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Sharpes Feuerprobe

Titel: Sharpes Feuerprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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habe nicht mit Ihnen gesprochen.« Der Franzose nahm eine von Lawfords Händen und musterte stumm die weichen Finger ohne Schwielen. »Wie kommt es, dass Sie in der Armee sind, Lawford?«
    »Mein Vater ging bankrott, Sir«, sagte Lawford und beschwor die schlimmste Katastrophe herauf, die er sich vorstellen konnte.
    »Aber der Sohn eines bankrotten Vaters kann eine Anstellung finden, oder etwa nicht?« Gudin sah sich wieder die weichen, glatten Finger an, und dann gab er Lawfords Hand frei. »Und jeder Job ist sicherlich besser als das Leben eines britischen Soldaten, oder?«
    »Ich war betrunken, Sir«, sagte Lawford und fühlte sich erbärmlich, »und ich lernte einen rekrutierenden Sergeant kennen.« Das Elend des Lieutenants war nicht die vorgestellte Erinnerung, sondern die Schwierigkeit, die Lüge überzeugend darzustellen, und sein Verhalten beeindruckte Gudin. »Es war in einem Pub in Sheffield«, fuhr Lawford fort. »The Hawse in the Lake, Sir. In Sheffield, Sir. In der Pond Lane, am Markttag.« Seine Stimme wurde schwächer, als überlege er, an welchem Tag in der Woche es den Markt gab.
    »In Sheffield?«, fragte Gudin. »Ist das nicht da, wo sie Eisen machen? Und – wie bezeichnet man das? – Messerwaren? Sie sehen nicht aus wie ein Messerschmied, Lawford.«
    »Ich war Anwaltsgehilfe, Sir.« Lawford errötete leicht. Er wusste, dass er den Namen des Pubs durcheinander gebracht hatte, obwohl zu bezweifeln war, dass Colonel Gudin das jemals bemerken würde, doch der Lieutenant war so sicher, dass seine Lügen so durchsichtig wie eine Glasscheibe waren.
    »Und Ihr Job in der Armee?«, fragte Gudin.
    »Kompanieschreiber, Sir.«
    Gudin lächelte. »Keine Tinte auf Ihrer Hose, Lawford! In unserer Armee verspritzen die Schreiber überall Tinte.«
    Für einen Moment hatte es den Anschein, als wolle Lawford sein Lügen aufgeben und in seiner peinlichen Lage dem Franzosen die ganze Wahrheit gestehen, doch dann hatte der Lieutenant eine Eingebung. »Ich trage eine Schürze, Sir, wenn ich schreibe. Ich will nicht wegen einer dreckigen Uniform bestraft werden, Sir.«
    Gudin lachte. In Wahrheit hatte er keinen Augenblick an Lawfords Geschichte gezweifelt, sondern die Verlegenheit des Lieutenants für Scham über den Bankrott seiner Familie gehalten. Der Franzose hatte Mitleid mit dem großen, blonden jungen Mann mit dem anspruchsvollen Wesen, der offenkundig nie hätte Soldat werden sollen. Das reichte Gudin als Erklärung für Lawfords Nervosität. »Sie sind Schreiber, wie? Heißt das, Sie sehen Papiere bei Ihrer Arbeit?«
    »Eine Menge, Sir.«
    »Dann wissen Sie also, wie viele Geschütze die Briten hierher mitbringen?«, fragte Gudin. »Wie viel Munition?«
    Lawford schüttelte konsterniert den Kopf. Für ein paar Sekunden war er sprachlos, dann schaffte er es, zu sagen, dass er diese Art von Papieren nie gesehen hatte. »Ich habe nur Kompaniepapiere zu sehen bekommen, Sir. Strafbücher, Wachlisten, diese Art Dinge.«
    »Verdammt Tausende«, warf Sharpe ein. »Ich bitte um Verzeihung, dass ich gesprochen habe, Sir.«
    »Tausende was?«, fragte Gudin.
    »Ochsen, Sir. Jeweils sechs Achtzehnpfünder-Munition sind pro Kopf angeschnallt, und einige tragen sogar Munition für acht. Aber es sind Tausende Geschosse.«
    »Zweitausend? Dreitausend?«, fragte Gudin.
    »Mehr als das, Sir. Ich habe noch nie so eine große Herde gesehen, nicht einmal, als die Schotten die Rindviecher von Schottland nach England getrieben haben.«
    Gudin zuckte mit den Schultern. Er hatte sehr bezweifelt, dass diese beiden ihm irgendetwas Nützliches sagen konnten, gewiss nichts, was Tippus Kundschafter und Spione nicht bereits entdeckt und berichtet hatten, doch er hatte die Fragen stellen müssen. Jetzt wedelte er sich Fliegen vom Gesicht und sagte den beiden Deserteuren, was sie vielleicht erwarten würde.
    »Seine Hoheit, der Sultan, wird über euer Schicksal entscheiden, und wenn er gnädig ist, wird er wünschen, dass ihr in seiner Streitmacht dient. Ich nehme an, ihr seid dazu bereit?«
    »Jawohl, Sir«, sagte Sharpe begierig. »Deshalb sind wir hier, Sir.«
    »Gut«, sagte Gudin. »Der Sultan möchte euch vielleicht in einem seiner cushoons haben. Das ist das Wort, das hier für ein Regiment benutzt wird, ein cushoon . Es sind alles gute und gut ausgebildete Soldaten, und ihr werdet willkommen sein, aber es gibt einen Nachteil. Ihr werdet beide geläutert werden müssen.«
    Lawford wurde blass, während Sharpe nur mit den Schultern

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