Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Shardik

Titel: Shardik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Adams
Vom Netzwerk:
rief: »Wartet! Wartet!« Sie blieben stehen und staunten über das Zutrauen des abgerissenen Landstreichers und wandten sich fragend an ihren Treisatt, einen väterlichen Veteranen mit dummem, gutmütigem Gesicht, der, da er den höchsten Rang erreicht hatte, den er wahrscheinlich beim Militär erwarten konnte, aussah, als wolle er sich das Leben nicht schwer machen.
    Als Kelderek mit verschränkten Armen vor ihnen stehenblieb und sie von oben bis unten musterte, fragte einer: »Was will der Mann, Treis?«
    Der Treisatt schob den Lederhelm in den Nacken und rieb sich die Stirn.
    »Keine Ahnung«, war die Antwort. »Wahrscheinlich irgend so ‘n Bettlertrick. Hör mal«, sagte er und legte eine Hand auf Keldereks Schulter, »hier kriegst du nichts, also sei vernünftig und hau ab!«
    Kelderek schüttelte die Hand ab und blickte ihn entschlossen an.
    »Soldaten«, sagte er bestimmt. »Eine Botschaft – Bekla – « Er machte eine Pause, zog die Stirn in Falten, als sie ihn umringten, und fuhr dann fort:
    »Soldaten – Senandril, unser Herr Shardik – Bekla, Botschaft – « Er verstummte wieder.
    »Der nimmt uns auf ‘n Arm, oder?« fragte ein anderer Soldat.
    »Scheint mir eigentlich nicht so«, sagte der Treisatt. »Er scheint genau zu wissen, was er will. Er merkt offenbar, daß wir seine Sprache nicht verstehen.«
    »Welche Sprache ist es denn?« fragte der Soldat.
    »Ortelganisch«, sagte der erste Soldat und spuckte in den Staub. »Irgendwas von seinem Leben und einer Botschaft.«
    »Dann ist es vielleicht wichtig«, sagte der Treisatt. »Wäre möglich, wenn er Ortelganer ist und mit einer Botschaft zu uns kommt. Kannst du uns sagen, wer du bist?« fragte er Kelderek, der ihm ins Auge blickte, aber nicht antwortete.
    »Ich glaube, er kommt aus Bekla, aber irgend etwas hat ihm das Gedächtnis gestört, vielleicht – ein Schock oder dergleichen«, sagte der erste Soldat.
    »Das wird es sein«, sagte der Unteroffizier. »Er ist Ortelganer – vielleicht hat er im geheimen für Graf Elleroth Einhand gearbeitet; und entweder haben ihn diese Schweine in Bekla gefoltert – denk nur, was sie mit dem Statthalter getan haben, ihm die Hand verbrannt –, oder er hat auf dem langen Weg nach Norden, um uns zu finden, den Verstand verloren.«
    »Der Arme sieht völlig erschöpft aus«, sagte ein dunkelhaariger Mann mit einem breiten Gürtel aus Sarkider Leder mit dem Korngarbenemblem. »Er muß gewandert sein bis zum Umfallen. Wir könnten schließlich nicht viel weiter nördlich gekommen sein, sogar wenn wir es versucht hätten, oder?«
    »Also, wie immer die Sache steht«, sagte der Treisatt, »wir nehmen ihn am besten mit. Ich muß vor Sonnenuntergang einen Rapport machen, dann kann ihn der Hauptmann ausfragen. Hör mal«, sagte er, lauter und sehr langsam sprechend, damit der einen halben Meter vor ihm stehende Fremde die Sprache, die er nicht kannte, verstand: »Du – kommst – mit – uns. Du – gibst – Botschaft – Hauptmann, verstanden?«
    »Botschaft«, wiederholte Kelderek sofort auf Yeldashay. »Botschaft – Shardik.« Er begann zu husten und stützte sich auf seinen Stock.
    »Schon gut, mach dir keine Sorgen«, sagte der Treisatt beruhigend und schnallte seinen Gürtel zu, den er beim Sprechen gelockert hatte. »Wir« – er wies mit den Händen auf seine Leute – »bringen – dich – Stadt – Hauptmann – ja? Am besten, ihr helft ihm«, sagte er den zwei neben ihm stehenden Soldaten. »Sonst brauchen wir da noch die halbe Scheißnacht.«
    Kelderek stützte seine Arme auf die Schultern der beiden Soldaten und ging mit ihnen bergab. Er freute sich über ihre Hilfe, die ihm respektvoll geleistet wurde – man wußte ja nicht, welchen Rang er haben mochte. Er verstand kaum ein Wort von ihren Reden und war im übrigen damit beschäftigt, in seiner Erinnerung die Botschaft zu suchen, die er zu übermitteln hatte, da er nun endlich die Soldaten gefunden hatte, die so rätselhaft in der Dämmerung verschwunden waren. Vielleicht, dachte er, könnten sie etwas für ihn zu essen erübrigen.
    Die Hauptmacht der Armee lagerte auf den Wiesen vor den Mauern von Kabin, denn die Stadt und deren Einwohner wurden schonungsvoll behandelt, und in den requirierten Wohnungen gab es nur Platz für die ranghöchsten Offiziere, ihre Adjutanten und Diener sowie die Spezialtruppen wie Späher und Pioniere, die unmittelbar unter dem Befehl des Oberkommandierenden standen. Der Treisatt und seine Leute, die dazu gehörten,

Weitere Kostenlose Bücher