Shannara VIII
Körper mit diesen Maschinen und pumpten Flüssigkeiten hin und her. Überall waren Kabel an seiner Haut befestigt. Er konnte nicht mit den Augen sehen, denn diese waren mit einer Binde verdeckt. Stattdessen sah er mit seinem inneren Auge, seinen Druidensinnen, die aus einem tiefen, gelähmten Schlaf erwachten. Das alles empfand er wie einen Traum, nur war der Dschungel der Traum gewesen, und mit ihm die Ruinen und die Kriecher und die Feuerstrahlen, alles, was er für Wirklichkeit gehalten hatte.
Damit kehrte auch die Erinnerung zurück. Er wusste, was sich ereignet hatte, was ihm angetan worden war. Aus einem von Drogen hervorgerufenen Schlaf voller Albträume kehrte er in die Realität zurück und verstand das alles jetzt, nachdem ihn diese junge Frau neben ihm durch ihre Stimme und ihre Berührung geweckt hatte. Sie allein hatte ihn erreicht, was sonst niemandem gelungen war. Als er nach der Vergiftung auf Shatterstone im Sterben gelegen hatte, war sie es ebenfalls gewesen, die ihn mit ihren empathischen Heilfähigkeiten rettete, und dadurch war ein festes Band zwischen ihnen geschmiedet worden. Es hielt sie auf unvorhergesehene Weise zusammen, indem Leben für Tod und Heilung für Leiden getauscht wurde. Daher hatte sie gespürt, was er brauchte, als er selbst dazu nicht in der Lage gewesen war, und sie hatte seinen unterbewussten Ruf nach Hilfe gehört und war zu ihm gekommen.
Vorsichtig bewegte sie sich, ihre Finger strichen wie Samt über sein Gesicht, ihre Wärme breitete sich wohltuend in seinem Körper aus. Sie rief seinen Namen, leise und wiederholt, versuchte, zu ihm vorzudringen und ihn aus seinem Gefängnis zu befreien.
Dann legte sie ihre Hand auf die seine, und er hob die Finger und drückte sie gegen ihre Handfläche. Ahren bekam die Bewegung nicht mit, da sein Blick auf dem Gesicht des Druiden ruhte. Aber er bemerkte, wie Ryer Ord Star plötzlich sehr still wurde, wie ihr Körper reglos verharrte. Sie hörte sogar auf, weiter über Walkers Gesicht zu streichen. Er wartete, ob sie etwas sagen oder sich wieder rühren oder mit irgendeinem Zeichen preisgeben würde, was passiert war. Doch die Seherin war wie zur Steinsäule erstarrt.
»Ryer?«, flüsterte er.
Sie reagierte nicht. Sie lag lediglich da und schmiegte sich an den Druiden, als sei sie mit ihm verschmolzen, dabei hielt sie die Augen geschlossen und verlangsamte den Atem so sehr, dass er für Ahren kaum mehr wahrzunehmen war. Er wollte sie berühren, hatte jedoch Angst davor. Irgendetwas hatte sich ereignet, und worum es sich auch handelte, Ryer gab sicherlich ihr Bestes. Auf keinen Fall durfte er sie jetzt stören. Er musste abwarten und sich in Geduld üben.
Die Minuten zogen endlos und still dahin. Einmal beugte er sich über sie und versuchte herauszufinden, was vor sich ging, allerdings ohne Erfolg. Danach trat er einen Schritt zurück, als würde er aus einer gewissen Entfernung besser sehen. Nichts half. Er betrachtete die Reihen von Lichtern und Schaltern um sich herum und fragte sich, ob die Antwort vielleicht dort liege. Falls dem so war, würde er sie nicht finden. Durch das dunkle Glas schaute er hinaus in den riesigen Saal dahinter zu den sich drehenden Scheiben. Metallene Wärter bewegten sich in den hell erleuchteten Gängen zwischen den eigenartigen Schränken und arbeiteten fleißig und emsig. Niemand blickte in seine Richtung oder schien zu bemerken, was in diesem Raum vor sich ging. Er lauschte auf eine Veränderung in den Geräuschen der Maschinen, konnte aber keine heraushören. Alles war so wie bei ihrer Ankunft.
Trotzdem wusste er, dass das nicht stimmte.
Sicherlich waren er oder Ryer Ord Star nicht entdeckt worden. Der Dunst des Phönixsteins hüllte sie beide noch immer ein und verbarg sie. Falls die Magie versagt hätte, müsste es längst ein Anzeichen dafür gegeben haben. Wäre Ryers Anwesenheit beim Druiden bemerkt worden, wäre Alarm ertönt, oder ein Licht hätte aufgeleuchtet. Ahren verschränkte die Arme vor der Brust, weil ihm kalt wurde, weil ihm langweilig war und weil er Angst hatte. Was konnte er tun? Was sollte er tun? Er musste der Magie vertrauen; mehr blieb ihm nicht. Er musste auf sie vertrauen und auf seinen Vorsatz, etwas zu unternehmen, vor dem er eigentlich zurückschreckte; denn die Seherin hatte ihm eingeschärft, dass Nichtstun gleichbedeutend mit Selbstaufgabe war.
Dabei war es nicht einmal sein Vorsatz, wurde ihm bewusst. Es war ihrer. Sie hatte Walker finden wollen, hatte darauf
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