Shannara VI
war und daß die Elfen wußten, daß sie ihre Königin zurückhatten und daß die Föderation erneut mit ihr rechnen mußte.
Sie wandte sich nach Norden, um dem Mermidon zu folgen, und fand auf den Ebenen Wasser für das Pferd, aber keines für sich selbst. Die Sonne brannte auf sie herab, und die Luft saugte die Feuchtigkeit aus ihrem Körper. Sie war müde, und das Pferd wurde ebenfalls müde. Sie konnte nicht viel länger weiterreiten. Sie würde anhalten und die Hitze abwarten müssen. Bei dem Gedanken biß sie die Zähne zusammen. Sie hatte keine Zeit dafür! Sie hatte keine Zeit für irgend etwas anderes, als weiterzureiten!
Schließlich machte sie doch Rast. Sie hatte einen Eschenhain nahe des Ufers gefunden, in dem es kühl genug war, um der schlimmsten Hitze zu entgehen. Sie fand einige Beeren, die mehr bitter als süß waren, und eine Kautschukwurzel, auf der sie kauen konnte. Sie sattelte das Pferd ab und pflockte es an. Im Schatten der Bäume ruhend, beobachtete sie, wie der Fluß vorüberzog, und schlief wider Willen ein.
Es war später Nachmittag, als sie wieder erwachte. Das sanfte Wiehern ihres Pferdes schreckte sie aus einem ruhelosen Schlummer auf. Sie sprang sofort auf, sah seinen zottigen Kopf gen Süden gerichtet, schaute über die Ebenen und den Fluß hinaus und sah in mehreren Meilen Entfernung Reiter auf sich zukommen - mit schwarzen Umhängen und Kapuzen bekleidete Reiter, deren Identität kein Geheimnis war.
Sie sattelte ihr Pferd und ritt los. Sie ritt mehrere Meilen in schnellem Trab am Ufer entlang, schaute zurück, um zu sehen, ob die Reiter ihr folgten. Das taten sie natürlich, und sie hatte das Gefühl, daß vor ihr in Tyrsis noch weitere warten könnten. Das Licht im Westen verblaßte, wurde silbern, dann rosafarben und grau, und als der Nebel der frühen Dämmerung einsetzte, wandte sie sich vom Fluß ab und eilte gen Westen auf die Ebenen zu. Dort würde sie eine bessere Chance haben, ihren Verfolgern zu entkommen, überlegte sie. Sie war schließlich eine Fahrende. Wenn es erst einmal dunkel wäre, würde niemand ihr mehr folgen können. Alles, was sie brauchte, war ein wenig Zeit und Glück.
Sie hatte keines von beidem. Denn kurz danach begann ihr Pferd zu lahmen. Sie drängte es mit geflüsterten Versprechungen und ermutigendem Tätscheln an Hals und Ohren weiter, aber es war erschöpft. Hinter ihr hatten sich die Verfolger über den Horizont verteilt, noch immer weit entfernt zwar, aber sie holten auf. Der Nebel verdichtete sich, aber der Mond und die ersten Sterne waren hervorgekommen, und es war für einen Jäger auf jeden Fall hell genug, einer Spur folgen zu können. Sie verstärkte ihre Entschlossenheit und ritt weiter.
Als ihr Pferd stolperte und stürzte, rollte sie von ihm fort, stand auf, ging zu ihm zurück, half ihm wieder hoch, nahm seinen Sattel und das Zaumzeug ab und ließ es frei. Sie begann zu laufen, mußte hinken, weil ihre Verletzungen noch immer schmerzten und sie behinderten, war zornig und müde, aber entschlossen, sich nicht wieder fangen zu lassen. Sie ging lange Zeit weiter, ohne sich umzusehen, bis die Nacht vollständig hereingebrochen war und die Ebenen ganz in weißes Licht getaucht waren. Die Ebenen waren still und leer, und sie wußte, daß ihre Verfolger noch nicht nah genug herangekommen waren, daß sie sich hätte Sorgen darüber machen müssen, sonst hätte sie sie hören müssen, und so konzentrierte sie sich darauf, einen Fuß vor den anderen zu setzen und einfach weiterzugehen.
Als sie sich schließlich umsah, war niemand zu sehen.
Sie sah sich ungläubig um. Kein Reiter war da, kein einziges Pferd, niemand zu Fuß, nichts. Sie atmete tief und beruhigend ein und sah erneut hin - nicht nur nach Osten, sondern dieses Mal in alle Richtungen - und dachte in plötzlicher Angst, daß sie sie umzingelt hätten. Aber es war niemand dort draußen. Sie war allein.
Sie lächelte verwirrt.
Und dann sah sie den dunklen Schatten hoch über sich langsam und träge und so unentrinnbar wie Winterkälte auf sich zufliegen. Ihr Herz machte einen erschreckten Satz, als sie sah, wie er Gestalt annahm. Nicht eine Sekunde lang glaubte sie, daß es einer der Flugreiter war, der nach ihr suchte. Nicht einen Augenblick lang verfiel sie dem Irrtum zu glauben, es sei ein Freund. Es war Gloon, den sie sah. Sie erkannte ihn sofort. Sie erkannte den wuchtigen, muskulösen Körper, den Umriß des wilden Kopfes des Kampfhaubenwürgers, die scharfe Krümmung
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