Shantaram
Körper zerfetzten, anstatt ihn glatt zu durchschlagen. Unter dem Völkerrecht war diese Art von Munition verboten, doch fast jeder Afghane, der in diesem Krieg erschossen wurde, wies die schrecklichen Wunden dieser brutalen Geschosse auf. So auch unser Khan. Die Patrone hatte sich den Weg durch seinen Körper gepflügt. Die klaffende ausgefranste Wunde hatte eine Spur von Blutergüssen auf seiner Brust hinterlassen, die in einer blauschwarzen Lotosblüte über dem Herzen endete.
Da wir wussten, dass Nasir Khaderbhais Leiche selbst für die Bestattung vorbereiten wollte, umhüllten wir den Khan mit Decken und legten ihn in eine flache Grube im Schnee, die wir am Eingang zu den Höhlen aushoben. Gerade als wir damit fertig waren, hörten wir ein zwitscherndes, unstetes Pfeifen und richteten uns hastig auf. Der Boden erbebte unter unseren Füßen, und am anderen Ende des Lagers zuckte ein orangefarbener Blitz auf, gefolgt von schmutzgrauem Rauch. Dann schlugen eine zweite und eine dritte Granate ein, und wir rannten zum Höhleneingang und warfen uns hinein, in den wimmelnden Oktopus aus Männern, die es uns gleichtaten. Arme, Beine, Köpfe prallten aufeinander, als wir uns in Todesangst zusammenkauerten, während die Granaten draußen die Erde aufrissen, als sei sie aus Pappmaché.
Es war schlimm, und an jedem folgenden Tag wurde es noch schlimmer. Als der Angriff vorbei war, suchten wir die schwarze Kraterlandschaft ab. Zwei Männer waren tot. Einer von ihnen war Kareem, dessen gebrochenen Arm ich geschient hatte, an dem Abend, bevor wir das Lager erreichten. Zwei weitere waren so schwer verwundet, dass sie sterben würden. Viele Vorräte waren zerstört, unter anderem die Kanister mit Benzin, das wir zum Betreiben des Generators und der Öfen benötigen. Die Öfen und die Lampen brauchten wir unbedingt zum Kochen und Heizen. Sämtlicher Treibstoff und unsere Wasserreserven waren vernichtet. Wir verschafften uns einen Überblick – mein Verbandskoffer war schwarz und außen versengt – und verstauten die restlichen Vorräte in der großen Höhle. Die Männer waren still. Sie fürchteten sich und machten sich Sorgen. Und sie hatten allen Grund dazu.
Während die anderen mit Aufräumen beschäftigt waren, nahm ich mich der verletzten Männer an. Der eine hatte einen Fuß und einen Teil der Wade verloren, und in seinem Hals und Oberarm steckten Granatsplitter. Er war achtzehn Jahre alt und hatte sich der Mudjahedin-Einheit gemeinsam mit seinem älteren Bruder sechs Monate vor unserem Eintreffen angeschlossen. Sein Bruder war bei einem Angriff auf einen russischen Stützpunkt bei Kandahar ums Leben gekommen. Der Junge würde sterben. Ich entfernte die Metallsplitter mit einer Stahlpinzette und einer langen Zange, die ich mir aus dem Werkzeugkasten des Mechanikers gemopst hatte.
Für das Bein konnte ich nichts wirklich Sinnvolles tun. Ich säuberte die Wunde und versuchte so viel von dem zersplitterten Knochen zu entfernen, wie es mir mit der Zange möglich war. Die Schreie des Jungen senkten sich in einer öligen Schweißschicht auf meine Haut, und bei jedem eisigen Windstoß fröstelte ich. Ich vernähte die Wunde an den Stellen, an denen gesunde Haut zur Verfügung stand, aber ich konnte sie nicht vollständig schließen, ein dickes Knochenstück ragte hervor. Ich überlegte, ob ich den Knochen absägen sollte, um die Wunde vollständig vernähen zu können, aber ich war mir nicht sicher, ob ich sie damit nicht verschlimmerte. Ich war unsicher, und man erträgt nur ein gewisses Maß an Schreien, wenn man nicht genau weiß, was man eigentlich tut. Schließlich bedeckte ich die Wunde mit Penicillinpuder und verband sie mit Mull.
Der zweite Mann war im Gesicht und am Hals getroffen worden. Seine Augen waren zerstört, Mund und Nase fast verschwunden. Er ähnelte Ranjits Leprakranken, aber seine Wunden waren so offen und blutig und die Zähne so zertrümmert, dass die Verunstaltungen der Leprösen im Vergleich damit fast harmlos wirkten. Ich entfernte die Metallsplitter aus seinen Augen, seiner Kopfhaut, seinem Hals. Die Halswunden waren massiv, und obwohl er relativ regelmäßig atmete, ging ich davon aus, dass sein Zustand sich verschlechtern würde. Nachdem ich die Wunden verbunden hatte, verabreichte ich beiden Männern eine Penicillinspritze und eine Ampulle Morphium.
Mein größtes Problem bestand darin, das Blut zu ersetzen, das die Männer verloren hatten. Keiner der Kämpfer, die ich in den letzten Wochen
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