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Shardik

Titel: Shardik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Adams
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Ortelganer und ein Hauptmann aus Bekla«, sagte Kelderek schnell. »Wenn du mich verwundest, wird dieses Dorf niedergebrannt.«
    Im Inneren begann eine Frau zu weinen. Der Mann sagte: »Das Kontingent wurde schon abgeliefert. Was willst du?«
    »Wo ist der Dorfälteste?«
    Wortlos wies der Mann auf ein in einiger Entfernung stehendes größeres Haus, nickte und schloß die Tür wieder.
    Der Dorfälteste war ein grauhaariger, kluger und würdevoller Mann, der sich Zeit ließ, der Sitte und Anstand benutzte, um sein Gegenüber einzuschätzen und Gelegenheit zur Überlegung zu finden. Er begrüßte den Fremden mit unergründlicher Höflichkeit, erteilte seinen Frauen Weisungen, und während sie zuerst Wasser und ein dünnes Handtuch brachten, dann Speise und Trank (die Kelderek auch nicht abgelehnt hätte, wenn sie doppelt so sauer geschmeckt hätten), sprach er zurückhaltend von den Aussichten für die Sommerweide, den Viehpreisen, der Klugheit und unüberwindlichen Stärke der derzeitigen Beherrscher von Bekla und dem Wohlstand, den sie dem Land zweifellos gebracht hatten. Dabei entging seinen Augen nichts vom Aussehen des fremden Ortelganers, seiner Kleidung, seinem Hunger, den verbundenen Wunden an seinem Bein und Unterarm. Als er schließlich fand, daß er, so viel er konnte, über ihn erfahren hatte und kein Vorteil mehr im Vermeiden vom Gegenstand (was immer der sein mochte) des Besuchs zu erwarten war, brach er ab, blickte auf seine gefalteten Hände nieder und wartete.
    »Könntest du zwei Jungen entbehren und sie nach Bekla schicken?« fragte Kelderek. »Ich werde gut bezahlen.«
    Der Dorfälteste schwieg noch eine Weile und überlegte, was er sagen sollte. Endlich antwortete er: »Ich habe einen Kerbstock, Herr, den mir der Provinzgouverneur im vorigen Herbst gab, als wir ihm unser Kontingent lieferten. Ich werde ihn dir zeigen.«
    »Das verstehe ich nicht. Was meinst du?«
    »Wir sind kein großes Dorf. Das Kontingent beträgt zwei Mädchen und vier Jungen, alle drei Jahre. Wir geben dem Gouverneur natürlich Vieh als Geschenk, um unsere Dankbarkeit dafür zu beweisen, daß er uns kein höheres Kontingent auferlegt. Wir müssen erst in zweieinhalb Jahren ein neues abliefern. Hast du eine Vollmacht?«
    »Vollmacht? Das muß ein Irrtum sein.«
    Der Älteste warf ihm einen raschen Blick zu, schöpfte Verdacht und ging dem sofort nach.
    »Darf ich fragen, ob du eine Handelsgenehmigung hast? Wenn ja, mußt du doch sicher wissen, welche Abmachungen für unser Dorf getroffen wurden?«
    »Ich bin überhaupt kein Händler. Ich – «
    »Verzeih mir, Herr«, sagte der Älteste steif, wobei sein Benehmen etwas weniger untertänig wurde. »Das kann ich kaum glauben. Du bist jung, dennoch trittst du mit Autorität auf. Du trägst die schlecht sitzende und daher wahrscheinlich – äh – irgendwie erworbene Kleidung eines Soldaten. Offensichtlich bist du weit gewandert, wahrscheinlich auf einem einsamen Weg, denn du warst sehr hungrig; du wurdest vor kurzem mehrfach verwundet – die Wunden lassen mich eher auf eine Balgerei als auf ein Gefecht schließen –, und wenn ich nicht irre, bist du Ortelganer. Du verlangst von mir zwei Jungen, angeblich für einen Ausflug nach Bekla, und sagst, du würdest mich gut bezahlen. Vielleicht würden manche Ältesten daraufhin fragen: ›Wieviel?‹ Was mich betrifft, so hoffe ich, mir das Ansehen meiner Leute zu erhalten und im Bett zu sterben, aber abgesehen davon habe ich für deine Art Geschäft nichts übrig. Wir sind hier alle arm, nichtsdestoweniger sind diese Leute mein Volk. Wir sind gezwungen, den Gesetzen der Ortelganer zu gehorchen, aber wie gesagt, bis zum übernächsten Herbst haben wir unsere Pflichten erfüllt. Du kannst mich nicht zwingen, mit dir Geschäfte zu machen.«
    Kelderek sprang auf.
    »Ich sage dir, ich bin kein Sklavenhändler! Du hast mich völlig mißverstanden! Wenn ich ein unrechtmäßiger Sklavenhändler wäre, wo ist dann meine Bande?«
    »Das eben möchte ich gern wissen – wo und wie viele es sind. Aber ich warne dich, meine Männer sind auf der Hut, und wir werden uns bis zum äußersten zur Wehr setzen.«
    Kelderek nahm wieder Platz.
    »Du mußt es mir glauben – ich bin kein Sklavenhändler – ich bin ein Herr aus Bekla. Wenn wir – «
    Plötzlich erhob sich draußen im dunklen Zwielicht ein Getöse – Männer schrien, Hufgetrampel und das Brüllen von geängstigtem Vieh. Frauen begannen zu kreischen, Türen wurden zugeschlagen, und Füße

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