«
Sie schien etwas zu dem großen Mann sagen zu wollen, brach aber plötzlich ab, als sei sie auf etwas gestoßen, das sie nicht aussprechen konnte. Wren schaute verwirrt zu ihrem Freund zurück, aber das dunkle Gesicht war wie aus Stein gemeißelt.
»Großmutter, ich sollte nicht diejenige sein, die dies trägt«, wandte Wren zögernd ein, aber die Hand der anderen ergriff sie fest und tadelnd.
»Du bist diejenige, Wren. Du warst immer diejenige. Alleyne war meine Tochter und wäre nach mir Königin geworden, aber die Umstände haben uns gewaltsam getrennt und sie mir genommen. Sie hat dich zurückgelassen, damit du ihren Platz einnimmst. Vergiß niemals, wer du bist, Kind. Du bist eine Elessedil. Du bist als eine geboren und erzogen worden, ob du es nun annehmen willst oder nicht. Wenn ich tot bin, sollst du die Königin der Elfen sein.«
Wren war entsetzt. Das darf nicht geschehen, sagte sie sich wieder und wieder. Ich bin nicht, was du denkst! Ich bin eine Fahrende und nicht mehr! Das ist nicht richtig!
Aber Ellenroh sprach erneut und verlangte ihre Aufmerksamkeit. »Laß dir Zeit, Wren. Es wird alles so kommen, wie es kommen soll. Im Moment mußt du dich nur darum kümmern, den Stab und seinen Stein sicher zu bewahren. Du mußt nur vor dem Ende deinen Weg von dieser Insel finden. Alles übrige wird sich von selbst finden.«
»Nein, Großmutter«, schrie Wren gequält auf. »Ich werde den Stab für dich aufbewahren, bis es dir wieder gutgeht. Nur bis dahin und keinen Moment länger. Du wirst nicht sterben. Großmutter, du darfst es nicht!«
Die Königin atmete tief und langsam ein. »Laß mich nun ausruhen, bitte. Ich möchte mich hinlegen, Eowen.«
Die Seherin tat, wie ihr geheißen. Ihre grünen Augen waren ängstlich und einsam, als ihre Blicke das Gesicht der Königin suchten. Einen Augenblick lang blieben sie alle regungslos stehen und schauten schweigend auf Ellenroh. Dann traten Triss und Dal zurück, um ihre Ausrüstung in Ordnung zu bringen und Wachen aufzustellen, wobei sie beim Fortgehen miteinander flüsterten. Gavilan ging fort und murmelte vor sich hin, und auch Garth glitt außer Sicht. Wren blieb zurück und starrte den Ruhkstab an, der nun in ihren Händen lag.
»Ich glaube nicht, ich sollte…« begann sie und konnte den Satz doch nicht beenden. Ihre Augen hoben sich, um Eowens Blick zu finden, aber die rothaarige Seherin wandte sich ab. Wren war jetzt mit ihrer Großmutter allein. Sie streckte die Hand aus und berührte deren Arm. Sie spürte die Hitze des Fiebers, das in ihr brannte. Ihre Großmutter schlief, ohne sie wahrzunehmen. Wie konnte es sein, daß sie starb? Wie konnte das sein? Es war unmöglich! Sie spürte erneut Tränen aufsteigen und dachte daran, wie lange es gedauert hatte, bis sie ihre Großmutter gefunden hatte, die letzte ihrer Familie, und wieviel sie durchgemacht hatte und wie wenig Zeit ihnen bisher gegeben war.
Stirb nicht, betete sie innerlich. Bitte.
Sie spürte ein Kratzen an ihren Beinen, schaute hinab und entdeckte Faun, der mit großen Augen unruhig zu ihr hinauf spähte. Sie ließ Ellenrohs Hand so lange los, bis sie das kleine Wesen in ihre Arme gehoben hatte, zerwühlte sein Fell und wartete, daß es sich an ihre Schulter schmiegte. Der Ruhkstab lag im Gleichgewicht auf ihrem Schoß, wie eine in das graue Licht gezeichnete Linie zwischen ihr selbst und der dahinsiechenden Königin.
»Nicht ich«, sagte sie weich zu ihrer Großmutter. »Ich sollte es nicht sein.«
Dann erhob sie sich, nahm den Baumschreier und den Stab mit sich und wandte sich um, um Garth zu suchen. Der große Fahrende ruhte ein Dutzend Schritte entfernt an der Klippenwand. Er richtete sich auf, als sie auf ihn zukam. Der harte Blick, mit dem sie ihn ansah, ließ ihn blinzeln.
»Sage mir jetzt die Wahrheit«, flüsterte sie und machte ein paar kurze Zeichen. »Was ist zwischen dir und meiner Großmutter?«
Sein Blick blieb ungerührt. Nichts.
»Aber wie sie dich angesehen hat, Garth - sie wollte etwas sagen und hatte Angst!«
Du warst ein Kind, als ihre Tochter dich meiner Obhut übergab. Sie wollte sichergehen, ob ich es nicht vergessen habe. Das wollte sie mir sagen. Aber sie hat gesehen, daß es nicht nötig war.
Wren sah ihn noch einen Augenblick lang regungslos an. Vielleicht, dachte sie
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