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Shardik

Titel: Shardik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Adams
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Kelderek an, und sein Blick besagte: »Bist du ein Mann, wie du behauptest, oder ein der Fuchtel einer Frau noch nicht entwachsenes Kind?« Dann rief er, ohne das Handgelenk der Tuginda loszulassen, seine Diener, die zögernd aus dem Gebüsch von der anderen Straßenseite herankamen.
    »Numiss«, sagte Ta-Kominion, »die Saiyett begleitet uns zu Zelda und dem Heer, die wir auf der Straße treffen werden.«
    Er zog den Arm aus der Lederschlinge. »Nimm das und fessele ihr die Hände auf dem Rücken.«
    »Herr – mein Herr«, stammelte Numiss, »ich fürchte…«
    Ohne ein weiteres Wort zog Ta-Kominion mit vor Schmerz zusammengepreßten Zähnen die Hände der Tuginda auf ihren Rücken und band sie fest mit dem Lederriemen zusammen. Dann legte er das freie Ende in Numiss’ Hand. Währenddessen hielt er das Messer zwischen den Zähnen, sichtlich bereit, es zu benutzen, aber sie wehrte sich nicht, sondern stand wortlos mit geschlossenen Augen und preßte die Lippen zusammen, als der Riemen sie in die Gelenke schnitt.
    »Nun wollen wir gehen«, sagte Ta-Kominion. »Glaube mir, Saiyett, es tut mir leid, daß ich dich so entwürdigend behandeln muß. Zwinge mich bitte nicht durch Hilferufe, dich zu knebeln!«
    Die Tuginda wandte sich in der fast völligen Dunkelheit des Mondunterganges um und blickte auf Kelderek. Einen Moment lang trafen sich ihre Augen, dann senkten sie sich, und er blickte nicht auf, als er hörte, wie die Tuginda über den Pfad davonstolperte. Als er es dann endlich tat, war sie mit Ta-Kominion schon eine Strecke weit gegangen. Er lief ihnen nach, und Ta-Kominion wandte sich rasch, mit dem Messer in der Hand, um.
    »Ta-Kominion!« keuchte er. »Tu ihr kein Leid an! Sie darf nicht gekränkt oder mißhandelt werden! Sie darf nicht Schaden leiden! Versprich es mir!«
    »Ich verspreche es dir, Hoher Priester von Shardik, unserem Herrn, in Bekla.«
    Kelderek blieb zögernd stehen, noch hoffte er, sie würde jetzt etwas sagen. Doch sie schwieg, und bald waren sie außer Seh- und Hörweite, verschwunden im Nebel und im Dunkel des Tales. Einmal vernahm er Ta-Kominions Stimme. Dann war er allein in der Einsamkeit.
    Er machte kehrt und ging langsam zurück, vorbei an dem in seinen blutigen Mantel gehüllten Toten, vorbei an dem Felsen, wo Shardik wartend gelegen hatte. Links von ihm, über dem düsteren Wald, zeigte sich das erste Licht am Himmel. Noch war kein Streich im Krieg getan worden, und dennoch war er erfüllt von einem Gefühl der Verlassenheit und Gefahr, vom Bewußtsein, schon unwiderruflich beteiligt zu sein an einer verzweifelten Unternehmung, die, wenn sie nicht gelang, nur mit Vernichtung und Tod enden konnte. Er sah sich in dem leeren, im Zwielicht liegenden Tal mit einer Art verwundertem Staunen um, wie es ein bösartiges Kind empfinden mag, wenn es eine brennende Fackel an einen Holzstoß oder an ein Dach hält und merkt, daß es nur langsam Feuer fängt und nicht augenblicklich auflodert, wie es sich das vorgestellt hat. War Verzweiflung denn eine so langsame Angelegenheit?
    Er, hörte, wie sein Name von der Anhöhe gerufen wurde, drehte sich um und sah Rantzays hohe Gestalt mit sechs oder sieben Mädchen’ herunterkommen. Sofort verließ ihn seine Sorge, und er ging ihnen mit klarem Sinn und zielbewußt entgegen.
    »Zilthe hat uns erzählt, wie Shardik, unser Herr, den Verräter aus Ortelga niedergeschlagen hat. Ist alles in Ordnung? Wo ist die Tuginda und der junge Baron?«
    »Sie – sie sind zusammen ins Tal gegangen. Das Heer ist schon losgezogen, und sie haben sich ihm angeschlossen. Es ist Shardiks, unseres Herrn, Wille, an dem Marsch gegen Bekla teilzunehmen. Du und ich, wir müssen diesen Willen ausführen, und wir dürfen keine Zeit verlieren.«
    »Was sollen wir tun, Herr?«
    »Hast du noch das Schlafmittel im Lager – das Mittel, das für die Heilung unseres Herrn Shardik verwendet wurde?«
    »Wir haben es und noch andere Medikamente, aber keine in großen Mengen.«
    »Es wird schon ausreichen. Du sollst nun unseren Herrn Shardik suchen und ihn betäuben; wie läßt sich das am besten machen?«
    »Er nimmt es vielleicht in der Nahrung zu sich, Herr. Wenn nicht, müssen wir warten, bis er schläft, und es ihm dann einimpfen. Das wäre sehr gefährlich, aber man könnte es versuchen.«
    »Du hast Zeit bis zum Sonnenuntergang. Wenn man ihn auf die eine oder andere Weise hier in die Nähe bringen könnte, wäre das ein Vorteil. Er darf nicht im dichten Wald einschlafen, sonst würde

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