Shannara VI
der Überraschung war verspielt. Die Schattenwesen kamen näher. Sie waren schnelle und sichere Jäger. Er registrierte ihre Bewegungen aus den Augenwinkeln. Sie waren jetzt auf gleicher Höhe mit ihm und jagten ihn, wie Hunde einen Fuchs jagen würden.
Nein! Schließlich wirbelte er herum und setzte seine Magie ein. Er warf eine Feuerwand zwischen sich und seinen Verfolgern auf und ließ die Flammen wie weißheiße Dornen in ihre Gesichter fliegen. Krieg und Seuche wichen zurück und verlangsamten ihren Schritt, aber Hungersnot und Tod drangen unbeirrt weiter vor. Natürlich, dachte Walker, während er erneut weiterlief. Hungersnot und Tod. Feuer konnte ihnen nichts anhaben.
Er überquerte einen Wasserlauf und wandte sich dann nach rechts, dem Hügel zu, auf dem Paranor stand, Türme und Mauern vor der Nacht scharf abgegrenzt. Er war diesen Weg entlanggelaufen, ohne sich dessen bewußt zu sein, und sah in ihm jetzt seine einzige Chance zur Flucht. Wenn er die Festung erreichen konnte, bevor sie ihn erwischten…
Cogline! Beobachtete der alte Mann die Szenerie?
Schlangenähnlich und glatt vor Feuchtigkeit erhob sich vor ihm etwas aus der Nacht. Klauen streckten sich nach ihm aus, und Zähne schimmerten. Es war eines der Reittiere der Schattenwesen, dort postiert, um ihm den Weg abzuschneiden. Er glitt unter seinem Zugriff hindurch, wie ein Teil der Nacht, der nicht festgehalten werden konnte, und die Magie ließ ihn so schnell und flüchtig werden wie der Wind. Das schlangenähnliche Wesen zischte und schlug wild zu, so daß Klumpen Erde aufflogen. Walker eilte mit der Schnelligkeit eines Gedankens davon. Vor ihm ragte die Festung der Druiden auf - sein Sanktuarium, seine Zuflucht vor diesen Wesen.
Eine dunkle Bewegung zu seiner Linken ließ ihn zur Seite ausweichen, als Hungersnot mit einem aus Knochen geschnitzten Schwert zuschlug, ein dumpfes, weißes Schimmern, das an den äußeren Kanten seiner Kleidung zerrte. Walker verlor den Halt und fiel, stürzte einen Abhang hinab, durch Gestrüpp und langes Gras und in eine Pfütze stehenden Wassers hinein. Etwas eilte an ihm vorbei und verfehlte ihn mit seinem zuschnappenden Kiefer nur knapp. Ein weiteres der schlangenähnlichen Wesen. Walker sprang auf und sandte in dem verzweifelten Versuch, sich abzuschirmen, Feuer und Geräusche in alle Richtungen. Er hörte befriedigt, daß etwas vor Schmerz aufschrie, daß etwas anderes grunzte, als sei es mit einer Keule geschlagen worden, und dann lief er erneut weiter. Bäume erhoben sich an den Seiten, und er verschwand hinein und suchte die Deckung der tiefen Schatten. Sein Atem kam abgehackt und ungleichmäßig, und sein Körper schmerzte. Erschreckt stellte er fest, daß er sich wieder von der Festung fortbewegte und sich von jenem Ort der Sicherheit abwandte, die er zu erreichen gehofft hatte.
Ein Schatten huschte zu seiner Linken davon, schnell und leise, ein schwarzer Umhang und das Schimmern einer Metallklinge. Tod. Walker wurde müde. Er war erschöpft von seiner Flucht und davon, daß er so häufig gezwungen gewesen war, die Richtung zu wechseln. Die Schattenwesen hatten ihn umringt und schlossen langsam den Kreis um ihn. Er glaubte nicht, daß er die Festung erreichen konnte, bevor sie ihn einholten. Er versuchte erneut umzukehren, aber er sah Bewegung zwischen sich und der Festung, und er hörte ein erwartungsvolles Rascheln von Schuppen in Gras und Gestrüpp. Walker konnte sein Entsetzen kaum noch unter Kontrolle halten und spürte es als zunehmende Lähmung in seiner Kehle. Er hatte sich zu früh gefreut, war sich seiner selbst zu sicher gewesen. Er hätte wissen müssen, daß es nicht so leicht werden würde. Er hätte es voraussehen müssen. Zweige schlugen ihm gegen Gesicht und Arme, als er sich seinen Weg in einen Streifen tiefsten Waldes erzwang. Hinter ihm kam die Schlange heran. Ihm war, als könne er ihren Atem auf seinem Nacken spüren, die Berührung von Klauen und Zähnen auf seinem Körper. Er beschleunigte seinen Schritt, brach aus dem Unterholz zu einer Lichtung durch und fand dort Tod wartend vor, mit Umhang und Kapuze bekleidet, die Sense erhoben. Das Schattenwesen griff ihn an, verfehlte ihn, als er seitwärts auswich, schwang die Sense ein zweites Mal, und diesmal konnte Walker die Sense ergreifen und sie von sich abwenden. Sofort betäubte eine Kälte hohl und markerschütternd seine Hand und seinen Arm, und er schrak vor Schmerz zurück und stieß die Sense und denjenigen, der sie
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