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Shantaram

Shantaram

Titel: Shantaram Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory David Roberts
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eine höhere Schule und ein Studium absolviert hatte. Diese Zeitung, die in The Daily Post umbenannt wurde, hatte Ranjit acht Jahre erfolgreich herausgegeben und einen Teil des Profits in die boomende Fernsehbranche investiert.
    Er war wohlhabend, einflussreich, beliebt und verfügte über unternehmerischen Elan in den Printmedien, der Filmbranche und dem Fernsehen: ein Medientycoon im Aufstieg. Es gab Gerüchte, denen zufolge sein älterer Bruder Rahul, der noch als Teenager in die Transportbranche des Vaters eingestiegen war und niemals wie seine Geschwister eine teure Privatschule besucht hatte, einen Groll gegen Ranjit hegte. Ferner wurde über die beiden jüngeren Brüder getratscht, die ausschweifende Partys feierten, für deren Folgen man nicht selten mit Schmiergeldern aufkommen musste. Doch nirgendwo hörte man etwas Negatives über Ranjit; von diesen wenigen Makeln abgesehen, schien sein Leben unter einem glücklichen Stern zu stehen.
    Er war, wie Lettie einmal gesagt hatte, ein fetter Fang. Und als ich ihn mit seinen Freunden beobachtete – er hörte mehr zu, als er selbst redete, lächelte mehr, als dass er die Stirn runzelte, war selbstironisch und rücksichtsvoll, aufmerksam und taktvoll –, musste ich vor mir selbst zugeben, dass er ein sehr sympathischer Mann war. Und merkwürdigerweise tat er mir leid. Ein paar Jahre oder auch noch Monate zuvor wäre ich neidisch auf ihn gewesen, weil er so sympathisch war – ein supernetter Typ, hatten mir mehrere Leute gesagt, als ich sie nach ihm fragte. Ich hätte Ranjit Choudry gehasst. Doch ich empfand nichts dergleichen. Stattdessen erinnerte ich mich intensiv an meine Gefühle für Karla, während ich ihn beobachtete, dachte zum ersten Mal seit langer Zeit ausführlich an sie. Und der reiche, gut aussehende Medienbaron tat mir leid; ich wünschte ihm wirklich und wahrhaftig viel Glück.
    Eine halbe Stunde unterhielt ich mich mit Lisa und den anderen. Als ich einmal aufschaute, sah ich Johnny Cigar im Torbogen stehen und mir zuwinken. Erfreut, einen Vorwand zum Aufbruch gefunden zu haben, wandte ich mich zu Didier und drehte seinen Kopf zu mir herum, damit er mich ansah.
    »Hör mal, wenn du wirklich drei Monate nach Italien abhauen willst –«
    »Ja, will ich –«, begann er, aber ich fiel ihm ins Wort.
    »Und wenn du wirklich jemanden suchst, der in dieser Zeit auf deine Wohnung aufpasst, hab ich genau die richtigen Leute für dich.«
    »Ach ja? Wen denn?«
    »Die Tierkreis-Georges. Zwilling und Skorpion.«
    Didier blickte mich angewidert an.
    »Aber diese … diese George -Typen … sie sind … wie soll ich sagen …«
    »Verlässlich?«, schlug ich vor. »Ehrlich. Sauber. Loyal. Mutig. Und vor allem – und das ist die beste Qualifikation für einen solchen Job – haben sie nicht das geringste Interesse daran, auch nur eine Minute länger in deiner Wohnung zu bleiben, als du es willst. Im Gegenteil: Ich werde sie vermutlich überreden müssen, sich darauf einzulassen. Sie leben gerne auf der Straße. Sie wollen so was eigentlich nicht machen. Aber wenn ich ihnen sage, dass sie mir damit einen Gefallen erweisen, tun sie es vielleicht. Sie werden ihre Sache gut machen und können dafür drei Monate in einer anständigen Wohnung leben.«
    »Anständig?«, protestierte Didier. »Was soll denn wohl anständig heißen! Meine Wohnung ist einzigartig in Bombay, Lin, das weißt du. Großartig, könnte ich nachvollziehen. Fantastisch, könnte ich akzeptieren. Aber anständig – non! Das klingt, als würde ich im Fischmarkt wohnen und ihn täglich mit dem Wasserschlauch, wie sagt man, abspritzen!«
    »Und, was meinst du? Ich muss los.«
    »Anständig!«, schniefte er pikiert.
    »Komm schon, Mann, jetzt vergiss das!«
    »Nun ja, vielleicht hast du recht. Ich habe nichts gegen die beiden. Der George aus Kanada, der Skorpion, der spricht ein bisschen Französisch. Das ist wahr. Ja. Ja. Sag ihnen, ich halte das für eine gute Idee. Sag ihnen, sie sollen zu mir kommen, und dann sprechen wir das durch – mit sehr genauen Anweisungen.«
    Lachend verabschiedete ich mich und ging zu Johnny Cigar, der im Torbogen wartete. Kaum war ich bei ihm, zog er mich zu sich.
    »Kannst du mitkommen? Sofort jetzt?«, fragte er.
    »Klar. Zu Fuß oder mit dem Taxi?«
    »Ich denke, mit dem Taxi, Lin.«
    Wir drängten uns durch die Menschenmengen auf dem Fußweg zur Straße durch. Ich lächelte in mich hinein, als wir uns ein Taxi herbeiwinkten und einstiegen. Schon seit Monaten hatte

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