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Shannara VIII

Titel: Shannara VIII Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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Himmel wirkte wie ein Deckengemälde aus Sternen, vor dem dünne Wolkenstreifen dahinzogen. Die Mondsichel stand am Nordhorizont. Der Wald um sie herum hüllte sich in undurchdringliches Schwarz. Die Ilse-Hexe verfolgte sie auch in der Dunkelheit, erkannte Bek. Wieso konnte sie das? Besaß sie die Fähigkeit, Spuren von Körperwärme und Energie selbst in der Nacht zu sehen? Vermutlich traf das zu. Es gab wenig, das sie nicht mit Hilfe ihrer Magie, dem Wunschlied, tun konnte. Bei Sonnenuntergang war er eingeschlafen und hatte dabei das sichere Gefühl gehabt, sie auf der Wiese abgehängt zu haben, damit sie wenigstens eine Nacht lang schlafen durften. So viel zum Thema sichere Gefühle.
    »Wie hat sie uns so schnell gefunden?«, flüsterte er, holte einige Male tief Atem und zitterte, als plötzlich eine kühle Böe von den Bergen herabwehte.
    Truls Rohks Gesicht verbarg sich in den Schatten seiner Kapuze. »Glück, möchte ich annehmen. Sie sollte eigentlich keines mehr haben, nachdem wir sie abgeschüttelt haben, doch sie ist findig genug, es auf eigene Faust zu versuchen. Geh los.«
    Sie packten ihr weniges Gepäck zusammen, verließen ihr Lager und zogen erneut landeinwärts, parallel zum Gebirge. Keiner von beiden gab sich Mühe, ihre Spuren zu verwischen. Wenn die Ilse-Hexe sie hier aufgespürt hatte, würde sie keine Schwierigkeiten haben, die Stelle zu finden, an der sie übernachtet hatten. Bek fragte sich, ob sie durch Truls Rohks Instinkt oder durch seine Voraussicht gerettet worden waren. Wie dem auch sei, erneut spürte Bek seine Abhängigkeit von seinem Gefährten. Immerhin hatte er ein bisschen geschlafen. Wäre er allein vor seiner Schwester geflohen, hätte sie ihn längst eingeholt.
    Er schüttelte den Kopf. Was würde das für ihn bedeuten, sich in ihrer Hand zu befinden? Wenn es schließlich passierte, wenn sie die beiden am Ende einholte - und dessen war er sicher -, was würde geschehen?
    Sie schlichen einen steilen Hügel hinunter, erreichten eine Felsfläche und eilten auf einen Fluss zu. Sie wateten hinein, gingen gegen die Strömung aufwärts und durchquerten ihn zum anderen Ufer. Das Wasser war eisig kalt und floss schnell, und Bek musste sich darauf konzentrieren, nicht auszurutschen.
    »Entweder ist sie zufällig auf unsere richtige Spur gestoßen und verlässt sich weiterhin auf ihre Magie, oder sie hat einen Verbündeten gefunden, der Fährten lesen kann.« Der Gestaltwandler hielt die Stimme gesenkt, sprach düster und wütend, und man konnte ihn im Gurgeln des Wassers kaum verstehen. Sein verhüllter Körper schien durch die seichten Stellen zu gleiten, er bewegte sich sicher und bedächtig gegen die Strömung. »Das müssen wir herausfinden.«
    Ungefähr eine Meile zogen sie flussaufwärts, dann stiegen sie an einer felsigen Ebene ans Ufer und gingen eine Zeit lang ins Landesinnere. Am östlichen Horizont wurde der Himmel von einem Silberglühen erhellt, denn der Sonnenaufgang war nahe. Bek dachte unvermittelt an den Sonnenaufgang im Hochland von Leah, an die Jagden, die er mit Quentin im frühen Morgengrauen unternommen hatte, daran, wie ähnlich seine jetzige Lage war und wie sehr sie sich dennoch davon unterschied. Inzwischen war er wach, und seine Gedanken wühlten sich durch den Schutt seines Lebens. Er hatte keine Angst mehr, jedenfalls nicht in der Weise wie in der Ruinenstadt Castledown, wo die Feuerstrahlen und die Kriecher sie angegriffen hatten. Trotzdem fühlte er sich verlassen und isoliert. Sein ganzes früheres Leben hatte man ihm genommen - sein Heim, seine Familie, sein Land. Nichts blieb ihm, und je weiter er fortging, desto unwahrscheinlicher wurde es, dass er irgendetwas davon zurückbekommen würde.
    Es war, als würde er aus sich selbst heraustreten, als würde er seine Haut abstreifen.
    Er rückte das Schwert von Shannara auf seinem Rücken zurecht und suchte Trost in seiner festen, verlässlichen Gegenwart, doch auch das wollte ihm nicht gelingen.
    Truls Rohk führte ihn zurück zum Fluss und wieder ins kalte Wasser. Die Sonne war inzwischen aufgegangen, das silberne Licht verwandelte sich in ein goldenes Leuchten, der Himmel färbte sich langsam blau. Das Rauschen hüllte sie ein, und Bek richtete seine ganze Aufmerksamkeit darauf, nicht auszurutschen und immer weiterzugehen. Sie überquerten den Kanal ein zweites Mal und wateten im seichten Wasser gegen die Strömung. Wegen der Kälte wurden Beks Beine taub, und nach einiger Zeit spürte er seine Füße kaum

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