Shannara VIII
war. Er betrachtete die dunkle Silhouette eines Luftschiffs, das direkt über sie hinwegflog, dann wendete und zurückkam. Es trieb über die Ruinen hinweg wie eine Sturmwolke.
»Das ist die Schwarze Moclips«, flüsterte ihm Rue ins Ohr und drückte sich an ihn. Ihre Worte wirkten in der Stille kaum lauter als ein Wispern in der Luft.
Er nickte, ohne etwas zu antworten, und wartete, bis sich das Schiff weit genug entfernt hatte und es wieder sicher war zu sprechen. »Er weiß, wo wir sind.«
»Vielleicht auch nicht.«
»Er weiß es. Wenn nicht, wäre er inzwischen längst weitergeflogen. Er hat die ganze Insel abgesucht und uns nicht gefunden, aber er weiß, dass wir hier sind. Irgendwie kann er das spüren. Morgen wird er die Ruinen durchsuchen.«
Sie hielten sich schon den ganzen Tag hier versteckt, seit Redden Alt Mer die Jerle Shannara ins Innere der Burgmauern gebracht hatte. Damit ließen sie sich auf ein gewagtes Spiel ein, von dem der Kapitän jedoch glaubte, es würde aufgehen. Wenn der Geist, der in der Ruine lebte, sie in Ruhe gelassen hatte, als sie nach dem Schlüssel gesucht hatten, würde er ihnen jetzt wahrscheinlich auch nichts tun, selbst wenn sie die Jerle Shannara in einem der zahlreichen Höfe landeten. Solange sie nicht versuchten, etwas mitzunehmen, würde er ihre Anwesenheit vermutlich tolerieren, bis sie den Morgawr getäuscht hatten.
Die Zeit würde ausreichen, diesen Plan in die Tat umzusetzen, ehe der Zauberer einträfe, und so hatten sie es gemacht. Sie hatten die Jerle Shannara in die Ruine geflogen und sie in einem besonders schattigen Bereich zwischen Türmen und Mauern gelandet. Nachdem sie geankert hatten, bauten sie Masten mitsamt Takelage und Segeln ab und räumten das Deck leer. Anschließend tarnten sie das Schiff mit Steinen und Erde und Gras, bis man es aus der Luft von einem Rock aus nicht mehr erkennen konnte.
Alt Mer wusste, welches Risiko sie eingingen. Ohne die abgebauten Masten konnten sie nicht abheben, falls sie doch entdeckt wurden. Dann säßen sie in der Falle und würden höchstwahrscheinlich umgebracht oder gefangen genommen. Aber der Fahrende setzte noch auf etwas anderes. Als sie auf dem Weg nach Parkasia die Ruine durchstöbert hatten, benutzte der Geist der Burg seine Magie, um sie zu vertreiben. Bei jedem Streifzug hatte er Sackgassen und Irrwege entstehen lassen, so dass man nie ans gewünschte Ziel kam. Wenn diese Magie immer noch funktionierte, würde sie vielleicht auch gegen den Morgawr und seine Rets arbeiten. Sobald die dann eindrangen, würden sie in die Irre geführt und niemals über die Außenmauern hinauskommen.
Mit ein bisschen Glück brauchte dieser Fall gar nicht einzutreten. Denn mit ein bisschen Glück beschloss der Morgawr nach gründlichem Absuchen der Insel, dass ihm die Verfolgten wieder entkommen waren. Es gab schließlich keinen Grund, die Ruinen am Boden zu durchforsten, wenn aus der Luft nichts zu erkennen war.
Bek hingegen ahnte, dass es so leicht nicht werden würde. Ihre Tarnung war perfekt, doch dem Morgawr verriet der Instinkt, dass sie auf der Insel waren. Dieser Instinkt würde ihm einflüstern, dass er etwas übersah, und der Zauberer würde nicht lange brauchen, bis er darauf gestoßen war. Sie konnten sich nur in den Ruinen verstecken, würde er dann folgern. Morgen würde er die verfallene Burg durchsuchen. Möglicherweise entdeckte er nichts, doch wenn, saßen die Reisenden der Jerle Shannara in der Falle.
Während Rue sich weiterhin an ihn schmiegte, lehnte er sich an den kühlen Stein der alten Mauer. Die Schwarze Moclips war nicht zurückgekehrt, der Himmel war wieder hell und offen, und Mond und Sterne schienen auf sie herab. Die anderen befanden sich an Bord der Jerle Shannara, mit der strikten Anweisung von Redden Alt Mer, sich auf keinen Fall herauszuwagen. Bek war die einzige Ausnahme, weil er sehen musste, was draußen los war, wenn sie angegriffen wurden, und außerdem konnte sich Bek am besten vor dem geisterhaften Bewohner der Burg verbergen, sollte dieser sich zeigen. Rue begleitete ihn nur aus dem Grund, weil sie ihm überallhin folgte, wo er hinging. Seit dem frühen Morgen hielten sie sich hier im Schatten versteckt. Nun war es Zeit, sich ins Schiff zu begeben und ein wenig zu schlafen.
Bek konnte jedoch nicht einschlafen, weil seine Gedanken von einem Problem zum nächsten wanderten, von einer Sorge zur anderen, und alles bündelte sich in der gefährlichen Situation, der
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