Shannara VIII
Eisenringe gezogen, die knapp über der Wasserlinie in die Heckhörner geschraubt waren.
»Wir können jede Hand gebrauchen!«, rief der Schiffsbauer zum Großen Roten nach oben, während er eine Schlinge im Seil mit hörbarem Grunzen packte.
Redden Alt Mer stieg die Leiter hinunter und gesellte sich zu den anderen, die gerade das Seil fassten und sich gegen das Gewicht des Luftschiffs stemmten. Obwohl sie die Felsen aus dem Weg geräumt und die Jerle Shannara aufgerichtet hatten, damit die Pontons gleichmäßig auf den Rollen standen, bewegte sich das Schiff kaum von der Stelle. Am Ende nahm der Große Rote drei Mann mit zum Bug und begann, es hin und her zu schaukeln. Nach einigen Mühen und mithilfe eines Schwalls unfreundlicher Beschimpfungen rührte es sich endlich. Nachdem es erst zu rollen begonnen hatte, musste alles sehr rasch gehen. Die Männer zogen gleichmäßig am Seil und trugen die Rollen von hinten nach vorn, und die Jerle Shannara polterte rückwärts den Hang hinauf, bis sie ungefähr drei Dutzend Meter außerhalb des offenen Geländes unter Bäumen und Dickicht verschwunden war.
Nachdem der Flaschenzug entfernt und das Seil ausgehakt war, befahl Redden Alt Mer Kelson Riat und dem großen Kerl namens Rucker Bont, einige Büsche abzuschneiden und damit das Deck zu tarnen. Es dauerte nicht lange, dann war der Kapitän mit der Erscheinung seines Schiffes zufrieden. Da alle Segel eingeholt waren und das Deck größtenteils abgedeckt war, würde die Jerle Shannara aus der Luft wie ein Teil der Landschaft aussehen, wie ein Hügel aus Fels und Gebüsch oder ein Haufen totes Holz und Reisig.
»Gute Arbeit, Schwarzbart«, lobte er Spanner Frew »Und jetzt kümmere dich um das Loch in der Seite, während ich mich im Tal auf die Suche nach den Kristallen mache.«
Der große Mann nickte. »Ich gebe dir Bont und Tian Cross mit.« Er fasste den Arm des Kapitäns und drückte ihn. »Die Kleine Rote und ich sind diesmal nicht dabei, um auf dich aufzupassen. Also gib auf dich Acht.«
Redden Alt Mer grinste ihn bübisch an und tätschelte die große, knorrige Pranke seines Schiffsbauers. »Aber immer doch.«
In einer Reihe stiegen sie den Abhang hinunter, der Große Rote ging voran und suchte den günstigsten Weg. Der Abstieg war weder besonders lang noch besonders steil, dennoch konnte jeder Fehltritt in einem hässlichen Sturz enden, und daher ließen sich die drei Männer Zeit. Sie sicherten sich mit Seilen, wenn es tatsächlich einmal richtig steil wurde; dort, wo der Hang breiter war und es ausreichend Halt in dem zerklüfteten Fels gab, passte jeder auf sich selbst auf. Inzwischen war es später Nachmittag geworden, und das Licht schwand, da die Sonne sich hinter Wolken und Dunst versteckte. Der Große Rote schätzte, sie würden noch drei Stunden suchen können, ehe es zu dunkel wurde. Das war nicht so viel Zeit, wie er sich gewünscht hätte, aber man konnte nicht immer alles haben. Sie mussten das Beste aus der Situation machen. Wenn ihnen heute die Zeit knapp wurde, mussten sie es morgen erneut versuchen.
Der Abstieg kostete sie fast eine Stunde, und zwischen den Bäumen unten war es viel dunkler. Der Baldachin aus Ästen und Ranken war dicht und ließ kaum Licht zum Dschungelboden durch. Aus diesem Grund war das Unterholz nicht so undurchdringlich, wie der Große Rote es erwartet hatte, und sie kamen verhältnismäßig leicht voran. Wie sie bald feststellten, befanden sie sich in einem Regenwald, und die Temperatur auf der Talsohle war wesentlich höher als oben auf dem Berg. Die feuchte, dampfige Luft roch nach Erde und Pflanzen. Das Leben gedieh in Hülle und Fülle. Überall wuchsen Farne, manche groß und breit, andere winzig und zart. Die meisten waren grün, dazwischen gab es auch milchweiße und rostrote. Ihre kleinen Schösslinge öffneten sich wie die Finger eines Säuglings und reckten sich zum Licht. Schnecken krochen über den Boden und hinterließen feuchtglänzende und klebrige Spuren. Bunte Schmetterlinge flatterten von Ort zu Ort, und Vögel schossen so schnell unter dem grünen Baldachin hin und her, dass ihnen das Auge kaum folgen konnte. Hin und wieder hörten sie deren Gesang, ein Durcheinander von Liedern, die von überall gleichzeitig zu kommen schienen.
Es herrschte eine eigentümliche, unbehagliche Atmosphäre, und die Veränderungen zum Berg oben spürten sie sofort. Das Rauschen des Windes hatte aufgehört. Über der Landschaft lag eine Ruhe, die nur
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