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Shantaram

Shantaram

Titel: Shantaram Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory David Roberts
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den Typ«, warf Vikram ein. »Hey, habt ihr übrigens gewusst, dass er ziemlich cool reiten kann – wie Clint Eastwood, yaar. Ich habe ihn letzte Woche in Chowpatty am Strand gesehen, mit so ‘ner scharfen schwedischen Blondine. Er ist geritten wie Clint in Ein Fremder ohne Namen. Ganz im Ernst. Echt der Hammer.«
    »Ach sooo, er reitet«, sagte Lettie. »Wie konnte ich ihn nur so falsch einschätzen? Wenn das so ist, nehme ich natürlich alles zurück.«
    »Außerdem hat er eine supercoole Stereoanlage in seiner Wohnung«, fügte Vikram hinzu. »Und ein paar echt geile Originalpartituren von italienischen Filmen.«
    »Es reicht. Ich gehe!«, verkündete Lettie, stand auf und griff nach ihrer Handtasche und dem Buch, das sie mitgebracht hatte. Ihr rotes Haar, das ihr herzförmiges Gesicht in weichen Locken umrahmte, bebte vor Ärger. Ihre helle Haut wirkte so glatt, dass sie in dem weißen Licht einen Moment lang wie eine zornige, in Marmor gemeißelte Madonna aussah und ich daran denken musste, was Karla über sie gesagt hatte: Lettie ist ein sehr spiritueller Mensch. Mehr als wir alle …
    Vikram sprang auf.
    »Ich begleite dich zum Hotel. Ich muss sowieso in die Richtung.«
    »Ach ja?«, fuhr Lettie ihn so jäh an, dass er zusammenzuckte. »Und welche Richtung wäre das?«
    »Ich … Ich … Ich gehe sozusagen überallhin, yaar. Ich mache einen sehr langen Spaziergang. Das heißt, äh … egal, wo du hingehst, es liegt garantiert irgendwie auf meinem Weg.«
    »Na gut, wenn’s denn sein muss«, murmelte sie mit zusammengebissenen Zähnen. Ihre Augen funkelten wütend. »Karla, Liebe, wir sehen uns morgen im Taj zum Kaffee. Diesmal bin ich pünktlich, versprochen.«
    »Alles klar«, sagte Karla.
    »Also dann, tschüss«, sagte Lettie und winkte in die Runde.
    »Ja, genau«, fügte Vikram hinzu und stürmte hinter ihr her.
    »Was ich an Letitia am meisten mag, ist, dass sie nichts, aber auch gar nichts Französisches an sich hat«, sinnierte Didier. »Unsere Kultur, die französische Kultur, ist so weit verbreitet und einflussreich, dass fast jeder Mensch auf dieser Welt auch ein kleines bisschen französisch ist. Das gilt besonders für die Frauen. Fast jede Frau ist in irgendeiner Weise französisch. Aber Letitia ist die unfranzösischste Frau, der ich je begegnet bin.«
    »Du redest mal wieder Schwachsinn, Didier«, bemerkte Kavita. »Heute noch mehr als sonst. Was ist denn los mit dir? Bist du verliebt? Oder gerade nicht mehr?«
    Er seufzte und starrte auf seine verschränkten Hände.
    »Ein bisschen von beidem, glaube ich. Im Moment bin ich gerade richtig schwermütig. Federico – du kennst ihn ja – ist religiös geworden. Das ist wirklich schrecklich, und ich muss zugeben, dass ich verletzt bin. Um ehrlich zu sein, hat mir seine neue Frömmigkeit das Herz gebrochen. Aber genug davon. Imtiaz Dharker hat eine neue Ausstellung in der Jehangir-Galerie. Ihre Arbeiten sind immer sehr sinnlich und ein bisschen wild und helfen mir, wieder zu mir zu finden. Kavita, hast du Lust, mit
    mir hinzugehen?«
    »Klar«, antwortete Kavita lächelnd. »Gerne.«
    »Ich begleite euch bis zur Regal Junction«, sagte Ulla seufzend. »Ich muss mich mit Modena treffen.«
    Sie standen auf, verabschiedeten sich und traten auf den Causeway hinaus, doch dann kehrte Didier noch einmal zurück und stellte sich neben mich. Er legte eine Hand auf meine Schulter, als wolle er sich auf mir abstützen, und sah mich mit einem erstaunlich zärtlichen, beinahe liebevollen Lächeln an.
    »Fahr mit ihm, Lin«, sagte er. »Begleite Prabaker in sein Dorf. Im Herzen jeder Stadt steckt ein Dorf. Und du wirst die Stadt nie verstehen, bevor du das Dorf nicht verstanden hast. Fahr hin. Wenn du wiederkommst, sehe ich ja, was Indien aus dir gemacht hat. Bonne chance.«
    Er eilte davon und ließ mich mit Karla allein. Solange Didier und die anderen am Tisch gesessen hatten, war es laut gewesen im Raum. Nun schien es plötzlich still zu sein, und es kam mir vor, als würde man jedes einzelne Wort, das ich sagte, an den anderen Tischen hören können.
    »Verlässt du uns?«, eröffnete Karla dann zum Glück das Gespräch.
    »Na ja, Prabaker hat mich eingeladen, mit ihm in das Dorf zu fahren, wo seine Eltern wohnen. Zu seinem Geburtsort, wie er sagt.«
    »Und, fährst du?«
    »Ja, ich denke schon. Wenn ich es recht verstanden habe, ist es eine Ehre, dass ich dorthin eingeladen bin. Er hat mir erzählt, dass er seit neun Jahren – seit er in Bombay sein Geld

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