Shardik
sagte er ernst: »Nun, ich hatte einen Grund. Ich war der Ansicht, daß du, Crendrik, es verdientest, meinen Dank entgegenzunehmen und die Nachricht so schnell zu hören, wie ich beide herbringen konnte.«
Er machte eine Pause, doch Kelderek schwieg, und nach einer Weile fuhr Elleroth fort: »Solltest du deinetwegen noch in irgendwelcher Sorge sein, wirst du sie nun hoffentlich fallenlassen. Als ich dir in Kabin sagte, wir würden dich töten, falls wir dich wiederträfen, konnten wir nicht wissen, daß du das Elend der Sklaverei mit dem Erben von Sarkid teilen und an seiner Lebensrettung Anteil haben würdest.«
Kelderek erhob sich unvermittelt, tat einige Schritte, blieb, Elleroth den Rücken kehrend, stehen und blickte auf den Fluß hinaus. Tan-Rion zog die Brauen hoch und erhob sich halb, doch Elleroth schüttelte den Kopf und wartete, ergriff Radus Hand und sprach leise mit ihm, bis Kelderek sich wieder gefaßt haben würde.
Endlich wandte sich Kelderek um und sagte rauh: »Und bedenkst du auch, daß ich es war, der die Leiden deines Sohnes und den Tod des kleinen Mädchens verschuldete?«
»Mein Vater weiß noch nichts von Shara«, sagte Radu.
»Wenn du Reue empfindest, Crendrik«, sagte Elleroth, »kann ich darüber nur froh sein. Ich weiß, daß du gelitten hast – wahrscheinlich mehr, als du je erzählen könntest, denn das wahre Leiden ist geistig, und das schlimmste darin ist die Reue. Auch ich habe Leid und Angst gelitten – wochenlang litt ich unter dem Verlust meines Sohnes und glaubte ihn für mich verloren. Nun sind wir alle drei – er, du und ich – erlöst und, ob es tatsächlich ein Wunder war oder nicht, ich bin nicht so niedrig gesinnt, dem armen Bären meine Dankbarkeit zu versagen, der wie Graf Deparioths Mutter lebend aus dem Streel kam, oder gegen einen Mann, der meinem Sohn Gutes tat, Groll zu hegen. Ich erkläre alle Schuld getilgt durch Shardiks Tod – seinen geheiligten Tod, denn als solchen müssen wir ihn betrachten. Aber ich habe auch noch einen anderen Grund für Freundschaft zwischen uns – einen, wenn du willst, politischen Grund. Es herrscht nun Frieden zwischen Ikat und Bekla, und während wir sprechen, kehren alle Gefangenen und Geiseln nach Hause zurück.« Er lächelte. »Es wäre also keineswegs passend für mich, nicht wahr, Rachegefühle gegen dich zu hegen.«
Kelderek setzte sich auf die Bank. Vom Strand her drangen die Rufe einiger junger Fischer herauf, die ihre Kanus ins Wasser setzten.
»Als du in Kabin warst«, sagte Elleroth, wobei er ziemlich erfolglos versuchte, ein Gähnen zu unterdrücken, »führte General Santil-ke-Erketlis persönlich eine Abteilung unserer Truppen, mit der er eine Sklavenkolonne auf dem Marsch westlich von Thettit überholen und befreien wollte. Es gelang ihm, brachte ihn jedoch in unmittelbare Nähe der beklanischen Armee, die, wie du wissen dürftest, uns von der Yeldashayer Grenze an verfolgt hatte. Bei seinem Rückmarsch mit den befreiten Sklaven traf er auf eine Abordnung beklanischer Offiziere, die gleichfalls auf dem Weg nach Kabin waren, um mit uns zu verhandeln. Sie standen unter Führung von General Zelda und beabsichtigten, einen sofortigen Waffenstillstand und Verhandlungen über die Friedensbedingungen vorzuschlagen.
Vor drei Tagen nahm ich mit Erketlis an der Besprechung mit den Ortelganern teil, da traf die Nachricht aus Zeray über die dortigen Ereignisse ein. Ich machte mich sofort auf den Weg nach Tissarn, bin jedoch sicher, daß man sich inzwischen über die Bedingungen geeinigt hat. Ich brauche dich – wenigstens vorläufig – nicht mit allen Details zu ermüden, aber die Hauptsache ist, daß Yelda, Lapan und Belishba von Bekla unabhängig werden. Die Ortelganer sollen Bekla sowie die übrigen Provinzen behalten und sich dafür verpflichten, den Sklavenhandel abzuschaffen und bei der Rückstellung aller Sklaven in ihre Heimat mitzuhelfen.«
Kelderek starrte in seinen Weinbecher und schwenkte ihn hin und her. Dann nickte er bedächtig, blickte auf Elleroth und sagte:
»Ich bin froh, daß der Krieg zu Ende ist, und noch mehr darüber, daß man den Sklavenhandel abschaffen wird.« Er legte eine Hand über seine Augen. »Es ist schön von dir, daß du so schnell mit der Nachricht hergekommen bist. Wenn ich dir keine bessere Antwort zu geben vermag, liegt es daran, daß ich noch schwach bin und mein Kopf wirr ist. Ich hoffe, wir können wieder miteinander sprechen – vielleicht morgen.«
»Ich bleibe noch
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