Shannara VIII
ließen sie in ihrem Kopf widerhallen, als Verheißung dessen, was ihrer Ansicht nach durchaus eintreten konnte.
Sie suchten Trost in der Tatsache, dass sie sich gegenseitig beschützen würden, weil das eigentlich der beste Trost ist, den man finden kann, und so fielen sie beide in tiefen Schlaf.
Die Dämmerung zeigte einen bedeckten und grauen Himmel, die farblosen Wolken verhießen neuen Schnee. Die Temperatur war auf den Gefrierpunkt gesunken, es war bitterkalt. Beim Frühstück wechselten sie nur wenige Worte, um sich gegenseitig Mut zu machen. Die Zuversicht der gestrigen Nacht hatte sich wie Nebel im Sonnenschein verflüchtigt. Um sie herum erstreckten sich in einer endlosen Abfolge von Gipfeln und Tälern die Berge. Abgesehen vom Licht im Osten sah der Horizont in allen Richtungen gleich aus.
»Am besten ziehen wir gleich weiter«, murmelte Quentin, stand auf und schlang sich das Schwert auf den Rücken.
Bek erhob sich ebenfalls und hängte sich das Schwert von Shannara über die Schulter. Inzwischen beachtete er den Talisman kaum mehr; der schien seinen Zweck auf dieser Reise erfüllt zu haben und war mittlerweile eher zur Bürde geworden. Dann blickte Bek unsicher zu Grianne, über die er vermutlich dasselbe sagen könnte - gedacht hatte er es wenigstens schon häufiger.
Da sie bis zum nächsten Sturm so weit wie möglich vorankommen und vor allem nicht wieder im offenen Gelände überrascht werden wollten, schlugen sie einen schnellen Schritt an. Der gefrorene Boden knirschte unter den Stiefeln wie alte Knochen, hinter ihnen blieben die Abdrücke ihrer Schuhe in Gras und Erde zurück. Wenn ihre Verfolger ihnen auf der Spur wären, hätten sie keine Schwierigkeiten, die Fährte zu lesen. Bek dachte über diese Möglichkeit nach und verdrängte den Gedanken dann. Die Gestaltwandler hatten ihm versprochen, sie würden verhindern, dass er, Quentin und Grianne weiter von den Mwellrets gejagt wurden. Zwar wusste er nicht, ob ihr Schutz bis hierher reichte, doch war er erschöpft und verzweifelt und brauchte zumindest eine Sache, an die er glauben konnte.
So trotteten sie den ganzen Vormittag auf Pfaden entlang, die sich durch die Täler schlängelten. Der Horizont blieb stets unverändert. In der Kälte dieses riesigen Gebirges schien es zudem so gut wie kein Leben zu geben. Einmal sahen sie in der Ferne einen Vogel vorbeifliegen. Dann hörten sie im schattigen Wald weiter unten den Schrei irgendeines Tieres. Ansonsten herrschte Stille, tiefe, undurchdringliche Stille.
Die Zeit schleppte sich dahin, starb langsam wie eine abbrennende Kerze, und erneut verließ Bek der Mut. Er fragte sich, ob das alles überhaupt Sinn hatte, ob es einen Zweck hatte weiterzugehen. Sicherlich begriff er, dass sie auf diese Weise wenigstens ein Ziel verfolgten und sich durch die Bewegung am Leben hielten. Aber die Unermesslichkeit dieses Gebirges und die beängstigende Einsamkeit riefen die Gewissheit hervor, dass sie das Unabänderliche doch nur hinausschoben. Aus diesen Bergen würden sie niemals einen Weg herausfinden. Auch auf die verschollene Besatzung der Jerle Shannara würden sie niemals stoßen. Stattdessen saßen sie in einer albtraumhaften Welt fest, die für sie am Ende nur Enttäuschung und Scheitern bereithielt.
Er überlegte gerade, wie viel Zeit ihnen wohl bliebe, als am Himmel im Norden ein dunkler Fleck auftauchte, winzig und weit entfernt. Rasch wurde er größer und bewegte sich schnell auf sie zu, wobei er eine wohl bekannte Erscheinung annahm. Während Bek begriff, wer da auf sie zukam, verschwand die Hoffnungslosigkeit, die ihn Augenblicke zuvor fast überwältigt hätte, so rasch wie alte Asche, wenn im Feuer neue Flammen auflodern.
Zu dem Zeitpunkt, da Hunter Predd auf Obsidian knapp über ihre Köpfe hinwegflog und den dünnen Arm zum Gruße hob, war Bek bereit einzugestehen, dass es, obwohl er Quentin gegenüber etwas anderes behauptet hatte, im Leben doch noch die eine oder andere Überraschung gab.
Kapitel 49
Fast eine Woche lang kreuzten der Morgawr und seine Mwellrets an Bord der geenterten Schwarzen Moclips in den Küsten- und Gebirgsregionen von Parkasia und suchten nach der Jerle Shannara und den Überresten ihrer Besatzung. Ihre Bemühungen wurden durch das Wetter stark behindert, das sich ausgesprochen launenhaft zeigte und ohne Vorwarnung zwischen Sonne und Regen wechselte, was nicht gerade ideale Flugbedingungen schuf. Während des schlimmsten Sturms mussten sie
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