SHANNICE STARR (German Edition)
sich keiner.
»Und nun zu dir, Täubchen …« Heart fletschte die Zähne. Sein Gesicht war nur wenige Zentimeter von dem Stellas entfernt. Urplötzlich löste er seinen Griff und schlug hart mit der Faust auf Stella ein. Ihr Wangenknochen krachte, und wie ein gefällter Baum stürzte sie um.
»Wer mich aufhalten will, fängt sich eine Kugel ein!«, schrie Strother Heart. Mit beiden Händen umfasste er seine Winchester.
Dann legte er auf Stella Winwood an!
Mitten im Ritt krümmte sich Shannice unter dem Stich, der ihr durch die Glieder fuhr.
Stella!, durchzuckte es sie. Das Gefühl, dass der jungen Mormonin etwas zugestoßen sein könnte, wurde übermächtig.
Shannice riss den Rappen herum und preschte zurück zur Siedlung. Vor dem Tor sprang sie aus dem Sattel, zog den Remington und trommelte lautstark mit einer Faust gegen die Holzflügel. Als sie zurückschwangen, hetzte die Cheyenne hindurch. Und im selben Augenblick donnerte ein Schuss!
Die Köpfe der beiden Männer, die das Tor aufgezogen hatten, ruckten herum, während Shannice der Richtung folgte, aus der der Schuss gekommen war. Wie besessen jagte sie über den Hof, folgte dem aufbrandenden Raunen und Schreien und erreichte den Gemeindesaal, der dem Nordflügel vorgelagert war.
Die Tür stand offen. Bereits auf dem Korridor tummelten sich mehrere Männer und Frauen, wohingegen der eigentliche Tumult im Saal noch in vollem Gange war. Unnachgiebig arbeitete sich Shannice mit gezogenem Colt durch die Menge der Gläubigen hindurch, stieß sie mit den Ellbogen zur Seite und bahnte sich einen Weg bis zur Kanzel.
Kurz vor dem Rednerpult blieb sie stehen und senkte den Revolver. Betroffen erblickte sie die reglos am Boden liegende Stella Winwood. Nicht weit von ihr entfernt stand Denford Castle, die rauchende Waffe noch in der Hand. Seine Augen wirkten glasig, als könne er selbst nicht begreifen, was geschehen war. Doch in seinem Blick lag auch ein Anflug sadistischer Genugtuung, die Shannice bei dem Mormonenführer nicht erwartet hätte und der sie in ihrer anfänglichen Meinung bestärkte, dass mit dem Mann etwas nicht stimmte.
Shannice spannte den Hahn ihres Remington und richtete den Revolver auf Castle. Es schien offensichtlich, dass er Stella niedergeschossen hatte.
»Was haben Sie getan?«, raunte Shannice gefährlich leise. Ihr Herz schlug heftig. Es war nicht die Zuneigung zu Stella, die sie in Aufregung versetzte, sondern der Umstand, dass eine harmlose, gottesfürchtige Frau gnadenlos über den Haufen geschossen worden war.
»Castle hat den Sheriff erschossen!«, rief jemand aus der Menge.
Verdutzt legte Shannice den Daumen auf den Abzugshahn.
»Der Sheriff ist tot?«, fragte sie und suchte die nähere Umgebung mit den Augen nach einer Leiche ab.
»Nur verletzt«, antwortete Denford Castle tonlos. »Er ist durch den rückwärtigen Teil des Saals verschwunden …«
Das kann nur wenige Sekunden her sein, dachte Shannice. Sie hatte das Donnern des Schusses noch vor dem Tor gehört. Keine halbe Minute darauf war sie bereits vor Ort gewesen. Er muss sich noch in der Siedlung befinden.
»Strother Heart hat sich wie ein Wahnsinniger gebärdet«, berichtete Castle. Seine Finger lockerten sich, und der Colt entglitt ihnen. »Ich musste etwas tun …«
»Seien Sie dankbar, dass Heart kein Massaker unter Ihnen angerichtet hat«, entgegnete Shannice. Denford Castle musste den Sheriff so schwer verletzt haben, dass dieser vorerst sein Heil in der Flucht gesucht hatte. Jetzt sah die Cheyenne auch die Blutspur, die sich von der Kanzel zur hinteren Ausgangstür zog. Jedoch hieß das nicht, dass keine Gefahr mehr bestand. So, wie sie Heart einschätzte, würde er bis zum letzten Blutstropfen durchhalten und lieber in einem aussichtslosen Kampf untergehen, als den Schwanz einzuziehen.
Shannice musterte Castle für einen Moment, doch er schien dieser Welt entrückt, stand einfach da und blickte starr in unergründliche Fernen. Sie ging hinüber zu Stella, bückte sich und fühlte ihren Puls.
»Ein Glück«, meinte sie erleichtert. »Sie lebt.«
»Sie ist ohnmächtig geworden von dem Faustschlag, den Heart ihr verpasst hat«, erklärte Denford Castle und fand langsam wieder zu sich selbst. »Aber es hat nicht viel gefehlt, und der Sheriff hätte sie erschossen.«
»Kümmern Sie sich um Stella«, wies Shannice den Mormonenführer an und streichelte Stellas Wange. Dann erhob sie sich. Ihr Blick traf auf von Unverständnis und Furcht
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