Shannara VII
nicht nötig. Tay war ein Druide und wußte es selbst.
Wie Gespenster schlichen sie die Treppe hinauf, lauschten in die Stille hinein und warteten auf ein verräterisches Geräusch. Sie erreichten den oberen Absatz und schauten auf den dunklen Flur vor sich. Hier lagen noch mehr tote Wachen. Tay war erstaunt. Es hatte nicht den geringsten Lärm gegeben! Wie konnten diese Männer, diese geübten Elfenjäger, sterben, ohne vorher Alarm zu schlagen?
Der Flur am Ende der Treppe verzweigte sich in zwei Richtungen, er bohrte sich in die Dunkelheit und wand sich in die Flügel, wo die königliche Familie in ihren Räumen schlief. Jerle blickte Tay mit hellen und ernsten Augen an; mit einer raschen Handbewegung forderte er ihn auf, nach rechts zu gehen, während er sich nach links wandte. Tay schaute seinem Freund nach. Einer Moorkatze ähnlich duckte er sich, dann bog er schnell nach links.
Tay ging weiter, ballte die Hände zu Fäusten. Dicht sammelte sich die herbeigerufene Magie in der Innenfläche seiner Hände und wartete darauf, freigelassen zu werden. Furcht mischte sich mit Schrecken. Jetzt hörte man auch Geräusche, leise Stimmen, Schluchzen und Schreie, die beinahe so schnell verhallten, wie sie gekommen waren. Tay rannte darauf zu. Schatten bewegten sich in dem Gang vor ihm, als er um die Ecke in den hinteren Flügel bog. Klingen blitzten auf, und Gestalten sprangen auf ihn zu. Gnome. Er schob jeden weiteren Gedanken beiseite und reagierte nur noch. Seine rechte Hand fuhr nach oben und öffnete sich, so daß die Magie gegen seine Angreifer explodierte und sie nach oben warf. Sie krachten mit einer solchen Wucht gegen die Wand, daß er ihre Knochen bersten hörte. Dann ging er zwischen ihnen hindurch, als wären sie nicht vorhanden, schritt an offenen Türschwellen vorbei, auf denen Elfenleichen lagen - Mütter, Väter und Kinder - und blieb vor den Türen stehen, die noch geschlossen waren und hinter denen es vielleicht noch Hoffnung gab.
Eine neue Welle von Angreifern brach aus einem Versteck hervor, als er vorbeieilte; sie stürzten sich auf ihn und zwangen ihn zu Boden. Tödliche, scharfkantige Waffen wurden erhoben und sausten auf ihn hinab. Aber er war ein Druide, und seine Verteidigung war bereit. Die Klingen prallten von ihm ab, als träfen sie auf einen Panzer, und er packte die drahtigen Körper und schleuderte sie zur Seite. Auch ohne Magie war er stark, aber gegen beides hatten die Gnome überhaupt keine Chance. Beinahe sofort war er wieder auf den Beinen. In einem tödlichen Bogen schwang er das Feuer über sich und zerriß die wenigen, die noch standen. Neue Schreie wurden laut, und von Entsetzen gepackt ging er weiter. Er wußte, was geschehen war. Es war ein tödlicher Angriff auf die gesamte königliche Elfenfamilie. Er wußte sofort, daß es dieselbe Gruppe von Gnomenjägern war, der er unterhalb des Tals von Streleheim begegnet war. Und es war ihm klar, daß sie weder Kundschafter noch Räuber waren, sondern Attentäter, und daß auch der Schädelträger irgendwo sein mußte, der sie angeführt hatte.
Er streifte eine Tür nach der anderen und sah nichts als abgeschlachtete Ballindarrochs, große und kleine, im Schlaf oder unmittelbar nach dem Aufwachen niedergemetzelt. Waren sie erst einmal an der Elfengarde vorbeigekommen, hatte die Gnome nichts mehr von ihrer tödlichen Mission abhalten können. Tay fluchte. Sie mußten Magie benutzt haben. Ohne Magie hätten die Attentäter nicht hineingelangen können, ohne daß Alarm ausgelöst worden wäre. Er kochte vor Wut. Durch eine andere Tür sah er, wie Gnome gerade versuchten, einen Mann und eine Frau zu töten, die sie gegen die Schlafzimmerwand getrieben hatten. Tay schleuderte seine Magie auf die Angreifer und verbrannte sie bei lebendigem Leib. Schreie erhoben sich jetzt wie zur Antwort; nun endlich wurde der Alarm gegeben, den er sich erwünscht hätte. Er kam allerdings nicht aus seinem Flügel, sondern von dort, wo Jerle Shannara inzwischen sicherlich ebenfalls kämpfte.
Er ließ den Mann und die Frau gegen die Wand gesackt zurück und eilte weiter. Für sie kam jede Hilfe zu spät. Jetzt blieben nur noch wenige Türen übrig. Plötzlich begriff er voller Verzweiflung, daß hinter einer von ihnen Courtann Ballindarroch schlief.
Hastig hielt er auf diesen Raum zu, mittlerweile ohne allzu große Hoffnung, überhaupt noch jemanden retten zu können. Vorher kam er jedoch an zwei Türen zu beiden Seiten des Flurs vorbei. Die linke war
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