Shannara VII
fort. »Truls schert sich nicht darum, was Walker vorhat. Wenn ihm danach ist mitzugehen, wie es gewöhnlich der Fall ist, wird er das tun. Deshalb hättet ihr nicht den ganzen weiten Weg zurücklegen müssen. Nein, Walker hat euch aus einem anderen Grund geschickt.«
Bek wechselte rasch einen Blick mit Quentin. Um die Macht des Schwerts von Leah zu testen, dachte er. Um sie in eine Situation zu bringen, an der er ihre Entschlossenheit und Zähigkeit ablesen könnte. Plötzlich überkam Bek große Sorge. Was für eine Herausforderung würde sie erwarten?
»Vielleicht sollten wir sofort zu Truls Rohk aufbrechen«, schlug er vor.
Der Zwerg schüttelte den Kopf. »Das geht nicht. Erstens wird er erst nach Einbruch der Dunkelheit herauskommen. Er tut nichts im Tageslicht. Deshalb müssen wir bis zur Nacht warten. Zweitens können wir nicht einfach zu ihm hinlaufen, um mit ihm zu sprechen. Er muss zu uns kommen. Wir könnten ihn bis zum nächsten Sommer jagen und würden doch nicht das Geringste von ihm zu sehen bekommen.« Er zwinkerte Bek zu. »Dort oben in den Bergen hinter uns ist er und beschäftigt sich mit Dingen, mit denen wir gewiss nichts zu tun haben wollen, glaubt mir.«
Angesichts dieser Andeutung erschauderte Bek. Er hatte Geschichten über die Wesen gehört, die im Wolfsktaag lebten, Geschöpfe der Mythen und Legenden, lebendig gewordene Albträume. Wenn man vorsichtig war, konnten sie einem nichts anhaben, doch ein einziger Fehltritt führte oft in die Katastrophe.
»Erzähl uns etwas über Truls Rohk«, bat Quentin leise. Panax betrachtete ihn feierlich, dann lächelte er fast freundlich. »Ich denke, ihr solltet ihn euch lieber mit eigenen Augen anschauen.«
Daraufhin wechselte er das Thema und fragte sie über den Krieg gegen die Föderation aus, und während er ihnen zuhörte, nahm er seine Schnitzarbeit wieder zur Hand. Bek faszinierte die Fähigkeit des Zwergs, seine Aufmerksamkeit so vollständig zwischen zwei Dingen aufzuteilen. Seine Augen waren auf die Sprecher gerichtet, während seine Hände mit dem Messer an dem Holzstück herumschnitzten. Mit seinem stämmigen Körper saß er entspannt da und regte sich nicht, wenn man von den präzisen, sorgfältigen Bewegungen seiner Hände absah. Und manchmal nickte er. Ob er wirklich zuhörte oder mit den Gedanken woanders war, konnte man unmöglich sagen.
Nach einer Weile legte er die Schnitzarbeit, einen Vogel im Flug, fertig auf die Bank neben sich. Ohne ihm auch nur einen weiteren Blick zu widmen, griff er in sein Gewand, holte ein zweites Stück Holz heraus und ging wieder an die Arbeit. Als Bek den Mut aufbrachte, sich zu erkundigen, womit er seinen Lebensunterhalt verdiene, tat er die Frage mit einem Achselzucken ab.
»Oh, ein bisschen mit diesem und ein bisschen mit jenem.« Sein raues Gesicht zeigte kurz ein rätselhaftes Lächeln. »Ich führe manchmal Leute, die Hilfe brauchen, um die Berge zu überqueren.«
Wer, fragte sich Bek, brauchte Hilfe, um über den Wolfsktaag zu gelangen? Nicht die Leute, die in diesem Teil der Welt lebten, die Zwerge und Gnome, die sich gut genug auskannten, um diesen Weg zu meiden. Nicht die Jäger und Fallensteller, die in den Wäldern des Anar ihren Lebensunterhalt bestritten und die lieber in besseren und sichereren Jagdgründen lebten. Niemand jedenfalls, der ein normales Leben führte, denn für den gab es keinen Grund, sich hier aufzuhalten.
Offensichtlich führt er Leute wie uns, entschied er, Leute, die in die Berge müssen, um jemanden wie Truls Rohk zu finden. Aber wie viele von dieser Sorte gab es?
Als würde er seine Gedanken lesen, sah der Zwerg ihn an und sagte: »Nicht viele, nicht einmal viele Zwerge kennen den Weg durch dieses Gebirge - jedenfalls nicht gut genug, um alle Fallen zu entdecken und zu wissen, wie man sie umgeht. Ich kenne sie nur, weil Truls Rohk sie mir gezeigt hat. Er hat mir einmal das Leben gerettet, und während ich mich von meinen Wunden erholte, hat er es mich gelehrt. Vielleicht hatte er das Gefühl, mir eine Möglichkeit zeigen zu müssen, wie ich mich am Leben erhalten kann, nachdem ich ihn verlassen hätte.«
Er stand auf, reckte sich und nahm seine Schnitzarbeit. Den fertigen Vogel überreichte er Bek. »Der ist für dich. Ein Talisman gegen die bösen Dinge, die dich immer wieder ängstigen. Wie bei jeder guten Schnitzarbeit können wir die Dinge besser verstehen, wenn wir ihnen Form und Gestalt geben.« Danach wandte er sich an Quentin. »Für dich werde ich
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