Shannara VIII
überreden, dein Freund zu werden? Hast du es womöglich schon versucht?«
Der Kopf in der Kapuze beugte sich vor, und Bek hörte den unangenehm rasselnden Atem des Gestaltwandlers. »Jetzt werde mal langsam erwachsen, Junge. Das ist kein Spiel, bei dem man wieder von vorn anfangen kann, wenn man eine Runde verloren hat. Wenn du sie nicht tötest, wird sie dich umbringen. Kein Argument und keine Wahrheit werden daran etwas ändern. Ihr ganzes Leben hat sie mit Lügen und Halbwahrheiten verbracht, mit Täuschungen und Betrügereien. Überleg doch nur einmal, warum wir jetzt hier sind. Ihre einzige Absicht liegt darin, Walker zu töten. Wenn sie nicht schon längst Erfolg dabei hatte, wird sie ihr Glück auf jeden Fall bald versuchen. Wenn der Druide mich auch manchmal nervt und mir in meinem Leben viel Unglück gebracht hat, werde ich ihn ihr doch nicht einfach überlassen.«
Er streckte beide Hände aus und packte Bek. »Sie ist nicht mehr deine Schwester! Sie ist ein Werkzeug des Morgawrs! Sie ist ihre eigene dunkle Schöpfung, die so todbringend ist wie die Ungeheuer, die sie erschafft, diese Wesen aus einem Albtraum! Sie selbst ist ein Ungeheuer!«
Bek wurde still und starrte in die dunkle Leere der Kapuze. Es gab keinen Zweifel, was geschehen würde, wenn Truls Rohk seine Schwester fand. Der Gestaltwandler würde keinen Gedanken an andere Möglichkeiten verschwenden. Falls Bek ihm seine schlechte Meinung nicht sofort ausredete, würde Truls Rohk sie töten - oder selbst bei dem Versuch sterben.
Die Hände schlossen sich fester um seinen Arm. »Pass gut auf, was du sagst, Junge. Zwischen uns beiden bestehen riesige Unterschiede, und das weißt du sehr gut.«
Bek holte tief Atem. »Nein, davon weiß ich nichts. Für mich bist du genauso wie sie. Ihr beide versteckt, wer ihr in Wirklichkeit seid. Sie verbirgt sich hinter Lug und Trug, du hinter deinem Mantel und deiner Kapuze. Wie viel weiß man schon über dich oder über sie? Wie vieles, das niemand je sieht, bleibt im Dunkeln? Warum verdient sie den Tod und du das Leben?«
Truls Rohk hob ihn so mühelos wie ein Kind von den Füßen, und seine Wut hing spürbar im Schweigen zwischen ihnen. Einen Moment lang war sich Bek sicher, der Gestaltwandler würde ihn in den Boden rammen.
»Zeig mir dein Gesicht, wenn ich dir glauben soll«, sagte er.
»Ich habe dich gewarnt«, zischte der andere. »Ich habe dir gesagt, du sollst dieses Thema nie wieder ansprechen. Und nun warne ich dich zum letzten Mal.« Er hielt Bek wie eine Stoffpuppe. »Genug. Wir müssen los. Den Schrei, mit dem du deine Stimme zurückgeholt hast, konnte man noch in zwei Meilen Entfernung hören.«
»Zeig mir dein Gesicht. Eher brechen wir nicht auf.«
Der Gestaltwandler schüttelte ihn so heftig, dass Bek seine Gelenke knacken hörte. »Du würdest es nicht ertragen können!«
Bek schluckte und versteifte sich. »Wenn du kein Ungeheuer bist und wenn du nichts zu verbergen hast, zeig mir dein Gesicht.«
Truls Rohk knurrte wütend. »Mein Gesicht stellt nicht dar, wer ich wirklich bin!«
Er hob Bek noch höher in die Luft, über seinen Kopf, als wolle er ihn fortschleudern. Der Gestaltwandler besaß solche Kraft, solche Stärke! Der Junge schloss die Augen und hing in einem schwarzen Loch, lauschte auf seinen Herzschlag.
Dann wurde er langsam wieder auf dem Boden abgesetzt. Die Hände ließen ihn los. Er schlug die Augen auf, und Truls Rohk ragte schwarz und unüberwindlich vor ihm auf. Um sie herum hatte sich im Wald eine bedrückte Stille breit gemacht, als würden sich die Bäume als unfreiwillige Zeugen des Schauspiels fühlen.
»Wenn du mich siehst, wenn du mich wirklich siehst, wird das alles zwischen uns ändern«, sagte Truls Rohk.
Er wirkte fast verzweifelt, so sehr bemühte er sich, die Meinung des Jungen zu ändern. Offensichtlich diente es eher der Absicht, ihre Beziehung als Beschützer und Schutzbedürftiger zu erhalten. Dahinter verbarg sich die Angst, ihre Freundschaft würde, ganz gleich, welche Ebene sie inzwischen erreicht hatte, an dieser Herausforderung zerbrechen. Bek begriff das sehr wohl, und trotzdem konnte er nicht zurück, nicht, wenn er Grianne retten wollte.
»Frag nicht noch einmal danach«, warnte Truls Rohk.
Bek schüttelte den Kopf. »Zeig mir dein Gesicht.«
»Also gut, Junge! Du willst wissen, wie ich aussehe, was ich immer vor allen verstecke? Dann schau es dir an! Schau dir an, was für ein Wesen meine Eltern erschaffen haben! Schau dir an, was ich
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