Shannara VII
daraus ableitete. Kinson hörte träge zu und warf hin und wieder einen Blick auf Mareth, die ebenfalls lauschte. Er fragte sich, was sie wohl bei dem Gedanken an die Vernichtung der Druiden von Paranor empfand. Er fragte sich, ob ihr bewußt war, wie dramatisch sich ihre Rolle innerhalb der kleinen Gruppe geändert hatte. Sie hatte kaum ein Wort gesagt, seit sie aus dem Tal von Shale herausgekommen waren, und hatte sich während des Gesprächs zwischen Bremen, Risca und Tay abseits gehalten, hatte zugehört und beobachtet. Nicht viel anders als er selbst, dachte Kinson. Denn wie er war auch sie eine Außenseiterin und suchte noch immer ihren Platz. Sie war noch keine Druidin wie die anderen, hatte sich noch nicht bewiesen, war noch nicht als gleichwertig akzeptiert. Kinson beobachtete sie, versuchte, den Grad ihrer Widerstandsfähigkeit, ihrer Unverwüstlichkeit abzuschätzen. Für das, was vor ihnen lag, würde sie beides brauchen.
Später, als sie schlief, Tay ausgestreckt neben ihr lag und Bremen Wache hielt, rollte Kinson sich aus der Decke und ging zu dem alten Mann. Bremen sagte nichts, sondern spähte weiter ins Dunkel. Kinson setzte sich hin und zog sich die Decke um die Schultern. Die Nacht war warm, sie entsprach jetzt weit eher der Jahreszeit als noch vor kurzem. Die Luft war erfüllt vom Duft von Frühlingsblumen, von neuen Blättern und Gras. Eine leichte Brise wehte aus den Bergen, so daß die Zweige und Äste leise raschelten und die Wasseroberfläche sich in sanften Wellen kräuselte. Die beiden Männer saßen eine Zeitlang schweigend nebeneinander, lauschten den nächtlichen Geräuschen und waren in ihre eigenen Gedanken versunken.
»Du nimmst ein großes Risiko auf dich, wenn du zurückkehrst«, sagte Kinson schließlich.
»Ein notwendiges Risiko«, ergänzte Bremen.
»Du bist sicher, daß Paranor gefallen ist, nicht wahr?«
Bremen schwieg einen Augenblick, dann nickte er.
»Dann wird es für dich noch gefährlicher werden«, drängte Kinson weiter. »Brona jagt dich bereits. Er weiß wahrscheinlich, daß du auf Paranor gewesen bist. Er wird erwarten, daß du zurückkehrst.«
Der alte Mann wandte dem jüngeren Gefährten langsam sein Gesicht zu, faltig und von Wind und Wetter gegerbt, ausgemergelt von lebenslangen Kämpfen und Enttäuschungen. »Ich weiß das alles, Kinson. Und du weißt, daß ich es weiß, also warum müssen wir darüber sprechen?«
»Damit du dich daran erinnerst«, erklärte der Grenzländer unbeirrt. »Damit du doppelt so vorsichtig bist. Visionen können zu einer Falle werden. Ich traue ihnen nicht. Du solltest es auch nicht tun. Nicht vollständig.«
»Du meinst die Vision von Paranor, nehme ich an?«
Kinson nickte. »In der die Festung gefallen ist und die Druiden alle tot sind. Soweit ist alles schön deutlich. Aber das Gefühl von etwas Lauerndem - das ist der gefährliche Punkt. Wenn dort etwas lauert, dann wird es nicht in einer Form erscheinen, die du kennst.«
Bremen zuckte die Achseln. »Wahrscheinlich nicht. Aber es spielt keine Rolle. Ich muß mich vergewissern, ob Paranor wirklich verloren ist - unabhängig von der Kraft meiner eigenen Vermutungen -, und ich muß das Eilt Druin an mich bringen. Das Medaillon ist ein wichtiger Bestandteil des Talismans, den wir bitter benötigen, um den Dämonenlord zu zerstören. Die Vision war eindeutig, was das anging, Kinson. Ich muß ein Schwert schmieden und mit einer Magie versehen, der Brona nicht widerstehen kann. Das Eilt Druin ist der einzige Teil des Prozesses, den ich gesehen habe - das Bild des Medaillons war nur zu deutlich sichtbar auf dem Griff des Schwertes. Damit müssen wir beginnen. Ich muß das Medaillon beschaffen und dann entscheiden, wie es weitergeht.«
Kinson sah ihn einen Augenblick schweigend an. »Du hast bereits einen Plan, nicht wahr?«
»Den Anfang eines Plans.« Der alte Mann lächelte. »Du kennst mich zu gut, mein Freund.«
»Ich kenne dich gut genug, um hin und wieder vorhersagen zu können, was du denkst oder tust.« Kinson seufzte und schaute über den Fluß. »Nicht, daß mir das in meinen Bemühungen helfen würde, dich davon zu überzeugen, besser auf dich aufzupassen.«
»Oh, da wäre ich nicht so sicher.«
Ach ja? dachte Kinson müde. Aber er stellte Bremens Aussage nicht in Frage, sondern hoffte wider besseres Wissen, daß der alte Mann wenigstens hin und wieder auf ihn hörte, besonders dann, wenn er ihm mehr Vorsicht einschärfte. Es war seltsam, daß Bremen, der jetzt
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