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Sharpes Flucht

Sharpes Flucht

Titel: Sharpes Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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nach aber nicht zu siegessicher. Wenn möglich, wollten sie einen Kampf vermeiden, denn plötzlich rief Ferragus: »Captain Sharpe!«
    Er gab keine Antwort. Das Kratzen von Krallen ertönte vom hinteren Ende des Warenhauses her, und draußen rumpelten Räder über das Holperpflaster der Straße.
    »Captain Sharpe! Kommen Sie heraus!«, rief Ferragus. »Entschuldigen Sie sich bei mir, und Sie können gehen. Das ist alles, was ich will. Eine Entschuldigung.«
    Das kannst du deiner Großmutter erzählen, dachte Sharpe. Ferragus wollte seine Lebensmittel behalten, bis die Franzosen kamen, und in dem Augenblick, in dem sich Sharpe oder seine Gefährten sehen ließen, würde man sie niederschießen. Es war also an der Zeit, für die hinterhältigen Kerle selbst einen Hinterhalt zu legen.
    Er kroch bis zum Rand der Säcke und spähte vorsichtig hinab. Unten stand eine Gruppe Männer. Vielleicht ein halbes Dutzend, und keiner blickte nach oben. Niemand hatte daran gedacht, die Höhe im Auge zu behalten, dabei hätten sie doch wissen müssen, dass ihre Gegner Soldaten waren und dass Soldaten immer versuchten, auf die Höhe zu gelangen.
    Sharpe schob die Salvenbüchse vor. Die sieben Halb-Zoll-Kugeln waren tief hineingerammt worden, aber es bestand immer die Möglichkeit, dass eine davon in dem Augenblick, in dem er die Waffe nach unten richtete, aus dem Lauf rollen würde, also bestand der Trick darin, schnell zu schießen, sehr schnell, und dass bedeutete, dass er nicht zielen konnte. Er kroch zurück, dann stand er auf und erstarrte, als sich eine andere Stimme erhob. »Captain Sharpe!« Der Sprecher war keiner der Männer, die in der Tiefe unter Sharpe standen. Der Stimme nach schien er sich in der Nähe der großen Türen zu befinden. »Captain Sharpe. Hier spricht Major Ferreira.«
    Der Bastard war also auch hier. Sharpe packte die Salvenbüchse fester und machte sich bereit, vorzutreten und zu feuern, aber Ferreira erhob die Stimme noch einmal. »Ich gebe Ihnen mein Wort als Offizier! Ihnen wird nichts geschehen! Mein Bruder will eine Entschuldigung, sonst nichts.« Ferreira machte eine Pause, dann sprach er auf Portugiesisch weiter, vermutlich weil er wusste, dass sich Jorge Vicente bei Sharpe befand, und Sharpe konnte sich vorstellen, dass Vicente mit seinem anständigen, gesetzestreuen, vertrauensseligen Gemüt Ferreira sogar Glauben schenkte, also gab er ihm seine eigene Antwort. In einer einzigen raschen Bewegung trat er an den Rand vor, senkte die Mündungen der Waffe nach unten und betätigte den Abzug.
    Drei der Kugeln waren lose und begannen zu rollen, wodurch die enorme Kraft der Waffe reduziert wurde, aber das Echo der Schüsse hallte dennoch wie Donnerschläge von den steinernen Wänden, und der Rückstoß prellte die Büchse Sharpe aus den Händen, während der Rauch in den Durchgang unter ihm wallte. Auch Geschrei hörte er aus der Passage, einen rauen Schmerzenslaut und das Geräusch von Schritten, als die Männer vor dem jähen Schrecken, der sie aus der Höhe überfallen hatte, davonliefen. Eine Pistole wurde abgefeuert, und die Kugel schlug in eines der Deckenfenster ein, aber Sharpe war längst auf dem Weg ans hintere Ende des Lagerhauses. Er sprang über den nächsten Gang hinweg, landete auf einem Stapel Fässer, der gefährlich ins Wanken geriet, doch sein Schwung trug ihn weiter. Er scheuchte Katzen auf, vollführte einen weiteren Sprung, und dann hatte er das hintere Ende erreicht. »Was gefunden, Pat?«
    »Eine verdammt große Falltür, sonst nichts.«
    »Fang!« Sharpe warf Harper die Salvenbüchse zu, dann kletterte er nach unten, suchte an den Kanten der Kisten nach Halt und überwand die letzten sechs Fuß im Sprung. Er blickte nach links und rechts, entdeckte aber keine Spur von Ferragus oder seinen Männern. »Wo zum Teufel sind sie?«
    »Ein paar werden Sie wohl getroffen haben?«, fragte Harper in hoffnungsvollem Tonfall.
    »Zwei vielleicht. Wo ist diese Falltür?«
    »Hier.«
    »Jesus, das stinkt.«
    »Irgendwas Scheußliches muss da unten sein, Sir. Scharen von Fliegen.«
    Sharpe ging in die Hocke und dachte nach. Die Flucht aus dem Lagerhaus durch die Vordertür zu versuchen hätte bedeutet, sich in die Gänge zwischen den Lebensmittelstapeln zu wagen, und Ferragus hatte sicher Männer aufgestellt, die sämtliche Durchgänge bewachten. Vielleicht würde Sharpe durchkommen, aber zu welchem Preis? Es würde mindestens eine weitere Wunde geben, und er hatte eine Frau bei sich, die er

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