Shaolin - Das Geheimnis der inneren Staerke
»Kairos«. Etwa wenn wir uns in der Yinphase »Müdigkeit« befinden, ist es förderlich, zu diesem Zeitpunkt das Richtige zu tun, nämlich zu ruhen.
Yin und Yang stehen für Ganzheit durch Dualität, also das Prinzip, dass das Ganze erst durch die Polaritäten in Erscheinung treten kann, dass etwas seinen Gegenpol braucht, um »ganz«, um vollkommen zu sein. So wird zum Beispiel Helligkeit erst durch Dunkelheit sichtbar und eine Phase der Entspannung erst durch eine Phase der Anspannung wertvoll. Beide Pole stehen sich somit nicht konkurrierend gegenüber, sondern brauchen und ergänzen einander. Das macht beide auch wertneutral, keiner ist besser oder schlechter als der andere. Wenn wir diese Bedingtheiten und Notwendigkeiten anerkennen und umsetzen, werden wir ausgeglichener leben und unsere Zeit besser nützen können.
Den
Fokus
auf das
Wesentliche
richten
Im Kontext der Frage nach dem richtigen Zeitpunkt, nach dem richtigen Umgang mit der Zeit oder – modern ausgedrückt – nach dem richtigen »Zeitmanagement« taucht sehr schnell die Frage auf: »Was ist wirklich wichtig?« Shaolin-Mönche orientieren sich bei der Antwort darauf ganz an ihrem zentralen Wert: Ich achte darauf, dass es mir und den anderen gut geht. Danach richtet sich ihr Tagesablauf: die Schlafenszeiten, die körperlichen Übungen, die Meditationen, die Mahlzeiten und die Tätigkeiten für die Gemeinschaft.
Auch für uns ist die Frage nach dem Wesentlichen von großer Bedeutung. Wir leben allerdings nicht im Kloster, sondern in ganz anderen Zusammenhängen, sind einerseits vielen Zwängen und andererseits vielen Wahlmöglichkeiten ausgesetzt. Deshalb ist es hilfreich, dass wir die Frage nach dem Wesentlichen in unseren persönlichen Kontext stellen, auf unser Leben beziehen. Wir wollen Ihnen zunächst aber drei grundlegende Weisheiten zur Frage des Wesentlichen vermitteln. Sie können Ihnen dabei helfen, Ihre individuelle Antwort zu finden, ohne sich weitläufig zu verzetteln (und damit den Geist zu schwächen). Sie weisen darauf hin, worauf es im Grunde wirklich ankommt, nämlich auf die Sammlung Ihrer Kräfte im Hier und Jetzt.
Herausfinden, was wirklich wichtig ist
Vor langer Zeit lebte ein Kaiser, der nach einer Lebensphilosophie und nach Weisheit Ausschau hielt, um sein Land und sich selbst gut zu lenken. Durch einen Mönch wurde ihm klar, dass er nur die Antworten auf drei grundlegende Fragen finden müsse, um weise und gut regieren zu können. Die drei Fragen lauten:
Wann ist die wichtigste Zeit?
Wer ist der wichtigste Mensch?
Was ist die wichtigste Sache, die zu tun ist?
Der Kaiser fand schließlich die Antworten:
1. Die wichtigste Zeit ist natürlich »jetzt«, der Augenblick. Es ist die einzige Zeit, in der wir wirklich handeln können. In fünf Minuten kann es schon zu spät sein. Wenn wir uns zum Beispiel bei jemandem entschuldigen möchten, tun wir das möglichst sofort. Die Gelegenheit könnte nie wieder kommen.
»Es gibt nur eine Zeit, in der es wesentlich ist aufzuwachen . Diese Zeit ist jetzt .«
[ Buddha ]
2. Die Zeitfrage führt uns dann schon fast zwangsläufig zur nächsten Antwort: Der wichtigste Mensch ist immer der, mit dem wir »jetzt« gerade zusammen sind. Wir können nur dann ein wirkliches Gespräch führen, wenn unser Gegenüber – ganz gleich, wer es ist – für uns zu diesem Zeitpunkt der wichtigste Mensch der Welt ist. Der andere spürt das. Er reagiert darauf. Wenn wir etwa im Geschäftsleben einen potenziellen Kunden so behandeln, als sei er in diesem Augenblick der wichtigste Mensch, würden sich unsere Umsätze vergrößern. Sind wir mit uns allein, dann sind wir natürlich selbst der wichtigste Mensch, dem wir Wohlwollen und Wertschätzung entgegenbringen.
3. Der wichtigste Mensch führt uns schließlich auch zu der wichtigsten Sache, die zu tun ist: Es ist wohlwollendes, mitfühlendes und verantwortungsbewusstes Handeln. Dazu gehört, dass wir mit uns und anderen behutsam zu Werke gehen und die Dinge, die wir zu tun haben, die Aufgaben, die uns das Leben stellt, mit Hingabe, Liebe und verantwortungsvoller Sorgfalt erledigen.
Je öfter wir uns selbst die drei Fragen des Kaisers stellen, desto mehr innere Stärke gewinnen wir, da unsere innere Orientierung für den »Sinn« unseres Wirkens und Lebens geschärft wird.
Keine Zeit verschwenden
Um sich den Fragen immer und immer wieder bewusst zu stellen, ist es von Bedeutung, uns stärker in der Gegenwart zu verankern und zu erkennen, was uns
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