Shannara VII
nickte. Dann drehte er sich um und verließ die Bibliothek, ohne einen Blick zurückzuwerfen. Wie sehr er sich auch wünschen mochte, daß die Situation eine andere wäre, er wußte, wie fruchtlos dieser Wunsch war. Schnell ging er zu der Hintertreppe, auf der er hergekommen war. Er bemerkte, daß er die Wandteppiche und Leuchter anstarrte, als hätte er sie niemals zuvor gesehen - oder als sollte er sie niemals wiedersehen. Er spürte, wie ein Teil seines Wesens sich ablöste und davonglitt, genau wie damals, als er Paranor zum ersten Mal verlassen hatte. Er gestand es sich nicht gerne ein, aber dies hier war immer noch sein Zuhause, mehr als irgendein anderer Ort, und wie immer bei einem Zuhause erhob auch Paranor in einer Art und Weise Anspruch auf ihn, die sich nicht beurteilen oder messen ließ.
Er trat durch die Tür auf den dunklen Treppenabsatz und fand sich dort Risca und Tay Trefenwyd gegenüber.
Tay ging sofort auf ihn zu und umarmte ihn. »Willkommen zu Hause, Druide«, sagte er und gab dem alten Mann einen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter.
Tay war ein ungewöhnlich großer Elf, schlaksig und unbeholfen, als müßte er unaufhörlich damit rechnen, über seine eigenen Füße zu stolpern. Sein Gesicht trug deutliche Elfenzüge, aber der Kopf schien eher aus Versehen auf seinen Körper aufgepfropft worden zu sein. Er war noch jung, selbst nach fünfzehn Jahren Dienst auf Paranor, und sein Gesicht war weich und glatt rasiert. Er hatte blondes Haar und blaue Augen und hielt stets für jeden ein Lächeln bereit.
»Du siehst gut aus, Tay«, erwiderte der alte Mann und lächelte ebenfalls. »Das Leben auf Paranor scheint dir zu bekommen.«
»Es bekommt mir noch besser, dich zu sehen«, erklärte der andere. »Wann wollen wir aufbrechen?«
»Aufbrechen?«
»Bremen, spiel nicht den Unwissenden. Aufbrechen, um mit dir zu gehen, wohin du auch immer gehen willst. Risca und ich sind fest entschlossen. Auch, wenn du nicht um ein Treffen mit uns gebeten hättest, wir hätten dich auf jeden Fall auf deinem Weg eingeholt. Wir haben genug von Athabasca und dem Rat.«
»Du warst nicht dabei und konntest ihre Vorstellung nicht sehen«, sagte Risca spöttisch. »Es war die reinste Komödie. Sie behandelten deine Bitte in etwa so, als wären sie eingeladen worden, ein Opfer der Pest zu werden! Es durfte nicht darüber diskutiert werden, und das Thema wurde auch nicht von allen Seiten dargestellt. Athabasca präsentierte dein Gesuch in einer Art und Weise, die nicht den geringsten Zweifel ließ, wie er darüber dachte. Die anderen, allesamt Speichellecker, unterstützten ihn. Tay und ich haben unser Bestes gegeben, um sein intrigantes Vorgehen zu vereiteln, aber sie haben uns niedergeschrien. Ich habe genug von ihrer Politik, von ihrer Kurzsichtigkeit. Wenn du sagst, es gibt den Dämonenlord wirklich, dann gibt es ihn auch. Wenn du sagst, er wird nach Paranor kommen, dann wird er auch kommen. Aber ich werde nicht hier sein, um ihn zu begrüßen. Lassen wir das die anderen an meiner Stelle tun. Bei allen Schatten, wie können sie nur so dumm sein?«
Risca schien nur noch aus Muskeln und Eifer zu bestehen, und Bremen mußte wider Willen lächeln. »Ihr beide habt also an meiner Stelle Rede und Antwort gestanden?«
»Wir waren nicht mehr als ein Flüstern in einem Sturm«, lachte Tay. »Risca hat recht. Auf Paranor regiert die Politik - seit Athabasca Hoher Druide geworden ist. Du hättest dieses Amt erhalten sollen, Bremen, nicht er.«
»Genau, du hättest es wirklich schaffen können, wenn du es gewollt hättest«, stellte Risca erregt klar. »Du hättest darauf bestehen sollen.«
»Nein«, sagte Bremen. »Ich war für dieses Amt nicht geeignet, meine Freunde. Ich bin für Organisation und Verwaltung nicht geschaffen. Es ist meine Aufgabe, das Verlorengegangene zu suchen und wiederzubeschaffen, und vom hohen Turm aus könnte ich das nicht tun. Athabasca war die bessere Wahl.«
»Unsinn!« schnappte Risca. »Er war niemals eine gute Wahl für irgend etwas. Selbst jetzt lehnt er dich noch ab. Er weiß, daß du an seiner Stelle sein könntest, und das hat er dir niemals vergeben. Auch nicht, daß du es einfach ignoriert hast und weggegangen bist. Deine Freiheit bedroht sein Vertrauen in Ordnung und Gehorsam. Am liebsten würde er uns alle schön ordentlich auf einem Regal aufreihen und nur herunternehmen, wenn es ihm nötig erscheint. Er würde unser Leben diktieren, als wären wir Kinder. Du hast dich seinem
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