Shannara VIII
sternförmiger Spitze ausgerüstet, mit dem man sogar das Metall von Kriechern durchbohren konnte. Sie wurden wie Brecheisen benutzt, erklärte Obat auf Panax’ Frage hin. Die Spitzen rammte man in die Ritzen an den Gelenken der Metallrüstung und bog so lange, bis Letztere nachgab. Bei solchen Begegnungen waren die Rindge gewöhnlich in der Überzahl und deshalb im Vorteil. Die Kriecher, beschwor er ernsthaft, seien nicht unbesiegbar.
Man konnte viel lernen, wenn man die Rindge beobachtete. Zwar führten sie ein primitives Leben, doch wirkten ihre Krieger gut ausgebildet und diszipliniert. Sie kämpften in Einheiten, deren Größe von der jeweiligen Waffe abhing. Die vorderen Reihen setzten die schweren Speere ein, hinten verwendete man dagegen die Blasrohre und Wurfspeere.
Sogar unterwegs behielten sie die Schlachtordnung bei und teilten die Männer in kleine Gruppen ein, wobei Kundschafter vorn und hinten patrouillierten und die Speerträger die Seiten der Marschkolonne bewachten. Die Fremden, die in der Schlacht noch nicht erprobt waren, wurden in der Mitte geführt und befanden sich so ganz unter dem Schutz ihrer Gastgeber.
Quentin fiel auf, wie die Rindge während des Marschierens rotierten und sich auf Befehle von Obat hin ständig neu gruppierten. Ihre gebräunten Körper glänzten vor Öl und Schweiß. Niemand in der kleinen Gesellschaft dachte daran, diese Taktik in Frage zu stellen. Die Rindge lebten seit Hunderten von Jahren in dieser Gegend und schlugen sich mit den Lakaien von Antrax herum, sicher wussten sie, was sie taten und warum.
Nach einer Weile ließ sich Panax zurückfallen und ging neben Quentin, während die Elfen einige Schritte vorausliefen. Offensichtlich verfolgte er damit eine Absicht, also verlangsamte auch der Hochländer seinen Schritt.
»Die Rindge glauben, Antrax kontrolliere das Wetter«, berichtete der Zwerg ihm leise und hielt sowohl Kopf als auch Stimme gesenkt.
Quentin blickte ihn überrascht an. »Das ist doch unmöglich. Niemand kann das Wetter kontrollieren.«
»Ihrer Meinung nach kann Antrax das dennoch. Deshalb würde sich das Wetter in diesem Teil von Parkasia niemals ändern, anderswo dagegen schon. Obat sagt, er kenne die Gletscher und Eisfelder an der Küste. Im Landesinneren, weiter im Norden und im Westen, schneit es, auch auf der anderen Seite der Berge. Dort gibt es Jahreszeiten, hier dagegen nicht.«
Quentin schob sich das Schwert von Leah auf dem Rücken zurecht. »Walker hat irgendetwas zu Bek über das Wetter gesagt. Er meinte, es sei eigenartig. Vielleicht handele es sich um ein Zusammenspiel von Wind und geografischen Gegebenheiten, um eine Anomalie.« Er schüttelte den Kopf. »Oder vielleicht ist Antrax tatsächlich ein Gott.«
Der Zwerg grunzte. »Ein grausamer Gott, wenn man den Rindge glauben darf. Ohne erkennbaren Grund jagt er sie. Er benutzt sie als Futter, und dann entledigt er sich ihrer, wobei einige wichtige Teile fehlen. Ich frage mich andauernd, womit wir es wohl zu tun haben.«
»Und ich frage mich dauernd, wie viel Walker von all dem gewusst und für sich behalten hat«, erwiderte Quentin leise.
Panax nickte. »Truls würde sagen, Walker habe alles gewusst, denn Druiden haben nur das eine Ziel, etwas herauszufinden und dann ein Geheimnis daraus zu machen. Ich bin mir allerdings nicht so sicher. Vor drei Tagen sind wir mitten in diese Falle gelaufen, und der Druide wirkte genauso überrascht wie wir.«
Schweigend gingen sie durch die stille Mittagshitze und folgten einem ausgetretenen Pfad, der sie durch alten Laubwald führte, wo die Äste über ihnen einen dichten Baldachin bildeten, durch den sich das Licht nur in einzelnen Strahlen einen Weg bahnen konnte. Vögel flogen über ihre Köpfe hinweg und sangen fröhlich, Eichhörnchen und Feldmäuse huschten hin und her. Die Sonne wanderte gemächlich über einen wolkenlosen Himmel nach Westen, und die Luft duftete nach grünem Laub und trockener Erde.
Dann ließ sich auch Tamis zu ihnen zurückfallen. »Ich habe nachgedacht«, sagte sie leise. »Irgendetwas stimmt hier nicht.«
Die beiden starrten sie an. »Was meinst du damit?«, fragte Panax und blickte sich um, als könnte er die Antwort im Grün des Waldes entdecken.
Tamis sah von einem zum anderen. »Stell dir die Frage mal selbst. Warum sind die Rindge so hilfreich? Aus reiner Menschenfreundlichkeit? Aus einer Verpflichtung heraus, Fremden zu helfen, die aus fernen Ländern kommen? Aus Mitleid, weil wir unsere Freunde
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