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Shardik

Titel: Shardik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Adams
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»Und wenn schon? Er ist ein Agent von Graf Elleroth und hat den Verstand verloren.«
    »Das bezweifle ich, Herr. Wenn er Ortelganer ist, so offensichtlich kein Gardeoffizier des Oberkommandierenden. Ihr habt gehört, wie er nach General Zelda fragte. Ich gebe zu, daß er durch einen Schock verwirrt sein mag, aber ich glaube, er ist mitten in die falsche Armee geraten, ohne es zu bemerken. Wenn man es überlegt – er konnte doch kaum erwarten, uns hier in Kabin zu finden.«
    Tan-Rion überlegte.
    »Er könnte dennoch auf ehrliche Weise zu dem Emblem gekommen sein. Dann wäre es nur ein Zeichen, um zu beweisen, für wen er arbeitet. Niemand weiß, was für seltsame Leute unmittelbar an General Erketlis Berichte bringen oder in den letzten Monaten seine Botschaften befördert haben. Nehmen wir zum Beispiel an, daß Graf Elleroth diesen Mann bei seinem Aufenthalt in Bekla verwendete. Wann wird General Erketlis zurückerwartet, hast du es gehört?«
    »Nicht vor übermorgen. Er wurde informiert, daß eine große Sklavenkolonne von Thettit-Tonilda nach Westen in Richtung Bekla unterwegs ist; es erfordert sehr scharfe Märsche, um sie noch rechtzeitig zu erreichen, deshalb nahm der General hundert Mann vom Falaronregiment und sagte, er werde die Sache selbst erledigen.«
    »Das sieht ihm ganz ähnlich. Ich fürchte nur, daß ihm so etwas einmal mißglückt. Nun, unter diesen Umständen müssen wir den Mann wohl hierbehalten, bis der General zurückkommt.«
    »Vielleicht könnten wir Graf Einhand – Graf Elleroth – bitten, sich ihn anzusehen, Herr. Wenn er ihn erkennt, was Ihr, wie ich annehme, für möglich haltet, dann wissen wir wenigstens, woran wir sind, selbst wenn sich der Mann nicht so weit erholt, daß er uns etwas erzählt.«
    Nach einigen weiteren fruchtlosen Fragen an Kelderek führte Tan-Rion ihn zusammen mit seinen zwei Soldaten aus dem Haus und auf die Stadtmauer. Dort gingen sie im Sonnenschein weiter und blickten auf der einen Seite auf die Stadt, auf der anderen auf die Hütten und Biwaks des Lagers auf den Feldern vor der Stadt hinunter. Die Brise trug den Rauch von Feuern mit, und auf dem Marktplatz sammelte sich auf die langgezogenen, konventionellen Aufforderungen eines Ausrufers in rotem Mantel hin eine Menschenmenge an.
    »Der muß ein Vermögen verdient haben, seit wir herkamen, wie?« sagte ein Wachtposten auf der Mauer zu einem von Tan-Rions Soldaten und wies mit dem Daumen zu dem Ausrufer hinunter, der schon auf seine Plattform kletterte.
    »Das glaube ich«, antwortete der Soldat. »Jedenfalls habe ich ganz hübsch an ihm verdient. Er treibt sich bei uns herum und bietet Bezahlung für alles an, was wir ihm erzählen können.«
    »Nun, dann gib nur acht, wieviel du ihm erzählst«, schnauzte ihn Tan-Rion an.
    »Bestimmt, Herr. Wir alle wollen am Leben bleiben.«
    Bei dem Tor, durch das Kelderek am Abend zuvor in die Stadt gekommen war, stiegen sie über eine Treppe von der Mauer nach unten, überquerten einen Platz und kamen zu einem großen Steingebäude, vor dem ein Posten Wache hielt. Kelderek und seine Eskorte wurden in einen Raum geführt, der früher dem Hausverwalter gehört hatte, während Tan-Rion nach einigen Worten zu dem Gardehauptmann ihn durch das Haus in den Garten begleitete.
    Der grüne, regelmäßig angelegte Garten wurde von Zierbäumen und -sträuchern beschattet – Lexis, purpurne Cresset und scharf duftende Planella, deren kleine, violett gesprenkelte Blüten sich schon in der frühen Sonne öffneten. Durch die Gartenmitte floß, in seinem Kiesbett murmelnd, ein vom Stausee abgeleiteter Bach, an dessen Rand Elleroth im Gespräch mit einem Offizier aus Yeldashay, einem Baron aus Deelguy und dem Stadtgouverneur spazierenging. Er war hager und bleich, sein Gesicht war vom Schmerz und den Entbehrungen der letzten Zeit ausgemergelt. Seine Unke Hand, die er in der Schlinge trug, steckte bis zum Handgelenk in einem großen, gepolsterten Handschuh aus Birkenrinde, der die darunterliegenden Verbände bedeckte und schützte. Sein himmelblaues Gewand, ein Geschenk aus Santil-ke-Erketlis’ Garderobe (denn er war in Lumpen zur Armee gekommen), war über der Brust mit den Kornähren von Sarkid bestickt, die Silberschnalle seines Gürtels hatte die Form des Hirschemblems. Er stützte sich beim Gehen auf einen Stock, und seine Begleiter paßten sich seinem Schritt an. Er nickte Tan-Rion und dem Gardekommandanten höflich zu, die ehrerbietig abseits stehenblieben und warteten, bis er

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