Shannara VIII
konnte der Mensch die List durchschauen. Das durfte auf keinen Fall geschehen.
Für den Augenblick verließ Antrax ihn und fuhr durch die meilenlangen Leitungen, die sich entlang von Gängen und Kammern erstreckten, überprüfte seine Sensoren und machte eine rasche Bestandsaufnahme der Umgebung. Niemand hatte die Grenzen verletzt. Kein weiterer Eindringling hatte versucht einzutreten. Zufrieden schaltete er sich in den Raum zurück, in dem der spezielle Wronk konstruiert wurde.
Die Sache ging wie erwartet voran. Chirurgische Geräte setzten den Wronk mit ihrer gewohnten Perfektion und Umsicht zusammen. Die Einzelteile lagen auf Rolltischen ausgebreitet, die Metallteile waren sterilisiert und verpackt, die Teile aus Fleisch und Knochen an Lebenserhaltungssysteme angeschlossen, welche künstliche Körperflüssigkeiten beständig durch Arterien und Venen pumpten. Der Vorgang, in dem Fleisch und Metall und Kunststoffe miteinander verschmolzen wurden, hatte bereits begonnen, eine Technik, die in den letzten Tagen der Alten Welt entwickelt und seither von Antrax durch Studien und Experimente zur Perfektion geführt worden war. Lange Zeit hatte es Fehlschläge gegeben; die ersten Wronks hatte der Wahnsinn befallen und sie unbrauchbar gemacht. Schließlich hatte Antrax jedoch eine Möglichkeit entdeckt, den Verstand der Wronks ausreichend zu kontrollieren, sodass Geisteskrankheit weniger häufig vorkam. Am Ende wurden die Wronks durch Maschinenschäden meist unbrauchbar, aber auch die kamen zunehmend seltener vor und waren immer weniger schwerwiegend. Hin und wieder konnten die Schäden repariert und die Wronks wieder in Dienst gestellt werden. Die chirurgischen Geräte erledigten ihre Arbeit sehr effizient.
Durch die Bilder, die ihm seine Sensoren lieferten, betrachtete er das Gesicht des jüngsten Wronks, dessen Kopf in einer konservierenden Flüssigkeit schwamm. Die Augen starrten ihn an, bewegten sich hin und her, suchten nach einem Fluchtweg und begriffen nicht, dass der Körper, den man zum Fliehen brauchte, nicht mehr vorhanden war. Die Medizin, die durch Schläuche in die Kehle eingeführt wurde, hielt seinen Zustand stabil und ruhig. Der Mund stand offen, wie der eines Fisches, der frisst. Dieser Kopf befand sich in einem hervorragenden Zustand.
Rasch machte Antrax eine Bestandsaufnahme der noch nicht verwendeten Teile. Wenn dieser Wronk vollendet wäre, würde er der gefährlichste sein, den Antrax je gebaut hatte, zum großen Teil deshalb, weil der Mensch, aus dem er zusammengesetzt wurde, einer exzellenten Spezies mit überlegenen Fähigkeiten entstammte. Um die anderen Elemente der Energie zu beherrschen und die Menschen zu besiegen, welche damit umgehen konnten, musste dies sein. Mit der Technologie der Alten Welt konnte man alles vollbringen. Antrax hätte damit eine neue Energiequelle in der Hand, die schon bald für ihn arbeiten würde.
Sollten die Menschen davonrennen, so schnell und so weit sie konnten, dachte er. Am Ende würde es nichts ändern. Castledown und seine Katakomben waren ihm anvertraut worden, sie zu beschützen und zu bewahren, aber auch die Welt draußen, sogar jener Teil von ihr, der für ihn noch eine Terra incognita darstellte, befand sich innerhalb seiner Reichweite. Die Schöpfer hatten Antrax eine Direktive gegeben, und es gab keine Restriktionen, was die Methoden zu ihrer Umsetzung betraf. Wenn die Energie, die Antrax brauchte, an einem fernen Ort vorhanden war, würde er einen Weg finden, sie zu sich zu holen. Und wenn dazu Menschenleben eingesetzt werden mussten, dann ließ sich daran nichts ändern.
Man hatte Antrax so programmiert, dass er glaubte, nichts sei so wichtig wie sein Überleben. Nichts, das sich inzwischen ereignet hatte, änderte etwas an diesem Glauben.
Kapitel 11
Eine Hand packte Bek grob an der Schulter und rüttelte ihn eindringlich wach. »Aufstehen!«, zischte ihm Truls Rohk ins Ohr. »Sie hat uns entdeckt!«
Bek fragte nicht, wen der Gestaltwandler damit meinte. Natürlich die Ilse-Hexe. Seine Schwester. Seine Feindin. Er sprang auf, noch halb im Schlaf. Er blinzelte, um einen klaren Kopf zu bekommen. Damit hatte er nur teilweise Erfolg. Dabei spürte er die Hand seines Begleiters, die ihn stützte und jetzt weniger dringlich und fast sanft wirkte. »Wie nah ist sie?«, brachte Bek hervor.
»Nah genug, damit sie dich niesen hören kann«, antwortete Truls Rohk im Flüsterton und deutete hinter sich in die Dunkelheit.
Es war immer noch Nacht, der
Weitere Kostenlose Bücher