Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Shantaram

Shantaram

Titel: Shantaram Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory David Roberts
Vom Netzwerk:
ich.«
    »Als Karla mir aufgetragen hat, dich aus dem Palace zu retten«, sagte ich, ohne sie anzusehen, »ging es ihr da um dich, oder wollte sie nur Madame Zhou schaden?«
    »Du meinst, ob wir beide nur Schachfiguren waren in ihrem Spiel? Ist es das, was du wissen möchtest?«
    »In etwa, ja.«
    »Ich glaube, ich muss die Frage bejahen.« Sie zog ihr langes Tuch vom Hals, ließ es durch ihre Hand gleiten und starrte darauf. »Karla mag mich gerne, daran zweifle ich nicht. Sie hat mir Sachen erzählt, die niemand weiß, nicht einmal du. Und ich mag sie auch. Außerdem hat sie in den Staaten gelebt, weißt du. Sie ist dort aufgewachsen, und das bedeutete ihr was. Ich glaube, ich war die einzige Amerikanerin, die jemals im Palace gearbeitet hat. Aber im Grunde ging es ihr um ihren Kampf gegen Madame Zhou. Ich glaube schon, dass sie uns beide zu ihren Zwecken benutzt hat. Aber das spielt keine Rolle, oder? Sie hat mich da rausgeholt – du hast mich da rausgeholt, durch sie, und darüber bin ich verdammt froh. Was auch immer ihre Beweggründe dafür waren – ich werfe sie ihr nicht vor, und ich finde, du solltest es auch nicht tun.«
    »Tu ich auch nicht.« Ich seufzte.
    »Aber?«
    »Aber … nichts. Es hat nicht geklappt mir Karla und mir, aber ich …«
    »Du liebst sie immer noch?«
    Ich wandte den Kopf und sah sie an, aber als unsere Blicke sich trafen, wechselte ich das Thema.
    »Hast du irgendwas von Madame Zhou gehört?«
    »Überhaupt nichts.«
    »Hat sie nach dir herumgefragt?«
    »Offenbar nicht, zum Glück. Es ist sonderbar – ich hasse Madame Zhou nicht. Ich empfinde gar nichts, was sie angeht, außer dass ich niemals mehr in ihre Nähe kommen möchte. Aber ihren Diener, Rajan, den hasse ich. Mit dem hatte man zu tun, wenn man im Palace arbeitete. Sein Bruder ist der Koch, und Rajan ist für die Mädchen zuständig. Und er ist eine unheimliche Kreatur, dieser Rajan. Wie ein Geist. Als hätte er Augen im Hinterkopf. Er ist das Grusligste, was mir je begegnet ist, sag ich dir. Madame Zhou habe ich nie direkt gesehen. Sie spricht durch ein Gitter mit einem. In jedem Zimmer gibt es mindestens eines, durch das sie beobachten kann, was vor sich geht, und mit den Mädchen oder den Freiern reden. Es ist ein scheißunheimlicher Ort, Lin. Ich würde lieber sterben als jemals dorthin zurückgehen.«
    Wir verfielen wieder in Schweigen. Wellen brandeten auf die Steine und Felsen am Fuße der Mauer. Möwen segelten im Wind und spähten hinab, begierig nach allem, was sich zwischen den Steinen rührte und regte.
    »Wie viel Geld hat er dir gegeben?«
    »Ich weiß es nicht genau«, sagte sie. »Ich habe es nie gezählt. Es ist eine Menge. Siebzig-, achtzigtausend – viel mehr jedenfalls als das, wofür Maurizio Modena aufgeschlitzt hat und was ihm selbst den Tod gebracht hat. Das ist doch verrückt, oder?«
    »Du solltest die Kohle nehmen und damit so schnell wie möglich abhauen.«
    »Komischer Vorschlag. Ich dachte, wir hätten grade einen Zweijahresvertrag mit Mehtas Produktionsfirma abgeschlossen. Du weißt schon, den Lass-uns-was-machen-aus-unserem-Leben-Vertrag.«
    »Scheiß auf den Vertrag.«
    »Na, komm schon, Lin.«
    »Scheiß auf den Vertrag. Du musst von hier verschwinden. Wir haben keine Ahnung, was hier läuft. Wir wissen nicht, weshalb Abdullah tot ist. Wir wissen nicht, was er getan hat und was nicht. Wenn er nicht Sapna war, sieht die Lage übel aus. Wenn er Sapna war, ist sie noch viel schlimmer. Du solltest das Geld nehmen und einfach … verschwinden.«
    »Und wohin?«
    »Irgendwohin.«
    »Gehst du auch?«
    »Nein. Ich hab hier noch einiges zu erledigen. Und ich … bin auf eine Art selbst ziemlich erledigt. Aber du solltest abhauen.«
    »Du kapierst es nicht, oder?«, versetzte sie. »Es geht mir nicht um das Geld. Wenn ich jetzt zurückgehe, schieße ich mir die Kohle in den Arm. Ich muss was anderes haben als Geld. Ich versuche mir hier was aufzubauen mit dieser Agentur. Und hier kann ich es auch schaffen. Hier bin ich etwas. Ich bin jemand. Die Leute schauen mich an, wenn ich die Straße entlanggehe, nur weil ich anders bin.«
    »Du kannst überall etwas sein«, sagte ich mit einem Grinsen.
    »Mach dich nicht über mich lustig, Lin.«
    »Mach ich nicht, Lisa. Du bist ein wunderschönes Mädchen mit Herz – deshalb starren die Leute dich an.«
    »Die Sache könnte wirklich hinhauen«, erwiderte sie beharrlich. »Ich hab’s im Gefühl. Ich habe keine Ausbildung, und ich bin auch nicht so klug wie

Weitere Kostenlose Bücher