Shannara VII
Zeit für ihn, König zu werden. Der Dämonenlord würde schnell seine Vorteile daraus ziehen.
Es war niederschmetternd, wie gewaltig und verworren das Dilemma war. Die Elfen wußten, wer für diesen Angriff verantwortlich war. Der Schädelträger war deutlich sichtbar gewesen, bevor er hatte vernichtet werden können, und auch die Gnomenjäger hatte man erkannt. Sie alle hatten dem Dämonenlord gedient. Aber Brona war gesichtslos und in den Vier Ländern allgegenwärtig, eine Macht ohne Zentrum, eine Legende, die auf einem Mythos gründete, und niemand wußte, wie er zu entlarven war. Er war da, und er war es auch wieder nicht. Er existierte, aber in welcher Gestalt? Wie sollten sie gegen ihn vorgehen? Seit die Druiden von Paranor vernichtet worden waren, gab es niemanden mehr, der ihnen sagen konnte, was sie tun sollten, der ihnen einen Rat geben konnte und den sie genug achteten, um auf ihn zu hören. Nur zweimal hatte der Dämonenlord kurz zugeschlagen, und schon hatte er das Gleichgewicht der Mächte in den Vier Ländern zerstört und die stärkste Rasse zur Untätigkeit verdammt.
»Wir können nicht einfach hier herumsitzen«, bemerkte Jerle treffend, als hätte er Tays Gedanken gelesen.
Tay nickte. Er dachte daran, daß ihnen die Zeit davonlief, daß plötzlich all das in Gefahr war, was Bremen von ihm erwartete. Er starrte in den Regen. Ein grauer Schleier hüllte die Welt auf der anderen Seite des Fensters in einen trüben Dunst. Noch vor kurzem war alles so selbstverständlich gewesen, und jetzt war nichts mehr sicher.
»Wenn wir schon nichts mehr für die Zwerge tun können, müssen wir wenigstens für uns selbst sorgen«, sagte er ruhig. Seine Augen hielten Jerles Blick fest. »Wir müssen nach dem Schwarzen Elfenstein suchen.«
Sein Freund sah ihn einen Augenblick lang forschend an, dann nickte er. »Das können wir auch, nicht wahr? Courtann hat bereits seine Zustimmung gegeben.« Ein Hauch von Aufregung blitzte in den blauen Augen. »Wir werden beschäftigt sein, während wir hier ohnehin nur abwarten könnten, wie sich die Dinge entwickeln. Und wenn wir den Stein gefunden haben, besitzen wir eine Waffe gegen den Dämonenlord.«
»Zumindest enthalten wir ihm etwas vor, das er gegen uns verwenden könnte.« Tay dachte an Bremens Warnung vor der Macht des Schwarzen Elfensteins. Er richtete sich auf und schüttelte seine Niedergeschlagenheit ab. Er hatte wieder ein Ziel, das es zu verfolgen galt.
»Sehr gut, mein Freund«, bemerkte Jerle schelmisch. »So mag ich dich schon viel lieber.«
Tay stand auf, er war jetzt voller Eifer. »Wann können wir aufbrechen?«
Ein Lächeln spielte um Jerles Mund. »Wann bist du marschbereit?«
Kapitel 11
Bei Anbruch des nächsten Tages machten Jerle, Tay und die wenigen, die sie mitnehmen wollten, sich auf den Weg. Leise verließen sie die Stadt, zu einer Zeit, da die Bewohner noch dabei waren aufzuwachen. Sie waren nur fünfzehn, und so war es nicht allzu schwer, ungesehen zu verschwinden. Tay und Jerle hatten die anderen Mitglieder der kleinen Gesellschaft erst am Abend vor ihrem Aufbruch benachrichtigt. Dies aber nicht etwa aus Hinterlist, sondern einfach nur aus Vorsicht. Je weniger von ihrer Absicht wußten oder sie hatten aufbrechen sehen, desto weniger konnten auch darüber Auskunft geben. Auch das, was beiläufig in Unterhaltungen gesagt wurde, konnte in falsche Ohren dringen. Der Hohe Rat wußte von ihren Plänen. Alyten würde es später erfahren; er war immer noch nicht von seinem Jagdausflug zurück. Aber das genügte. Selbst die direkten Familien der Beteiligten wußten nicht, wohin sie gingen oder was sie vorhatten. Nach allem, was mit den Ballindarrochs geschehen war, wollte niemand mehr ein unnötiges Risiko eingehen.
Sie ließen eine beunruhigende Situation zurück. Ballindarroch schwebte in Lebensgefahr; es war immer noch nicht klar, ob er sich wieder erholen würde. Während seiner Abwesenheit würde der Hohe Rat die Staatsgeschäfte leiten, wie das Elfenrecht es vorschrieb; in Wirklichkeit jedoch würde er sehr wenig tun, solange das Schicksal des Königs nicht entschieden war. Als einzig überlebender Sohn würde Alyten an Stelle seines Vaters regieren, aber bis eine formelle Krönung notwendig werden würde, könnte er lediglich als Regent fungieren. Das Leben würde weitergehen, die Staatsgeschäfte jedoch beinahe zum Erliegen kommen. Die Armee würde wachsam sein; die Kommandanten wußten, was zu tun war, um die Stadt mit ihren
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