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Sharpes Beute

Titel: Sharpes Beute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Sharpe.
    »In einem Waisenhaus?«
    »In einem Findelhaus. Das ist ungefähr das Gleiche. Aber es war nicht ganz so wie das hier. Wir mussten hart arbeiten.«
    »Hier arbeiten die Kinder ebenfalls«, sagte Astrid ernst. »Die Mädchen lernen nähen, und die Jungs müssen lernen, Seeleute zu sein.« Sie führte ihn in den Hof, wo ein großer Flaggenmast wie ein Schiffsmast aufgetakelt war. »Die Jungs müssen daran lernen, hinaufzuklettern, und die Mädchen nähen all diese Flaggen.«
    Sharpe lauschte dem Gelächter im Hintergrund. »Bei uns war es anders«, sagte er.
    Ein Dutzend Kinder, alle in grauen Kleidern oder Hosen, spielten Fangen um den Flaggenmast. Drei behinderte Kinder und eine Geistesgestörte, ein Mädchen mit schräg geneigtem Kopf, das zuckte und sabberte und unartikulierte Laute ausstieß, beobachteten sie aus Korbstühlen mit Rädern.
    »Sie wirken glücklich«, sagte Sharpe.
    »Das ist wichtig«, sagte Astrid. »Einem glücklichen Kind gibt eine gute Familie wahrscheinlicher ein Heim.« Sie führte ihn nach oben ins Haus, wo das Hospital zwei große Räume belegte, und Sharpe wartete auf dem Balkon und dachte an Jem Hocking und Brewhouse Lane, während Astrid ihr Essen ablieferte. Er erinnerte sich an Hockings Furcht und lächelte.
    »Warum lächeln Sie?«, fragte Astrid, als sie auf den Balkon zurückkehrte.
    »Ich habe mich an meine Kindheit erinnert«, log er.
    »Sie war also glücklich?«
    »Nein. Wir wurden in unserem Waisenhaus zu oft geschlagen.«
    »Die Kinder hier werden geschlagen, wenn sie stehlen oder Lügen erzählen«, sagte Astrid. »Aber das kommt nicht oft vor.«
    »Uns pflegte man auszupeitschen«, sagte Sharpe, »bis Blut floss.«
    Astrid runzelte die Stirn, als sei sie nicht sicher, ob sie ihm glauben konnte. »Meine Mutter pflegte zu sagen, dass die Engländer grausam sind.«
    »Die Welt ist grausam«, sagte Sharpe.
    »Dann müssen wir lernen, freundlich zu sein«, sagte Astrid.
    Er brachte sie nach Hause.
    Bang blickte finster drein, als sie durch die Tür kamen, und Ole Skovgaard, der bemerkte, dass seine Tochter glücklich aussah, bedachte Sharpe mit einem misstrauischen Blick.
    »Wir müssen Dänen finden, die uns beschützen«, sagte Skovgaard seiner Tochter an diesem Abend. Aber Männer wurden in der Miliz gebraucht, und die Miliz war damit beschäftigt, neues Außenwerk in den Vororten aufzuwerfen, und so erlaubte Skovgaard widerstrebend und hauptsächlich auf das Drängen seiner Tochter hin, dass Sharpe am Ulfedts Plads bleiben konnte.
    Am Sonntag ging Sharpe mit Skovgaard und seinen Leuten zur Kirche, wo die Kirchenlieder eintönig klangen und die Predigten scheinbar unendlich waren und Sharpe eindöste, bis Aksel Bang ihm empört den Ellbogen in die Rippen stieß.
    Am nächsten Morgen begleitete Sharpe Skovgaard zu einer Bank, und am Nachmittag ging er mit Astrid wieder zum Waisenhaus. Anschließend besuchte er mit ihr ein Lagerhaus, in dem Zucker lagerte. Es befand sich auf Amager, der kleinen Insel, auf der die östliche Hälfte von Kopenhagen erbaut worden war.
    Sie überquerten eine Hubbrücke, die den schmalsten Teil des Hafens überspannte, und gingen an der großen Sperre vorbei, die den inneren Hafen schützte, in dem die gefährdete dänische Flotte lag.
    Sharpe zählte achtzehn Linienschiffe und ebenso viele Fregatten, Briggs und Kanonenboote. Zwei große Schiffe waren in der Werft im Bau, und ihre großen Rümpfe wirkten auf der Helling wie halb mit Holz bekleidete Skelette. Diese Schiffe waren Napoleons letzte Hoffnung einer Invasion in Britannien, weshalb die Briten in Dänemark waren und die Franzosen angriffsbereit an der Grenze zu Holstein standen. Matrosen entluden die großen Geschütze aus den Schiffen und transportierten sie an Land, wo sie der Artillerie, die bereits auf den Stadtmauern war, hinzugefügt wurden.
    Nachdem Astrid eine Verkaufsurkunde für den Zucker im Lagerhaus hinterlassen hatte, führte sie Sharpe zur seewärts gelegenen Stadtmauer, und sie stiegen die Rampe zwischen zwei gigantischen Bastionen hinauf. Der Wind kräuselte das Wasser und hob das blonde Haar an Astrids Nacken, als sie nordwärts schaute, wo die Masten der britischen Flotte am Horizont wie ein Dickicht wirkten.
    »Warum bleiben sie im Norden?«
    »Es braucht seine Zeit, um eine Armee zu landen«, sagte Sharpe. »Viel Zeit. Es wird ein, zwei Tage dauern, bis sie herkommt.«
    Das dumpfe Donnern eines Geschützes klang schwach durch den warmen Nachmittag. Sharpe spähte

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