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Shardik

Titel: Shardik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Adams
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tot bin, und einen so bitteren Kummer zu lindern, wie er nur je ein Vaterherz verdüsterte und einem alten und angesehenen Hause Leid brachte. Viele von euch haben gewiß die Klage gehört, die man ›Tränen von Sarkid‹ nennt. Hört also zu und beurteilt, ob sie nicht, wie vor langer Zeit für Herrn Deparioth, auch für mich vergossen werden sollen.«
    Als Elleroth auf Yeldashay zu sprechen begann, fragte sich Kelderek, wie viele von den in der Halle Anwesenden seine Worte verstanden. Es war ein Fehler gewesen, ihm zu gestatten, zu ihnen zu sprechen. In Bekla war jedoch dieses Vorrecht immer jedem zum Tode verurteilten Adeligen zugestanden worden, und die Wirkung des ihm gewährten barmherzigen Todes wäre, wenn man ihm das verweigert hätte, stark beeinträchtigt gewesen. Wie immer er die Sache auch durchgeführt hätte, überlegte er bitter, es wäre einem Mann wie Elleroth mit seiner Geistesgegenwart und aristokratischen Selbstsicherheit dennoch gelungen, sein Ziel zu erreichen und die Ortelganer als grob und unzivilisiert hinzustellen.
    Plötzlich wurde seine Aufmerksamkeit durch einen Tonwechsel erregt. Er blickte auf und staunte über die Veränderung der stolzen, hageren Gestalt vor ihm. Elleroth beugte sich mit innig bittendem Ausdruck vor, sprach in leidenschaftlich lebhaftem Ton und sah einem nach dem anderen der in der Halle Anwesenden ins Antlitz. Kelderek, der ihn erstaunt betrachtete, sah Tränen in seinen Augen. Der Statthalter von Sarkid weinte, aber offensichtlich nicht über sein eigenes Mißgeschick, und Kelderek konnte hinter sich Murmeln der Teilnahme und Ermutigung hören. Mit gerunzelter Stirn sammelte er seine spärlichen Kenntnisse von Yeldashay, um zu verstehen, was Elleroth sagte.
    » – Elend nicht anders, als es viele einfache Leute erlitten«, verstand er, verlor jedoch den Faden und konnte die nächsten Worte nicht erfassen. Dann: »Grausamkeit gegen Unschuldige und Hilflose« – »langes, erfolgloses Suchen.« – Nach einer Pause verstand er: » – der Erbe eines großen Hauses – « und dann, mit einem Schluchzen: »– der gemeine, schändliche ortelganische Sklavenhandel.«
    Kelderek sah zu seiner Rechten Maltrit, den Hauptmann der Garde, der die Hand auf seinen Schwertgriff legte und sich schnell in der Runde umsah, als das Gemurmel in der ganzen Halle lauter wurde. Er nickte ihm zu und winkte zweimal mit der Handfläche nach oben. Maltrit ergriff einen Speer, schlug mit dem Ende auf den Boden und rief: »Ruhe! Ruhe!« Wieder zwang sich Kelderek, Elleroth in die Augen zu sehen. »Du mußt nun schon Schluß machen, Graf«, sagte er. »Wir waren großmütig zu dir, nun fordere ich dich auf, uns das mit Zurückhaltung und Mut zu vergelten.«
    Elleroth machte eine Pause, als sammle er sich nach seiner leidenschaftlichen Rede, und Kelderek sah, wie sein graues Gesicht wieder den Ausdruck eines Mannes annahm, der seine Furcht zu meistern versucht. Dann sagte Elleroth in einem Ton, in dem sich hysterische Angst seltsam mit beißender Verachtung vermengte, auf beklanisch: »Zurückhaltung und Mut? Mein lieber Medizinmann vom Flußufer, ich fürchte, mir fehlt es an beidem – fast so sehr wie dir. Aber ich genieße wenigstens einen Vorteil – ich brauche nicht weiterzumachen. Für dich, verstehst du, wird es noch ein schrecklich langer Weg sein. Du bist dir gar nicht klar, wie lang. Erinnerst du dich, wie ihr vom Telthearna herüberkamt und euch auf einen vergnügten Abend freutet? Ihr kamt nach Gelt – die erinnern sich noch gut daran, wie ich höre –, und dann gingt ihr weiter. Ihr kamt zum Vorgebirge und schlugt um euch im Dämmerlicht und Regen. Und dann zerschlugen deine markigen Jungs das Tamarriktor – erinnerst du dich daran, oder hast du vielleicht nicht bemerkt, wie es aussah? Und dann gerietet ihr in einen Krieg mit Leuten, die unerklärlicherweise fanden, daß sie euch nicht mochten. Was war das nur für ein langer, langer Weg! Ich werde mich, gottlob, nun ausruhen können. Aber du nicht, mein lieber Uferzauberer. Nein, nein – der Himmel wird sich verdunkeln, kalter Regen wird fallen, und jede Spur des richtigen Weges wird gelöscht sein. Dann bist du allein. Und dennoch mußt du weitermachen. Es wird Geister im Dunkel und Stimmen in der Luft geben, gräßliche Weissagungen werden wahr, das würde mich nicht wundern, und überall werden Gesichter lauern, wie der Prophet sagte. Und du mußt noch immer weitermachen. Die letzte Brücke wird hinter dir einstürzen,

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