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Shantaram

Shantaram

Titel: Shantaram Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory David Roberts
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ich dir sagen.«
    »Wir werden bald gutes Essen haben«, versicherte mir Mahmud mit einem kleinen Lachen.
    »Sind wir …? Ist das Pakistan?«
    »Ja«, antwortete er und lachte wieder. »Was weißt du noch?«
    »Nicht viel. Wie ich gerannt bin. Sie haben auf uns geschossen … aus großer Entfernung. Überall Granatwerfer. Ich weiß noch … wie ich getroffen wurde …«
    Ich betastete die dicken Verbände an meinen Waden.
    »Ich bin gestürzt. Dann … war das ein Jeep? Oder ein Lkw? Hab ich mir das eingebildet?«
    »Nein. Sie haben uns geholt. Massuds Leute.«
    »Massud?«
    »Ahmed Shah. Der Löwe selbst. Seine Männer haben den Damm und die beiden Hauptstraßen unter Beschuss genommen – die nach Kabul und nach Quetta. Sie belagern Kandahar. Und ich denke, sie werden die Belagerung nicht abbrechen, bevor der Krieg vorbei ist. Da sind wir hineingeraten, mein Freund.«
    »Sie haben uns gerettet …«
    »Es war, wie sagt man, das Wenige, das sie für uns tun konnten.«
    »Das Mindeste, was sie für uns tun konnten?«
    »Ja. Denn sie haben unsere Leute getötet.«
    »Was?«
    »Ja. Als wir aus den Bergen gerannt sind, hat die afghanische Armee auf uns geschossen. Massuds Männer haben uns gesehen und angenommen, dass wir auch Feinde sind. Sie waren weit entfernt, und sie haben mit Granatwerfern auf uns gefeuert.«
    »Wir sind von unseren eigenen Leuten beschossen worden?«
    »Alle haben geschossen – ich meine, zur gleichen Zeit. Die afghanische Armee hat auch auf uns geschossen, aber die Granaten kamen, glaube ich, von unserer Seite. Deshalb sind die afghanische Armee und die russischen Soldaten weggerannt. Ich habe zwei selbst getötet, als sie wegrannten. Die Männer von Ahmed Shah Massud, die hatten Stinger. Die Amerikaner haben ihnen Stinger gegeben, im April, und seitdem haben die Russen keine Hubschrauber mehr. Jetzt schlagen die Mudjahedin überall zu. Jetzt wird der Krieg zu Ende gehen, in zwei oder drei Jahren, Inshallah.«
    »April … welchen Monat haben wir jetzt?«
    »Mai.«
    »Wie lange bin ich schon hier?«
    »Vier Tage, Lin«, antwortete Mahmud leise.
    »Vier Tage …« Ich dachte, ich hätte nur eine Nacht geschlafen, eine lange Nacht. Ich schaute über die Schulter auf Nasir. »Bist du sicher, dass es ihm gut geht?«
    »Er ist verletzt … hier … und hier … aber er ist stark und kann sich allein bewegen. Er wird gesund, Inshallah. Er ist wie shotor !«, fügte er mit dem Farsi-Wort für Kamel hinzu und lachte. »Er entscheidet, und niemand kann ihn ändern.«
    »Stimmt. Ich möchte Nasir nicht umstimmen müssen, wenn er sich erst einmal für etwas entschieden hat.«
    »Ich auch nicht«, pflichtete Mahmud mir bei. »Die Soldaten von Massud und ich, wir haben dich und Nasir zu einem Auto gebracht, einem guten russischen Auto. Aus dem Auto haben wir euch in Laster geladen, für die Fahrt nach Chaman. In Chaman wollten die Pakistani, Grenzwachen, Nasir die Waffen wegnehmen. Er hat ihnen Geld gegeben – von deinem Geld, aus deinem Gürtel, und hat seine Waffen behalten dürfen. Wir haben euch in Decken versteckt, mit zwei Toten. Die haben wir auf euch gelegt, haben euch den Grenzwachen gezeigt und ihnen gesagt, wir wollen diesen Männern eine gute muslimische Bestattung geben. Dann sind wir nach Quetta gekommen, in dieses Hospital, und sie wollten Nasir wieder Waffen wegnehmen. Er hat ihnen wieder Geld gegeben. Sie wollten dir Finger abschneiden, wegen dem Geruch …«
    Ich hob die Hand an die Nase und schnüffelte an den Fingern. Sie rochen nach verwesendem Fleisch. Nicht durchdringend, aber doch stark genug, um die Erinnerung an das verdorbene Ziegenfleisch wachzurufen, das wir in den Bergen als letzte Mahlzeit zu uns genommen hatten. Mein Magen bäumte sich auf wie eine buckelnde Katze. Mahmud griff rasch nach einer Metallschale und hielt sie mir vor den Mund. Ich erbrach schwarzgrüne Galle und sank danach hilflos auf die Knie.
    Als die Übelkeit vorüber war, rappelte ich mich wieder hoch, setzte mich auf das Feldbett und nahm dankbar die Zigarette entgegen, die Mahmud für mich angezündet hatte.
    »Sprich weiter«, murmelte ich.
    »Wie?«
    »Du sagtest … wegen Nasir …«
    »Oh, ja, er hat seine Kalaschnikow unter Pattu hervorgezogen und auf sie gerichtet. Er hat ihnen gesagt, dass er alle töten wird, wenn sie an dir herumschneiden. Die wollten die Wachen rufen, Lagerpolizei, aber Nasir stand mit dem Rücken in der Tür, mit dem Gewehr. Sie kamen nicht vorbei. Und ich war auf der anderen

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