Shannara VII
Wandhalterungen anzumachen, die helleres Licht geliefert hätten, entzündete der Minister nur einige Kerzen auf dem breiten Schreibtisch. Er war groß und athletisch und hatte langes, offenes Silberhaar. Er war ein attraktiver Mann mit einer unwiderstehlichen Persönlichkeit, solange man ihn nicht besser kannte, und kannte man ihn erst richtig, wurde er zu jemandem, auf den man genauestens aufpassen musste. Die Ilse-Hexe war solchen Männern bereits zur Genüge begegnet. Manchmal schien die Welt von ihnen voll zu sein.
»Also dann«, sagte er, setzte sich ans eine Ende einer langen Couch und zog in aller Ruhe seinen Morgenmantel zurecht.
Sie blieb ein wenig auf Abstand zu ihm und behielt ihren Mantel an, unter dessen Kapuze ihr Gesicht im Schatten verborgen lag. Er hatte ihr Gesicht bei verschiedenen Gelegenheiten zu sehen bekommen, weil es einfach notwendig gewesen war, doch hatte sie es sorgsam vermieden, ihn in seinen offensichtlichen Absichten zu ermutigen. Gewiss behandelte sie ihn nicht wie ihre anderen Spione, denn er erachtete sich als ihr gleichgestellt, und sein Stolz und sein Ehrgeiz würden nichts Geringeres zulassen. Sie könnte ihn leicht in Knechtschaft stürzen, allerdings wäre er dann nicht mehr nützlich für sie. Aus diesem Grund musste sie ihm seine Stärke lassen, denn sonst konnte er in der politischen Arena der Föderation nicht überleben.
»Haben die Luftschiffe, die ich Euch schickte, ihren Zweck nicht erfüllt?«, erkundigte er sich und runzelte leicht die Stirn.
»Sie taten, was sie konnten«, erwiderte sie neutral. Sorgfältig wählte sie ihre Worte. »Aber mein Widersacher ist klug und mächtig. Man kann ihn nicht leicht überraschen, und so geschah es auch diesmal. Er entkam.«
»Unglücklicherweise.«
»Nur ein vorübergehender Rückschlag. Ich werde ihn erneut finden, und dann werde ich ihn vernichten. In der Zwischenzeit brauche ich Eure Hilfe.«
»Dabei, ihn zu finden, oder dabei ihn zu vernichten?«
»Weder noch. Vielmehr bei seiner Verfolgung. Er benutzt ein Luftschiff mit Kapitän und Mannschaft. Ich brauche ebenfalls eins, wenn ich ihn einholen will.«
Sen Dunsidan betrachtete sie nachdenklich. Im Kopf ging er die Angelegenheit bereits durch, das konnte sie sehen. Rasch hatte er begriffen, dass mehr an der Sache war, als sie preisgab. Wenn sie jemanden jagte, bestand dafür ein Grund. Er kannte sie gut genug und wusste, sie würde ihre Zeit nicht für eine solche Jagd verschwenden, falls sie ihr Opfer einfach nur töten wollte. Demnach musste da noch etwas sein, das für sie äußerst wichtig war. Und jetzt versuchte er herauszufinden, welche Vorteile er daraus ziehen könnte.
Sie entschloss sich, keine Spielchen mit ihm zu treiben. »Ich will Euch ganz offen sagen, welches Interesse ich an dieser Angelegenheit habe«, erklärte sie. »Es geht nicht nur darum, meinen Widersacher zu vernichten. Wir jagen beide dem gleichen Preis hinterher, Minister. Dieser Preis besitzt einen großen Wert und ist außergewöhnlich selten. Er würde uns, Euch und mir, von Nutzen sein, wenn er uns in die Hände fiele. Meine Bitte an Euch, mich bei dieser Unternehmung zu unterstützen, beinhaltet natürlich, dass ich jeglichen Gewinn, den ich daraus ziehe, mit Euch zu teilen gedenke.«
Der große Mann nickte. »Wie Ihr es bisher stets so großzügig gehandhabt habt, Dunkle Dame.« Er lächelte. »Worin besteht der Preis?«
Sie zögerte absichtlich, als würde sie mit sich ringen, ob sie es ihm verraten sollte oder nicht. Er musste denken, die Entscheidung falle ihr schwer. »Eine Form von Magie«, gestand sie schließlich. »Eine höchst einzigartige Magie. Wenn ich sie in meinen Besitz bringen könnte, würde ich viel mächtiger werden, als ich es jetzt bin. Und wenn ich sie mit Euch teile, werdet Ihr der mächtigste Mann in der Regierung der Föderation.« Sie hielt kurz inne. »Würde Euch das gefallen?«
»Oh, ich weiß nicht«, antwortete er und lachte leise. »Solche Macht wäre für einen einfachen Kerl wie mich vielleicht zu viel.« Er legte eine kurze Pause ein. »Habe ich Euer Wort, dass ich bei Eurer Rückkehr an dieser Magie teilhaben werde?«
»Das verspreche ich Euch hoch und heilig, Minister.«
Er verneigte sich leicht. »Mehr darf ich nicht verlangen.« Schon vor langer Zeit hatte sie ihn davon überzeugt, dass sie ihr Wort hielt, sobald sie es einmal gegeben hatte. Selbst wenn sie es bräche, würde ihn der Verrat nicht viel kosten, und diese Tatsache stützte seine
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