Shannara VII
schlagen könnten. Niemand erschien. Die Elfengarde hatte die Wächter beseitigt, ohne entdeckt zu werden. Hinter sich, tief in der Wiege des Tals, konnte Jerle das ferne Klimpern der Zugriemen und das Quietschen von Leder hören, als die Reiterei folgte. Die Flammen der Wachfeuer vor ihnen waren jetzt gut zu erkennen, und auch das Lager der Nordlandarmee dahinter. Die Größe des Lagers schien plötzlich ungeheuerlich, ein ausuferndes Gewirr von Zelten und Vorräten und Männern, ein Durcheinander zahlreicher Leben, wie in einer kleinen Stadt. Es waren immer noch so viele, dachte der König. Der Angriff der Elfen würde schnell und gezielt vonstatten gehen müssen.
Die Westländer waren etwa fünfzig Meter vom Lager entfernt, als er sie anhalten ließ, damit sie sich vor dem enthüllenden Licht der Wachfeuer verkriechen konnten. Wachen standen da und starrten in die Nacht hinaus, einige blickten träge über ihre Schultern auf das, was im Lager vor sich ging. Sie erwarteten ganz sicher keinen Angriff. Jerle Shannara spürte eine heiße Woge von Zufriedenheit in seiner Brust. Er hatte richtig geraten, schien es. Plötzlich dachte er an all das, was er durchgemacht hatte, um bis zu diesem Punkt zu gelangen, und er wünschte sich, daß Tay Trefenwyd bei ihm wäre. Zusammen hätten sie alles erreichen können. Ohne Tay würde es niemals mehr dasselbe sein, dachte er. Niemals mehr.
Er gab den Elfen ein Zeichen, sich bereitzuhalten. Dann ließ Banda seine Bogenschützen in Stellung gehen und die Pfeile auflegen. Jerle Shannara hob sein Schwert, und die Pfeile stiegen in einem tödlichen Hagel in die Luft. Zu dem Zeitpunkt, da sie ihre ahnungslosen Ziele fanden, stürmten die Elfen bereits zum Angriff.
Sie näherten sich mit tödlicher Geschwindigkeit. In Sekundenschnelle hatten sie den freien Platz überquert und die Grenze des Lagers durchbrochen. Die Wachen waren alle tot, getroffen von Pfeilen oder Speeren. Die Nordländer, die sich um die Feuerstellen gekauert hatten, sprangen auf, als die Elfen auf sie einstürmten, sie griffen nach ihren Waffen, stießen Warnschreie aus. Aber die Elfen waren so schnell über ihnen, daß die meisten tot waren, bevor sie sich verteidigen konnten. Jerle Shannara führte die Gruppe an, er bahnte sich seinen Weg durch die äußeren Linien, wie er wollte, die Elfengarde immer an seiner Seite. Auch Preia war dicht bei ihm. Bremen fiel zurück, er war zu alt und zu langsam, um Schritt halten zu können, rief dem König jedoch zu, nicht auf ihn zu warten und weiter voranzustürmen. Auf den Höhen waren jene Gegner, die nicht bereits hatten beseitigt werden können, in Einzelkämpfe mit der Elfengarde verwickelt - die sich zwischen sie geschlichen hatte, während sie schliefen. In der rauchigen Dunkelheit konnten nur die Elfen einander erkennen, da die Markierungen des Druiden auf ihren Schultern glühten. Das ganze feindliche Lager war in wildem Aufruhr.
Dann fand sich der König plötzlich mitten in einer Kompanie gerade erst erwachter Felsentrolle wieder. Die gewaltigen Kreaturen taumelten von ihren Lagern hoch, als sie den Alarm hörten. Die Rüstungen lagen verstreut umher, aber die Waffen hielten sie bereits in den Händen. Jerle Shannara brach zum Innern des Lagers durch, er bemühte sich, jedem Hindernis auszuweichen, aber einigen Trollen gelang es, sich vor ihm aufzubauen, und so mußte er stehenbleiben und mit ihnen kämpfen. Er wandte sich dem nächststehenden zu, schwang das Schwert von Shannara in einem weiten Bogen, und der Troll ging zu Boden. Andere versuchten jetzt, den König zu erreichen, sie hatten ihn erkannt und riefen mit gutturalen Stimmen nach ihren Kameraden. Aber die Elfengarde stellte sich den Angreifern in den Weg, sie schwärmte von allen Seiten über die Trolle hinweg, um sie niederzuschlagen und zu töten.
Aus der Dunkelheit hinter sich vernahm der König das Hornsignal von Kier Joplin, das den Angriff ankündigte, und dann donnerte die Elfenreiterei ins Schlachtengetümmel. Eine Explosion erschütterte das Lager, und eine Feuersäule schoß in den Himmel. In ihrem flackernden Schein fing der König einen Blick von Bremen auf, der inmitten fliehender Gnome und gewöhnlicher Trolle stand, eine kleine, zerlumpte Gestalt mit mageren, weit von sich gestreckten Armen, Allanon an seiner Seite.
Weiter vorne kamen die dunklen, mit Totenköpfen geschmückten Zelte des Dämonenlords und seiner Befehlshaber in Sicht. Jerle Shannara verdoppelte seine Anstrengung, die
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