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Shannara VIII

Titel: Shannara VIII Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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mehr glaubte, sie müsse für das von ihr begangene Unrecht gerade stehen. Doch wenn sie zu viel darüber nachdachte, wenn sie ihrer Vergangenheit zu großen Einfluss auf die Gegenwart einräumte, wurde sie handlungsunfähig. Viele Jahre hatte sie nur durch ihre Willensstärke und ihre strenge Selbstbeherrschung überlebt. Sie hatte ihre Gefühle versteckt. Gestern Nacht hatte sie festgestellt, dass sie diese Schutzmauer nicht so schnell abreißen konnte. Sie war seine Schwester, dennoch konnte sie die Ilse-Hexe nicht loslassen.
     So balancierte sie am Abgrund des Wahnsinns auf einem schmalen Grat zwischen der realen Welt und dem Versteck, dem sie gerade erst entflohen war.
     »Wir müssen beratschlagen, was wir tun, wenn er in die Ruine kommt und uns findet«, sagte Bek leise.
     »Er ist nur ein Mann«, sagte Rue. »Niemand von den anderen verfügt über Magie, um sich zu beschützen. Die Rets kann man also umbringen. Ich habe selbst schon welche getötet.«
     Bei diesen Worten klang sie sehr grimmig, und Bek sah sie an, obwohl er eigentlich nicht wollte. Doch angesichts ihrer Miene konnte er sich nicht überwinden, etwas zu erwidern.
     Grianne hatte damit kein Problem. »Was du sagst, stimmt, nur ist der Morgawr mächtiger als ihr alle zusammen. Er ist kein Mann, er ist nicht einmal ein Mensch. Er ist ein Geschöpf, das sich seit tausend Jahren durch den Gebrauch finsterer Magie am Leben erhält. Er kennt hundert verschiedene Arten zu töten.«
     »Die hat er dir sämtlich beigebracht, möchte ich wetten«, sagte Rue, ohne Grianne anzuschauen.
     Diese Äußerung verfehlte bei Grianne anscheinend die Wirkung, doch Bek zuckte zusammen. »Wie können wir uns wehren?«, fragte er und versuchte den Streit zu vermeiden, der sich anbahnte.
     »Ihr könnt gar nichts tun«, antwortete seine Schwester. Jetzt wandte sie sich beiden zu. »Das ist nicht euer Kampf. Rue hatte Recht, als sie mich fragte, was ich gegen den Morgawr zu unternehmen gedenke. Das ist meine Angelegenheit. Ich bin es, die sich ihm stellen muss.«
     »Das kannst du nicht«, entgegnete Bek sofort. »Nicht allein.«
     »Allein geht es am besten. Jede Ablenkung schmälert meine Siegeschancen. Jeder, auf den ich aufpassen muss, stellt eine mögliche Ablenkung dar, und daraus wird er seinen Vorteil ziehen. Allein kann ich mich auf das Notwendige konzentrieren. Der Morgawr ist mächtig, aber ich bin ihm gewachsen. Ich konnte ihm immer das Wasser reichen.«
     Bek schüttelte verärgert den Kopf. »Früher einmal vielleicht. Da warst du die Ilse-Hexe.«
     »Ich bin immer noch die Ilse-Hexe, Bek.« Sie lächelte ihn traurig an. »Du willst das nur nicht so sehen.«
     »Sie hat Recht«, mischte sich Rue ein, ehe er etwas einwenden konnte. »Sie hat ihre Magie auf dem Wetzstein des Morgawrs geschliffen. Deshalb weiß sie, wie sie gegen ihn vorzugehen hat.«
     »Aber ich verfüge über die gleiche Magie!«, zischelte Bek wütend und versuchte, die Stimme gesenkt zu halten. »Was ist mit Ahren Elessedil? Er besitzt die Macht der Elfensteine. Sollten wir nicht unsere Magie zusammen einsetzen? Wenn du dem Morgawr allein gegenübertrittst, wird das nicht so wirkungsvoll sein. Warum bist du in dieser Sache so stur?«
     »Bek, im Umgang mit dem Wunschlied bist du noch unerfahren. Das Gleiche gilt für Ahren und die Elfensteine. Der Morgawr würde euch beide umbringen, ehe ihr einen Weg finden könntet, euch zu wehren.«
     Sie stellte sich neben Rue Meridian, ein wohlerwogener Schritt, dessen Bedeutung er nicht missverstehen konnte, und wandte sich ihm wieder zu. »Alles, was mir zugestoßen ist, geschah auf Veranlassung des Morgawrs. Alles, was ich verloren habe, verlor ich seinetwegen. Meine Untaten beging ich seinetwegen. Ich traf Entscheidungen, doch er beeinflusste die Umstände, unter denen ich mich entschied. Ich will mich nicht herausreden, aber ich habe ein Anrecht auf Wiedergutmachung für das, was mir angetan wurde. Niemand kann mir die geben. Die muss ich mir holen. Ich muss sie einfordern. Und das kann ich nur, indem ich mich ihm stelle.«
     Bek war aufgebracht. »Du musst überhaupt nichts beweisen!«
     »Nein, Bek?«
     Er verstummte, weil er begriff, dass er seine Position nicht halten konnte und dass seine Schwester nicht nachgeben würde. Sie musste vielleicht ihm nichts beweisen, doch einer Menge anderer Leute schon. Und vor allem sich selbst.
     »Ich werde nicht wieder ich selbst sein, bevor ich diese Sache nicht ausgetragen habe«,

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