Shannara VI
habe sie auf einer Insel in der Blauen Spalte gefunden, wo sie fast hundert Jahre lang gelebt haben, und ich habe sie zurückgebracht. Das war Allanons Aufgabe für mich, und ich habe sie schließlich doch übernommen. Ihre Königin, Ellenroh Elessedil, war meine Großmutter. Sie starb unterwegs, und jetzt bin ich Königin.« Sie sah das Erstaunen in seinen Augen und ergriff seinen Arm, um ihn zum Schweigen zu bringen. »Hört einfach zu. Die Elfen werden von einer Föderationsarmee belagert, die ihnen um ein Zehnfaches überlegen ist. Sie haben sich unmittelbar südlich des Tales von Rhenn auf eine Verzögerungstaktik verlegt. Ich muß sofort zu ihnen zurückkehren. Wollt Ihr mit mir kommen?«
Der Hochländer sah sie an. »Wren Elessedil«, sagte er leise und probierte den Namen aus. Dann schüttelte er den Kopf, und seine Stimme festigte sich. »Nein, ich kann nicht, Wren. Ich muß Par finden. Er befindet sich vielleicht als Gefangener der Schattenwesen in der Südwache. Andere suchen dort draußen ebenfalls nach ihm. Ich habe versprochen, auf sie zu warten.«
Seine Stimme klang, als dulde er keine Widerrede, aber er fügte dennoch widerwillig hinzu: »Aber wenn Ihr mich wirklich braucht…«
Sie unterbrach ihn, indem sie seine Hand drückte. »Ich kann allein marschieren. Aber es gibt etwas, was ich Euch zuerst noch sagen muß, und Ihr müßt mir versprechen, es den anderen weiterzusagen, wenn Ihr sie wiederseht.« Sie festigte ihren Griff. »Wo sind sie übrigens? Was ist aus ihnen geworden? Was ist mit Allanons Aufgaben geschehen? Haben die anderen die ihren ebenfalls erfüllt?« Sie sprach zu schnell und zwang sich, langsamer zu werden, ruhig zu bleiben, nicht nach Osten und in den heller werdenden Himmel zu schauen. »Hier, setzt Euch. Laßt mich Eure Wunde ansehen.«
Sie nahm seinen Arm und führte ihn zu einem moosbedeckten Baumstamm, wo sie ihm das Hemd auszog, es in Streifen riß und die Schwertwunde so gut sie konnte reinigte und verband.
»Par und Coll haben das Schwert von Shannara gefunden, aber dann sind sie verschwunden«, erzählte er ihr, während sie seine Wunde versorgte. »Es ist eine zu lange Geschichte, um sie jetzt zu erzählen. Ich bin Par gefolgt, der seinerseits vielleicht Coll folgt. Ich weiß nicht, wer das Schwert hat. Was Walker betrifft, so war ich bei ihm, als er nach Norden ging, um die Magie wiederzuerlangen, die Paranor und die Druiden wiederherstellen würde. Er war erfolgreich, und wir sind zusammen zurückgekommen, aber seitdem habe ich ihn nicht mehr gesehen.« Er schüttelte den Kopf. »Paranor ist zurückgekehrt. Das Schwert ist gefunden worden. Die Aufgaben sind alle erfüllt worden, aber ich weiß nicht, welchen Unterschied das macht.«
Sie beendete ihre Arbeit und trat wieder vor ihn hin. »Ich auch nicht. Aber irgendwie macht es einen Unterschied. Wir müssen nur herausfinden, was es ist.« Sie schluckte gegen die Trockenheit in ihrer Kehle an, und ihre haselnußbraunen Augen fixierten ihn. »Nun hört zu. Folgendes müßt Ihr den anderen erzählen.« Sie atmete tief ein. »Die Schattenwesen sind Elfen. Sie sind Elfen, die die alte Magie wiederentdeckt haben und leichtfertig damit umgegangen sind. Sie sind zurückgeblieben, als das restliche Elfenvolk den Vier Ländern und der Föderation entfloh. Die Magie hat sie verwandelt, wie sie alles verwandelt. Sie hat sie zu Schattenwesen gemacht. Sie sind eine andere Art Schädelträger alter dunkler Geister, für die die Magie eine Begierde ist, der sie nicht widerstehen können. Ich weiß nicht, wie sie vernichtet werden können, aber es muß getan werden. Allanon hatte recht - sie sind ein Übel, das uns alle bedroht. Die Antworten, die wir brauchen, sind aus den Aufgaben, die wir erfüllt haben, zu finden. Einer von uns wird die Wahrheit entdecken. Dieses Ziel müssen wir erreichen. Erzählt ihnen, was ich Euch gesagt habe, Morgan. Versprecht es.«
Morgan erhob sich. »Ich werde es ihnen sagen.«
Der Schrei eines Reihers durchbrach die morgendliche Stille, und Wren fuhr herum. »Wartet hier«, sagte sie.
Sie hinkte zu den toten Schattenwesen hinüber und begann ihre Kleidung zu durchstöbern. Einer von ihnen, das wußte sie, hatte die Elfensteine, die Tib Arne ihr gestohlen hatte. Ihr Zorn auf ihn flammte erneut auf. Sie durchsuchte zwei der Schattenwesen und fand nichts. Sie durchwühlte die Asche desjenigen, den Morgan verbrannt hatte, und fand auch dort nichts. Dann ging sie zu dem Fahrer und seinem Begleiter
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