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Shardik

Titel: Shardik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Adams
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Generälen, die es nicht konnten. Daraus entstand das Übel – aber auch Gutes.«
    »Ja, ich verstehe«, sagte Elleroth etwas zerstreut und begann, mit Melathys über die wahrscheinlichen Erfordernisse der Tuginda zu sprechen.
    Die Dorfbewohner erfuhren mit Bedauern, daß die Soldaten abziehen würden, denn die hatten sich im großen ganzen gut benommen und korrekt alles bezahlt, was sie bekamen. Überdies hatten sie willkommene Abwechslung und Antrieb in das normale, elende Leben von Tissarn gebracht. Es gab die übliche Geschäftigkeit, als Waffen und Ausrüstung gesammelt und inspiziert, die Quartiere verlassen, Lasten verteilt und eine Vorhut in Marsch gesetzt wurde, die das erste Nachtlager vorbereiten sollte (denn nur Elleroth und einige Offiziere mit ihren Dienern reisten zu Wasser, da es nur wenige verfügbare Kanus gab).
    Am Nachmittag nahm Kelderek, des Lärms und Tumults überdrüssig, Angelleinen und Köder und machte sich längs des Ufers auf den Weg. Er war noch nicht weit gegangen, als er neun oder zehn von den Sklavenkindern traf, die am Ufer herumplanschten. Er schloß sich ihnen an, fand sie in besserer Stimmung, als er erwartet hatte, und hatte sogar Vergnügen an ihrer Gesellschaft, die ihn nun ein wenig an die alten Zeiten in Ortelga erinnerte. Einer der Knaben, ein dunkelhaariger, etwa zehnjähriger Junge mit flinken Bewegungen, lehrte sie ein Gesangspiel aus Paltesh. Das führte zu anderen, bis schließlich Kelderek, den sie neckten und aufforderten, er solle etwas beitragen, ihnen das erste ortelganische Spiel zeigte, das ihm einfiel.
     
    Katze fängt ‘n Fisch im Schaum in dem Fluß;
    Katze fängt ‘n Fisch, den sie heimbringen muß.
    Lauf, Katze, lauf und schlepp ihn, daß es flitzt –
     
    Als er die Linien mit einem Stock in den Sand kratzte und einen grünen Zweig als Fisch hinlegte, spürte er wieder, wie schon seit Jahren nicht mehr, die Heiterkeit, Unmittelbarkeit und Inanspruchnahme, die ihn einst veranlaßt hatte, Kinder »Gottesflammen« zu nennen.
     
    Bring ihn der hübschen Maid, die dort am Feuer sitzt!
     
    Und dann humpelte er schleppend davon, langsam genug, denn er war, wie er Elleroth gesagt hatte, noch bei weitem nicht geheilt; in seinem Herzen aber ging er wie einst in den Tagen, da er ein junger Einfaltspinsel war, der lieber mit den Kindern spielte als mit den Männern trank.
    Als er nicht mehr dran war, die Katze zu spielen, zog er sich zurück. Er blieb unauffällig hinter einem Felsen stehen, da merkte er, daß der Junge, der müßig neben ihm stand, Schreihals war, aber so mager und blaß, daß er ihn zuerst nicht erkannt hatte. Er nahm an dem Spiel nicht teil, sondern starrte niedergeschlagen zu Boden, ging auf und ab und stach zornig mit einem Stock auf die Steine los. Ein zweiter Blick auf ihn zeigte Kelderek, daß er, wenn er nicht tatsächlich schon weinte, wahrscheinlich so nahe daran war, wie es für einen Jungen möglich war, der mehrere Monate in Gensheds Diensten verbracht hatte.
    »Geht es dir besser?« fragte Kelderek, als Schreihals ein wenig näher kam.
    »Wär ja scheißblöde«, antwortete Schreihals, der kaum den Kopf wandte.
    »Komm her!« sagte Kelderek scharf. »Was hat dich hier hinausgeführt? Was ist los?« Der Junge antwortete nicht, und er faßte ihn am Arm und sagte nochmals: »Vorwärts, sag es mir, was ist los?«
    »Sie sind froh, daß sie fortgehen, nicht wahr?« sagte Schreihals in einer Art wütendem Keuchen. »Entweder sie haben Glück, oder sie sind zu scheißblöde, um zu wissen, daß sie es nicht haben.«
    »Warum, gehen sie denn nicht heim?« fragte Kelderek.
    »Heim? Die Hälfte von ihnen hat nie ein Heim gehabt. Wenn sie’s gehabt hätten, wären sie doch nicht hier, oder?«
    »Nur weiter«, sagte Kelderek, ohne seinen Arm loszulassen. »Warum nicht?«
    »Das weißt du so gut wie ich; Kinder, deren Mütter sie nicht haben wollen, die Väter sind abgehauen, sie leben, wie sie können, nicht wahr, eines Tages verkauft sie jemand für vierzig Meld, um sie loszuwerden – genau wie mich. Für manche das Beste, was ihnen je geschehen ist, es sei denn, sie wären gestorben. Sklaven – die waren doch immer nur Sklaven, oder?«
    »Was glaubst du dann, wohin sie jetzt gehen werden?«
    »Wie zum Teufel soll ich das wissen?« brüllte Schreihals – es klang wie ein Rückfall in seine alte Form. »Schlag-auf-Scheißlee, das würde mich nicht wundern. Warum läßt du mich nicht in Ruhe? Ich fürchte mich nicht vor dir.«
    Kelderek

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