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Shardik

Titel: Shardik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Adams
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Kabin getötet, aber dein Vater verhinderte es. Als er mich über den Vrako schickte, sagte er mir, wenn sie mich je wiederfänden, würden sie mich töten. Ich werde also sterben, entweder von der Hand der Soldaten oder durch Genshed.«
    »Wenn dir mein Vater damals verzeihen konnte, Crendrik, kann ich das jetzt auch. Ach, was macht es denn aus? Das Mädchen wird sterben, Genshed wird es töten – ich weiß es«, rief der Junge weinend.
    Ehe Kelderek antworten konnte, stand Genshed stumm über ihnen im Dunkel. Er schnipste mit den Fingern, und beide erhoben sich langsam und mühselig, zitternd und schaudernd wie Tiere vor einem grausamen Herrn. Er wollte etwas sagen, als Lalloc herankam, und er wandte sich ihm zu und ließ die beiden stehen.
    »Du würdest nicht viel für sie kriegen, Gensh«, sagte Lalloc. »Also mach dir keine Sorgen. Sogar ich könnte dir für die nicht viel bezahlen. Du verlierst sehr wenig, wirklich sehr wenig.«
    »Dennoch behalte ich die beiden bei mir«, antwortete Genshed.
    »Hat doch keinen Sinn, die zu behalten, Gensh, jetzt nicht. Die kriegst du niemals heraus, und wenn wir mit ihnen gefaßt werden, was dann, ha? Wird schwer genug sein, überhaupt rauszukommen, aber wir haben nichts zu essen, Gensh, wir müssen versuchen rauszukommen. Wir versuchen, nach Deelguy hinüberzukommen, das ist unsere einzige Chance.«
    Genshed setzte sich auf die zerbrochene Mauer und starrte teilnahmslos vor sich hin. Lallocs Ringe klirrten, als er seine Hände nervös aneinander rieb.
    »Gensh, heute abend können wir es nicht versuchen. Wir versuchen es morgen früh, sobald es hell ist. Komm dort hinein, da ist ein Stück Dach darauf. Wir machen ein Feuer – das wird man draußen nicht sehen. Hör zu, Gensh, ich hab noch was zu trinken –‘n gutes, starkes Getränk. Wir bleiben hier, allmählich wird es Morgen, dann gehen wir über den Fluß, gut?«
    Genshed erhob sich langsam und drückte die Spitze seines Messers nacheinander auf seine Fingerspitzen. Schließlich wies er mit dem Kopf auf Radu und sagte: »Ich behalte ihn bei mir.«
    »Also, wie du willst, Gensh, ja, ja, aber er ist dir jetzt zu nichts nütze, keiner von ihnen hat noch einen Wert für dich. Laß sie doch, wir brauchen sie nicht mehr, im Dunkel kommen die nirgends mehr hin, sie sind erschöpft, erledigt. Morgen verschwinden wir.«
    »Ich behalte ihn bei mir«, wiederholte Genshed.
    Shara kam langsam auf Radu zu. Als sie ihre Hand in die des Jungen legte, blickte Genshed auf sie nieder, seine Augen waren, wie die einer Schlange, von allgemeiner, kalter Bosheit erfüllt. Radu bückte sich, um sie aufzuheben, war aber zu schwach dazu, ließ sich auf ein Knie sinken und begegnete dabei Gensheds Blick. Er erhob sich halb, anscheinend um fortzulaufen, doch als Genshed sein durchbohrtes Ohr erfaßte, keuchte er: »Nein! Nein! Ich will nicht – «
    »Hör mal, Radu, du bist nur ein dummer kleiner Junge, nicht wahr?« sagte Genshed, das Ohr langsam drehend, so daß Radu auf die Knie sank. »Nur ein dummer kleiner Junge, das bist du doch?«
    »Ja.«
    Genshed führte die Spitze seines Messers an Radus Augenlid entlang, doch dann schien er plötzlich des Unterfangens überdrüssig, steckte es wieder in die Scheide, zog Radu hoch und führte ihn zu dem verfallenen Häuschen, wo Lalloc bereits kniete und seinen rauchenden Feuertopf zu einer Flamme blies. Shara trottete neben ihnen, ihr Weinen wurde, als sie durch den Eingang traten, unhörbar. Kelderek, der allein im Dunkel geblieben war, sank auf dem offenen Gelände zu Boden; später aber – er wußte nicht, um wieviel später – kroch er auf Händen und Knien in die nächste Hütte. Und dort schlief er ein.
     

53. Nachtgespräch
     
    Man hatte ihm ein Bündel Kindersklaven gegeben, die er in den Palast der Barone schaffen sollte, aber sie waren so schwer, daß er sie nicht tragen konnte und sie Schritt um Schritt hinter sich herschleifen mußte. Der Weg führte auf einen Berg, und er folgte seinem Herrn Shardik hinauf durch die steilen, trostlosen Wälder, in denen die Geister der toten Soldaten zwischen den Ästen flatterten und schwatzten. Zuletzt wurde der Weg so steil und die Last so schwer, daß er auf Händen und Knien kriechen mußte und auf diese Weise endlich zur Höhe kam. Der Palast der Barone stand auf dem äußersten Gipfel, doch merkte er im Näherkommen, daß es nur gestrichenes Holz auf einem Rahmen war, und als er stehenblieb und es ansah, brach es in Stücke und fiel über

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