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Shannara VII

Titel: Shannara VII Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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Bild, eine gewaltige Collage aus Erfahrungen und Ereignissen. Aber dies waren nicht die Bilder, die er sehen wollte; es waren jene, die er zu vergessen wünschte, die er in der Vergangenheit begraben hatte. Es war nichts dabei, auf das er stolz war, mit dem er jemals hatte konfrontiert werden wollen. Lügen, Halbwahrheiten und Täuschungen standen vor ihm wie Geister in einem Spukhaus. Hier war der wirkliche Jerle Shannara, ein fehlerhaftes und unvollkommenes Geschöpf, schwach und unsicher, unsensibel und voll falschem Stolz. Er sah das Schlimmste, was er in seinem Leben getan hatte. Er sah, wie er andere enttäuscht hatte, wie er ihre Bedürfnisse ignoriert, sie in Schmerz zurückgelassen hatte. So viele Male hatte er versagt. So viele Male hatte er falsch entschieden.
    Er versuchte wegzuschauen. Er versuchte, die Bilder aufzuhalten. Er wäre vor dem, was ihm gezeigt wurde, davongelaufen, wenn er sich dazu aus der Magie des Schwertes hätte befreien können. Er konnte sich diesen Wahrheiten nicht stellen, denn sie trafen ihn mit einer solchen Härte, daß sie seine geistige Gesundheit bedrohten. In diesem Augenblick begriff er die schreckliche Macht der Wahrheit, und er erkannte, warum Bremen so besorgt um ihn gewesen war. Aber ihm fehlte die Kraft, die Entschlossenheit. Der Druide hatte einen Fehler gemacht, als er zu ihm gekommen war. Das Schwert von Shannara war nicht für ihn bestimmt. Ihn als seinen Träger auszuwählen, war ein Fehler gewesen.
    Aber er gab nicht vollständig auf vor dem, was er zu sehen bekam, auch wenn es Tay Trefenwyd und Preia Starle berührte, auch wenn es die Tiefe ihrer Freundschaft enthüllte. Er zwang sich hinzusehen, zu akzeptieren, sich selbst zu vergeben angesichts der Eifersucht, die in ihm aufstieg, und er spürte, wie er dabei an Stärke gewann. Er bemerkte, wie er zu glauben begann, daß sein Schwert tatsächlich eine wirksame Waffe gegen den Dämonenlord sein könnte, gegen eine Kreatur, deren gesamte Existenz auf einer Illusion aufgebaut war. Welchen Preis würde die Magie von Brona fordern, wenn er gezwungen war zu erkennen, daß er aus wenig mehr als den Ängsten der Menschen bestand - ein Trugbild, das bei der kleinsten Veränderung des Lichts zu verschwinden drohte? Vielleicht war der Dämonenlord ja so erbärmlich, daß nichts von seiner Menschlichkeit, seinem Fleisch und Blut, seinen Gefühlen und seiner Vernunft übrigblieb. Vielleicht war die Wahrheit ihm ein Greuel.
    Die Bilder lösten sich auf, und das Licht erlosch. Jerle Shannara sah, wie die Luft vor ihm aufklarte und der Dämonenlord wieder Gestalt annahm. Wie lange hatte die Magie gebraucht, ihm dies alles zu enthüllen? Wie lange hatte er hier wie angewurzelt gestanden? Jetzt näherte sich die verhüllte Gestalt, gleichmäßig und unaufhörlich verringerte sich die Entfernung zwischen ihnen. Die Stimme des Dämonenlords zischte vor Erwartung. Übelkeit stieg in Jerle auf, eine Welle nach der anderen hämmerte gegen seine Entschlossenheit, versuchte, seine körperliche Stärke zu durchbrechen und ihm seinen Mut zu rauben.
    Komm zu mir. Komm zu mir.
    Jerle Shannara empfand sich als ein Nichts, als vollkommen hilflos gegenüber dem Ungeheuer, dem er sich entgegenstellte. Die Macht des Dämonenlords war so gewaltig und schrecklich, daß kein Wesen dagegen bestehen konnte. Sie war so unveränderlich, daß keine Magie sie überwinden konnte. Beharrlich flüsterte die Stimme weiter.
    Leg das Schwert nieder. Komm zu mir. Du bist nichts. Komm zu mir.
    Aber der Elfenkönig hatte sich bereits zu einem Nichts schrumpfen sehen, war Zeuge seines schlimmsten Selbst gewesen. Selbst die fürchterliche Verzweiflung, die ihn innerlich zerriß, als der Dämonenlord näher kam, brachte ihn nicht dazu, sich abzuwenden. Die Wahrheit ängstigte ihn jetzt nicht mehr. Er reckte das Schwert in die Höhe, ein heller silberner Faden in der Düsternis. »Shannara! Shannara!« rief er.
    Das Schwert stieß herab, fuhr durch die Abwehr des Dämonenlords, zerschmetterte seine Magie und drang in die dahinterliegende verhüllte Gestalt. Der Dämonenlord erbebte, verzweifelt versuchte er, den Schlag abzuwenden. Aber jetzt wanderte das Licht des Schwertes von der Klinge auf den ummantelten Schatten zu, drang in ihn ein. Der Dämonenlord wich erst einen, dann einen zweiten Schritt zurück. Jerle Shannara drängte weiter vor, angewidert von der Wut und dem Haß, die von seinem Gegner ausgingen, aber unerbittlich in seiner Bestimmung. Der Kampf

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