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Shannara VIII

Titel: Shannara VIII Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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umschloss ihn eine dunkle Flut, und die Welt um ihn herum verschwand.

Kapitel 52
    Es war dunkel, als Bek schließlich von unten auf das Deck der Jerle Shannara stieg, zum Bug schlenderte und in den Nachthimmel schaute. Der Mond stand als dünne Sichel direkt über dem Berg, hatte gerade erst wieder angefangen zuzunehmen und war in der Unermesslichkeit des Firmaments nur eine kleine Erscheinung. Sterne funkelten vor dem indigofarbenen Hintergrund wie weiße Sandkörner auf schwarzem Samt. Bek hatte gehört, in der Alten Welt seien die Menschen zu diesen Sternen gereist, in Schiffen, die durch den Himmel fliegen konnten, so wie ihre eigenen durch das Wasser der Blauen Spalte fuhren. Das erschien ihm unmöglich. Allerdings galt das für die meisten Wunder, bis jemand sie vollbracht hatte.
     Kaum einige Momente hatte er dort so gestanden, da tauchte Rue Meridian neben ihm auf, und zwar so leise, dass er sie nicht hörte und erst bemerkte, als sie seine Hand ergriff.
     »Hast du geschlafen?«, erkundigte sie sich.
     Er schüttelte den Kopf. Schlaf kam gar nicht in Frage.
     »Wie geht es ihm?«
     Über die Antwort dachte er einen Augenblick lang nach und starrte zu den Sternen hinauf. »Er krallt sich mit den Fingernägeln fest und rutscht trotzdem langsam ab.«
     Es war ihnen gelungen, Quentin Leah lebend aus dem Crake nach oben zu bringen, jedoch nur knapp. Mit Beks Hilfe war er noch hundert Meter getaumelt, ehe er zusammengebrochen war. Zu dem Zeitpunkt hatte er schon so viel Blut verloren, dass sie beim Tragen fast keinen Halt mehr an seiner Kleidung fanden. Rue Meridian kannte sich aus ihrer Zeit bei der Föderation mit der Behandlung von Wunden ein wenig aus, und nachdem sie die verletzten Arterien mit einer Klemme abgedrückt hatte, nähte sie alles zusammen und verband die Verletzungen, so gut sie konnte. Die äußerlichen Wunden stellten dabei keine große Schwierigkeit dar, auch nicht das Richten der gebrochenen Knochen. Bei den inneren Verletzungen mangelte es ihr jedoch an Erfahrung, und so konnte sie Quentin nicht die Behandlung angedeihen lassen, die er eigentlich gebraucht hätte. Daher musste die Heilung aus ihm selbst heraus geschehen, und jeder an Bord wusste, wie schlecht die Chancen dafür standen. Das Beste wäre gewesen, ihn zu einem Heiler in den Vier Ländern zu bringen oder hier einen Heiler zu finden. Das Erstere war unmöglich. So viel Zeit blieb ihnen einfach nicht. Was das Letztere betraf, konnten sie Hilfe lediglich bei den Rindge finden. Panax war zu ihnen gegangen, um herauszufinden, was sie tun konnten, doch kehrte er mit leeren Händen zurück. Wenn ein Rindge in diesem Zustand war, war sein Volk genauso aufgeschmissen wie die Besatzung der Jerle Shannara in Quentins Fall.
     »Ist er allein?«, fragte Rue.
     Bek schüttelte den Kopf. »Panax hält Wache bei ihm.«
     »Warum schläfst du nicht ein paar Stunden? Du kannst im Augenblick nichts für ihn tun.«
     »Ich kann bei ihm sein. Ich kann für ihn da sein. Gleich gehe ich wieder nach unten.«
     »Panax wird schon auf ihn aufpassen.«
     »Panax ist aber nicht derjenige, auf den es ihm ankommt.«
     Darauf erwiderte sie nichts. Sie stand lediglich neben ihm, leistete ihm Gesellschaft und betrachtete die Sterne. Der Crake lag da wie ein tiefer schwarzer See in einer Mulde zwischen Bergen, still und verschwommen. Bek sah einen Augenblick lang hinunter und erschauerte, denn die schrecklichen Erinnerungen an den Nachmittag waren immer noch präsent und spulten sich unaufhörlich in seinem Kopf ab. Er konnte sie einfach nicht abstreifen, nicht einmal hier, wo er sich in Sicherheit befand.
     »Du bist erschöpft«, sagte sie schließlich.
     Er nickte zustimmend.
     »Dann musst du schlafen, Bek.«
     »Ich habe sein Schwert unten gelassen.« Er zeigte in Richtung Tal.
     »Was?«
     »Sein Schwert. Ich war so sehr damit beschäftigt, ihn fortzubringen, dass ich es vollkommen vergessen habe. Ich habe es einfach liegen lassen.«
     Sie nickte. »Es wird schon nicht verschwinden. Wir können morgen hinunter, wenn es hell ist.«
     »Ich hole es«, beharrte er. »Schließlich habe ich es liegen lassen. Es ist meine Schuld.«
     Er stellte sich vor, wie es auf der Erde neben dem toten Graak lag und wie das glatte Metall mit Blut und Dreck überzogen war. War es gebrochen unter dem Gewicht des Ungeheuers, das sich darüber gewälzt hatte, so zerschmettert wie Quentin? Bek hatte es nicht mehr gesehen, er hatte auch nicht danach gesucht.

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