Shannara VIII
hatte sie nicht eine Sekunde lang geglaubt, sie könne irgendwann auf seine Hilfe oder die eines anderen angewiesen sein. Diese ruhigen grauen Augen und die leise Stimme wirkten eisern und unerschütterlich. Falls Tamis in eine Situation geriet, aus der sie gerettet werden musste, würde sie das selbst übernehmen.
Panax setzte sich mit gekreuzten Beinen in eine Ecke, zog ein Stück Holz von irgendwo hervor und nahm sein Schnitzmesser zur Hand. Gemächlich und sorgfältig schnitzte er vor sich hin, die Holzspäne rollten sich auf und fielen auf die Steine, und sein zotteliger Bart hing über seiner Handarbeit.
»Tut es dir Leid, dass du auf diese Reise mitgekommen bist, Hochländer?«, fragte er, ohne aufzuschauen.
Quentin überließ es den Elfenjägern, weiter Wache zu halten, und setzte sich zu ihm. »Nein.« Er überlegte kurz. »Ich wünschte nur, ich hätte Bek nicht unbedingt bei mir haben wollen. Wenn ihm irgendetwas zugestoßen ist, werde ich mir das niemals verzeihen können.«
Panax grunzte. »Über Bek würde ich mir an deiner Stelle keine Sorgen machen. Du hast Tamis gehört. Ich schätze, ihm geht es besser als uns. Dieser Junge hat etwas an sich. Etwas, das über die Magie hinausgeht, die Tamis bei ihm beobachtet hat. Walker hat ihn für eine ganz besondere Aufgabe ausgesucht. Deshalb hat er euch beide zu Truls Rohk geschickt - und aus diesem Grund hat sich Truls Rohk auch überreden lassen mitzukommen. Dem ist das ebenfalls aufgefallen. Und vergessen wird er es inzwischen kaum haben. Das solltest du nicht aus den Augen verlieren. Der Gestaltwandler ist irgendwo dort draußen, Hochländer - merk dir meine Worte. Ich werde dir nicht erzählen, dass ich ihn spüren kann. Das wäre töricht. Aber ich kenne ihn, und er ist da. Vielleicht sogar bei Bek.«
Quentin dachte über diese Möglichkeit nach. Nur weil niemand - jedenfalls niemand, den er kannte - Truls Rohk gesehen hatte, hieß das nicht, dass er nicht da war. Möglicherweise begleitete er tatsächlich Bek. Das ergab durchaus Sinn, falls Walker ihn mitgenommen hatte, um für Beks Sicherheit zu sorgen. Erneut dachte er über die geheimnisvolle Vergangenheit seines Vetters und seine jüngst entdeckte Magie nach, von deren Vorhandensein Quentin nichts geahnt hatte. Möglicherweise war Bek wirklich besser dran als die Übrigen von ihnen.
»Was ist mit dir, Panax?«, fragte er den Zwerg.
Das Schnitzmesser bewegte sich unablässig weiter und führte glatte, mühelose Schnitte aus. »Was soll mit mir sein?«
»Tut es dir Leid, dass du mitgekommen bist?«
Der Zwerg lachte. »Dann müsste mir der größte Teil meines Lebens Leid tun!« Er schüttelte vergnügt den Kopf. »Solange ich mich erinnern kann, Hochländer, führe ich ein Leben wie dieses, das mich von einem Notfall zum nächsten, von einer Expedition in die nächste stürzt. Obwohl ich viel Zeit allein dort oben in den Bergen verbringe, habe ich mehr Orte besucht und mein Leben häufiger in Gefahr gebracht, als mir lieb ist.« Er zuckte mit den Schultern. »Wenn man im Wolfsktaag wohnt, lebt man sowieso immer am Abgrund.«
»Also wusste Walker ganz genau, was er tat, als er uns zu dir schickte? Er wusste, du würdest mitkommen?«
»Das würde ich sagen.« Der Zwerg sah ihn mit seinen dunklen Augen an, dann wandte er sich wieder seiner Arbeit zu. »Er wollte uns beide, Truls Rohk und mich. Genauso wie dich und Bek. Er mag eingespielte Gespanne, Menschen, die schon lange Gefährten und Freunde sind und dem Urteil des anderen vertrauen. Schließlich weiß er um die Risiken, auf die man sich einlässt, wenn man eine solche Reise unternimmt. Fremde wachsen irgendwann zusammen, doch in der Regel nicht so schnell und nie so eng. Freunde und Verwandte erweisen sich in dieser Hinsicht als vorteilhaft.«
Quentin rückte das Stirnband, das sein langes Haar bändigte, zurecht. »Immer schön vorausdenken, wie es sich für Druiden gehört.«
Der Zwerg grunzte. »Weiter voraus, als du und ich und die meisten anderen es könnten. Deshalb ist er noch immer am Leben, glaube ich.« Er hielt mit dem Schnitzen inne und sah auf. »Deshalb, glaube ich, werden wir ihn früher oder später finden.«
Quentin war sich dessen nicht so sicher, behielt das jedoch für sich. Mittlerweile schaute er nicht mehr so optimistisch in die Welt wie zu Beginn der Reise. Bek würde sich über ihn wundern.
Keine zehn Minuten später kehrte Tamis zurück. Niemand bemerkte sie, bis sie fast mitten unter ihnen stand und sich
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