Shannara VIII
als würde er bei ihm die Kraft finden, die er brauchte. Vielleicht sucht er noch immer nach der Antwort auf die Frage, was ihnen allen zugestoßen ist, dachte Walker. Oder er will nur wissen, ob es das, was sie ertragen haben, wert war. Einen Moment später hatten sie durch die Tür den größeren Raum betreten und verschwanden aus seiner Sicht. Er hörte sie noch eine Weile, das Weinen der Seherin und die Schritte im Schutt. Dann ließen sich nur mehr die Geräusche der Maschinen vernehmen, die nicht aufhörten, weiter zu funktionieren, während Rauch durch die Luft trieb und aus Drähten Funken sprühten. Es war, als würde das Leben langsam aus Castledown heraustropfen.
Die Zeit verlangsamte sich.
Walker spürte, wie er dahindriftete. Bald würde sie kommen. Die Ilse-Hexe, seine Erzfeindin, seine größte Niederlage - am Ende hatte sie ihn erwischt. Innerlich stellte er sich auf diese Begegnung ein.
Wenn sie einträfe, wäre er bereit für sie.
Die Ilse-Hexe fand den Weg zu der Energiequelle durch ihre Magie, indem sie zunächst den Auslöser des Alarms lokalisierte und schließlich Walkers Spuren folgte, auf die sie bald stieß. Die Wärme und die Bilder der Bewegungen, welche er hinterlassen hatte, überlappten sich mit denen von Ryer Ord Star und einem Elfen. Sie alle waren vor nicht allzu langer Zeit hier entlanggekommen, aber sie konnte nicht sagen, ob gemeinsam oder einzeln. Die Seherin hier unten vorzufinden überraschte sie, aber weder ihre Anwesenheit noch die des Elfen änderte etwas an der Situation. Der Druide war es, mit dem sie sich befassen musste, die anderen beiden waren nur kleine Ärgernisse.
Es stimmte, sie hatte die Suche nach dem Druiden zugunsten der Magie, hinter der sie beide her waren, aufgegeben, und dennoch konnte sie seine Gegenwart nicht ignorieren. Er befand sich irgendwo genau vor ihr, und vielleicht war er bereits in den Besitz der Bücher gelangt. Das musste sie herausfinden. Ihre frühere Entscheidung, sich ganz auf die Bücher zu konzentrieren, hatte sie nicht vergessen, doch an jeder Wegbiegung hielt sie nach ihrem Erzfeind Ausschau. Wahrscheinlich würde sie ihre beiden Ziele nicht voneinander trennen können.
Unterwegs hörte sie den Kampflärm und verlangsamte automatisch den Schritt, da sie nicht in eine Situation geraten wollte, auf die sie nicht vorbereitet war. Schließlich wusste sie noch immer nicht genau, was für ein Wesen hier unten überhaupt lebte, obwohl sie ziemlich sicher war, dass es aus der Alten Welt stammte. Es musste intelligent und gefährlich sein, wenn es so viele Jahre überlebt hatte, und sie würde ihm lieber aus dem Weg gehen. Den Geräuschen zufolge war es momentan genug beschäftigt. Die Gänge wanden sich hierhin und dorthin, und bald bemerkte sie, dass der Lärm viel weiter getragen wurde, als sie gedacht hatte. Als sie die Quelle des Lärms endlich erreichte, war er fast schon verstummt, bis auf ein leises Summen und Knistern. Der Alarm hatte aufgehört, und die Fallen, welche die Gänge bewacht hatten, öffneten sich. Immer noch spürte sie eine Präsenz tief in den Mauern, doch sie wurde kleiner und löste sich rasch auf. Rauchwolken wälzten sich ihr entgegen und lockten sie zu einer Stelle, wo der Gang in die Ruine eines Saales mündete, in der zwei riesige, von Explosionen aufgerissene Zylinder standen. Überall befand sich Schrott von Kriechern, Maschinen, deren Zweck sie nicht kannte, lagen zerstört am Boden, und aus ihren abgerissenen Kabeln und Drähten sprühten Funken. Dieser Raum war riesig, und als sie eintrat, herrschte Stille wie in einer Festung, die zu einem Grab geworden war.
Sofort spürte sie den Druiden. Er saß zusammengesunken an einer Wand und starrte sie an. Seine schwarze, blutüberströmte Robe bedeckte ihn wie ein zerfetztes Leichenhemd. Sein Körper war verbrannt und schwer verwundet. Das eine Bein war fast vollständig abgerissen. Die Haut war an den Stellen, wo sie nicht mit Brandblasen übersät war, bleich wie Kreide.
Vor Überraschung über diesen Anblick verspürte sie nicht einmal Genugtuung. Wenn sie überhaupt etwas fühlte, dann Enttäuschung. Ihr ganzes Leben hatte sie auf diesen Augenblick gewartet, und jetzt, da er gekommen war, ähnelte er nicht im Mindesten dem, was sie sich vorgestellt hatte. Sie selbst hatte den Druiden vernichten wollen. Jemand hatte sie um dieses Vergnügen betrogen.
Sie ging bis auf ein paar Meter an ihn heran und blieb stehen. Noch immer sagte sie kein Wort, doch
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