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Sharpes Flucht

Sharpes Flucht

Titel: Sharpes Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Giebeln des Dachs zu schlagen.
    Bullen hörte, wie sich die Franzosen etwas zuriefen, und weil er nichts Besseres zu tun hatte, feuerte er seine Pistole aus der offenen Tür. Und dann fegte ein weiterer Windstoß mehr Nebelschwaden beiseite, und fassungslos sah er, dass das gesamte Tal hinter der Brücke mit Franzosen gefüllt war. Die meisten bewegten sich von ihm weg, sie stießen in einer gewaltigen Plänklerlinie auf die Forts vor, und die Kanoniere beschossen sie aus der Höhe, dass ihre Granaten über dem Gras explodierten, den Nebel mit ihrem Rauch verdichteten und den Lärm verschlimmerten.
    Ein Rotrock fiel von einem Fenster zurück, aus seinem Schädel spritzte Blut. Ein weiterer Mann wurde in den Arm getroffen, ließ seine Muskete, die feuerte, fallen, und die Kugel traf einen der Schützen in den Knöchel. Der Lärm draußen schwoll nicht ab, das Donnern der Kugeln gegen die steinernen Mauern glich einem Trommelschlag des Teufels, und Bullen konnte die Angst auf den Gesichtern der Männer sehen.
    Die Tatsache, dass Slingsby inzwischen seinen Degen gezogen hatte und den Männern zuschrie, sie sollten schneller schießen, machte nichts besser. Slingsbys roter Rock war auf der Vorderseite mit Speichel besudelt, und er taumelte leicht. »Feuer!«, bellte er. »Feuer, schickt sie zur Hölle!« Er hatte eine offene Feldflasche in der linken Hand, und Bullen, der plötzlich wütend wurde, stieß den Captain beiseite, dass Slingsby stolperte und sich hinsetzte. Wieder wurde ein Mann in der Tür getroffen, dieser war durch einen Splitter, den eine Kugel aus einem Musketenschaft geschlagen hatte, am Arm verwundet. Einige Männer weigerten sich nun, zur Tür zu gehen, und auf ihren Gesichtern stand mehr als nur Angst – dort stand schieres Entsetzen. Der Lärm der Gewehre vervielfältigte sich in dem Raum, die Rufe der Franzosen schienen entsetzlich nahe, es ertönten nun unaufhörlich dröhnende Schüsse aus den großen Geschützen auf der Höhe, während im Bauernhaus Rauchschwaden wallten, frisches Blut rann und Panik einsetzte.
    Dann ertönte das Hornsignal. Es war ein merkwürdiges Signal, eines, das Bullen nie zuvor gehört hatte, und allmählich erstarb das Musketenfeuer, als das Horn noch einmal rief. Einer der Rotröcke, die das Fenster nach Westen hinaus bewachten, rief ihm zu, ein Franzose schwenke eine weiße Fahne am Ende eines Degens.
    »Feuer einstellen!«, schrie Bullen. »Feuer einstellen!« Vorsichtig trat er zur Tür und sah einen großen Mann in französischem Rock, weißen Hosen und Reitstiefeln vom Weg her auf ihn zukommen. Bullen beschloss, dass er nicht wollte, dass seine Männer die Verhandlung hörten, also trat er nach draußen und nahm seinen Tschako ab. Er war nicht sicher, warum er das tat, aber er hatte kein weißes Stück Stoff bei sich, und seinen Tschako abzunehmen schien das Beste, was er stattdessen tun konnte.
    Zwanzig Schritte vor dem Gehöft trafen die beiden Männer aufeinander. Der Franzose verbeugte sich, zog seinen Zweispitz vom Kopf, setzte ihn wieder auf, und dann nahm er das Taschentuch von seiner Degenspitze. »Ich bin Hauptmann Jules Derain«, verkündete er in makellosem Englisch, »und ich habe die Ehre, General Sarrut als Adjutant zu dienen.« Er steckte das Taschentuch in seine Brusttasche, dann stieß er den Degen heftig in die Scheide, dass es knallte. Es war ein seltsames Geräusch.
    »Lieutenant Jack Bullen«, sagte Bullen.
    Derain wartete. »Von welchem Regiment, Lieutenant?«, fragte er nach der Pause.
    »Das South Essex Regiment«, erwiderte Bullen.
    »Aha«, sagte Derain, eine Antwort, die schwach andeutete, dass er von dieser Einheit noch nie gehört hatte. »Mein General«, fuhr er fort, »möchte Ihnen zu Ihrer Tapferkeit gratulieren, Lieutenant, aber er möchte Ihnen auch zu verstehen geben, dass jegliche weitere Verteidigung einem Selbstmord gleichkäme. Möchten Sie diese Gelegenheit ergreifen und sich ergeben?«
    »Nein, Sir«, erwiderte Bullen instinktiv. Er war nicht dazu erzogen worden, so leicht aufzugeben.
    »Ich beglückwünsche Sie zu Ihrer tapferen Haltung, Lieutenant«, sagte Derain, dann zog er eine Uhr aus der Tasche und öffnete ihren Deckel. »In fünf Minuten haben wir eine Kanone auf der Brücke, Lieutenant.« Er wies den Pfad hinab, der vom Nebel verhangen und so voller Voltigeure war, dass Bullen keine Chance hatte, festzustellen, ob der Franzose die Wahrheit sagte. »Drei oder vier Schüsse werden Sie schon überzeugen«, fuhr

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